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Digitalisierung ist kaum ein Rezept gegen Hunger

Die Digitalisierung der Landwirtschaft ist nur sehr begrenzt ein Mittel, um den Hunger in der Welt wirksamer zu bekämpfen. Der Einzug neuer Technologien könnte vielmehr Kleinbauern weiter ins

Abseits drängen. Ihnen fehlen Kapital und Bildung, um die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen.

 

Von Dr. Bernhard Walter am

Es ist genug für alle da!

Die Digitalisierung ist zur Zeit in aller Munde. Schnell und auch wenig unreflektiert wird behauptet, dass sie die Wirtschaft stark verändern und sehr viele Vorteile bringen wird. Dies gilt auch für den Bereich der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Vor allem die großen Agrarkonzerne behaupten, dass durch die Nutzung von Daten über die Bodenbeschaffenheit, Nährstoff- und Wasserverfügbarkeit man noch zielgenauer düngen und Pflanzenschutzmittel einsparen könnte. Damit werde die Umwelt geschont und die Erträge gesteigert, weil jede Pflanze dann optimale Bedingungen hat. Dabei wird aber gerne übersehen, dass bisher nur kapitalkräftige Betriebe sich die Einführung dieser nicht ganz billigen Technik leisten können und dass viele Fragen wie zum Beispiel Dateneigentumsfragen und -sicherheit noch überhaupt nicht geklärt sind. Auch wird versprochen, dass die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag für mehr Ernährungssicherheit leisten könnte. Das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt und die Menschenrechtsorganisation FIAN warnen in ihrem aktuellen „Jahrbuch zum Recht auf Nahrung“ vor zu viel Euphorie. Durch eine ungeregelte Digitalisierung werden ja die vielen politischen Ursachen wie Konflikte, Kriege, Klimawandel, Landgrabbing, kein Zugang zu Wasser und Saatgut, schlechte Vermarktungsmöglichkeiten, die für die Zunahme des Hungers verantwortlich sind, nicht gelöst. Es besteht sogar die Gefahr, dass durch diesen Technologieschub sich die Auseinandersetzung um Ressourcen verschärfen könnten und eine dezentrale Nahrungsmittel-Versorgung gefährdet wird.

Jahrbuch Recht auf Nahrung

Die aktuelle Ausgabe des Jahrbuchs (siehe link) untersucht detailliert, welche Folgen es haben wird, wenn Finanzmärkte und Agrarkonzerne mit Hilfe der Digitalisierung die Kontrolle über Ressourcen wie Boden, Wasser und Saatgut übernehmen und die  Produktion von Nahrungsmitteln vom Menschenrecht auf Nahrung abgekoppelt wird. Auch das  nachhaltige Entwicklungsziel, den Hunger bis 2030 zu überwinden, gerät immer weiter aus dem Blick, wenn Hungerursachen wie Diskriminierung von kleinbäuerlichen Familien, Umweltzerstörung und Krieg nicht endlich wirksam angegangen werden. Und es besteht die Gefahr, dass die Digitalisierung die Umwandlung öffentlicher Güter wie etwa die Wasserversorgung in international handelbare Waren vorantreibt. Deshalb braucht es Regeln für die Anwendung von dieser Technik, damit die Spaltung zwischen armen Bauerngruppen und kapitalkräftigen Agrarunternehmen nicht weiter vertieft und die Konkurrenz um Land, Wasser und Saatgut weltweit noch verschärft wird. Denn wichtige Gründe für die hohen Hungerzahlen – die Diskriminierung von Frauen und ländlicher Bevölkerung, Landgrabbing und die erzwungene Öffnung der Agrarmärkte in Entwicklungsländern – lassen sich nicht technisch lösen, sondern bedürfen einer Agrar- und Wirtschaftspolitik, die gerade auch in den ärmeren Ländern die Bedürfnisse bäuerlicher Betriebe in den Mittelpunkt stellt.  

Brot für die Welt und FIAN geben seit zehn Jahren das „Jahrbuch zum Recht auf Nahrung“ heraus. Das Recht auf Nahrung ist im UN-Sozialpakt als Menschenrecht verankert. In den Nachhaltigen Entwicklungszielen haben die Vereinten Nationen vereinbart, bis 2030 das Recht auf Nahrung für alle Menschen zu verwirklichen. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Hungernden zum zweiten Mal in Folge wieder gestiegen, auf nun 821 Millionen Menschen.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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