Eine Handelszone für ganz Afrika?
Heute standen auf dem Gipfel der Afrikanischen Union in Kigali drei Papiere zu Unterzeichnung:
- das Abkommen über die Afrikanische Freihandelszone (Continental Free Trade Area, CFTA),
- das Protocol to the Treaty Establishing the African Economic Community Relating to Free Movement, Right of Resisdence and Right of Establishment und
- die Kigali Deklaration zum Start des CFTA-Abkommens.
Klingt eigentlich gut!
Ein Abkommen aller afrikanischen Staaten; ein Abkommen, auf das viele lange gewartet haben. Und doch gibt es lauter werdende Stimmen, die nicht das Abkommen grundsätzlich hinterfragen. Aber sie sind doch dafür, dass es noch nicht jetzt unterzeichnet wird. Warum? Eigentlich klingt es doch gut, ein innerafrikanisches Handelsabkommen, welches die regionale und kontinentale Integration voranbringt und die industrielle, verarbeitenden Sektoren der afrikanischen Wirtschaft weiterentwickeln soll; ein Abkommen bei dem sogar die Westsahara und Marokko gemeinsam am Verhandlungstisch sitzen?
Zu den Ländern, die nicht unterzeichnet haben, gehören Nigeria und Südafrika. Unser Partner Kenneth Ukaoha von der Kleinunternehmervereinigung NANTS aus Nigeria sagt: „Natürlich ist die grundsätzliche Natur des Abkommens gut und etwas, was wir uns wünschen. Trotzdem haben wir unseren Präsidenten gebeten, das Abkommen noch nicht zu unterzeichnen, weil es keine Studie gibt, die uns die Auswirkungen für Nigeria aufzeigt. Wir wollen genau wissen, wie sich die Implementierung der CFTAs auf unsere Wirtschaft auswirkt.“
Die Auswirkungen sind vielen unklar
Unser Partner Africa Kiiza von SEATINI (Southern and Eastern Africa Trade Information and Negotiations Institute) kritisiert den Zeitpunkt und die Schritte: „Zuerst sollten wir funktionierende RECs haben, damit Handel in kleinen Regionen erprobt und gut aufgestellt ist. Erst in einem zweiten Schritt sollten wir an eine Zollunion ganz Afrikas denken. Wenn das funktioniert, dann sind wir wirklich weiter, weil dann auch die Diskussion um die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreements, EPAs) nicht mehr notwendig ist.“
Die negativen Erfahrungen unserer Partnerorganisationen mit den Verhandlungen der EPAs sind ein wichtiger Faktor für die Skepsis gegenüber einer afrikanischen Freihandelszone.
Problematisch ist laut Tetteh Hormeku vom African Trade Network aus Ghana auch die Tatsache, dass die Diskussionen nur ernsthaft zwölf Monate dauerten, obwohl die Unterzeichnung bereits für 2017 vorgesehen war und dass wichtige Entscheidungsträger wie WirtschaftsvertreterInnen und die Zivilgesellschaft von den Verhandlungen komplett ausgeschlossen wurden.
Insgesamt haben 44 Länder das Abkommen unterzeichnet, 43 die Erklärung und 27 das Zusatzprotokoll. Africa Kiiza sagt: „Das Ergebnis zeigt die Unkenntnis vieler Länder; ein AFCFTA ohne das Zusatzprotokoll kann nicht funktionieren.“
Die Länder, die unterzeichnet haben, haben jetzt 160 Tage Zeit, das Abkommen zu ratifizieren und die 11 Länder, die sich noch zu keiner Unterschrift entschließen konnten oder nicht teilgenehmen konnten, haben auch 160 Tage Zeit, es sich doch noch anders zu überlegen.
Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft fehlt
Das Abkommen ist gut und wichtig für den Kontinent, aber es kommt zu früh; da sind sich alle unsere Partner einig. Unsere Partner wünschen sich, dass ihre Regierungen die Diskussionen der letzten Jahre berücksichtigen würden. Für Africa Kiiza gibt es eine grundlegende Lektion seiner Arbeit zur StopEPA – Kampagne der letzten Jahre: „Wenn wir uns mit Handelsfragen beschäftigen, müssen wir dies behutsam tun; Eile bewirkt in der Regel das Gegenteil dessen, was wir eigentlich erreichen wollen. Wir müssen uns strategisch aufstellen.“
Der Artikel wurde von Imke Friederike Tiemann-Middleton und Reinhard Palm verfasst. Imke Tiemann berichtet live von einem Treffen mit afrikanischen Nichtregierungsorganisationen und Partnerorganisationen von Brot für die Welt aus Ghana. Sie diskutieren dort die Position der afrikanischen Zivilgesellschaft zu den kommenden Neuverhandlungen der afrikanisch-eueropäischen Beziehungen im Rahmen der sogenannten "Post-Cotonou-Verhandlungen."