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EU-Verteidigungsfonds und zivile Friedensförderung

Das Europäische Parlament beschloss einen "Europäischen Verteidigungsfonds" im Umfang von 13 Mrd. Euro im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-27. Weitere 6,5 Mrd. möchte die Kommission für "militärische Mobilität" veranschlagen. Der zivilen Friedensförderung hingegen drohen drastische Kürzungen.

Von Dr. Martina Fischer am

Das EU Parlament (EP) hat am 12. Dezember seine Position zur Verordnung für einen "Europäischen Verteidigungsfonds" bestimmt. 13 Milliarden Euro sollen laut Kommission und EP dafür im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen für 2021 bis 2027 eingeplant werden. Die EU-Kommission schlägt vor, im gleichen Zeitraum weitere 6,5 Mrd Euro für „Militärische Mobilität“ zu veranschlagen, ein Projekt, das die NATO entlastet. Das bedeutet, dass insgesamt 19,5 Milliarden Euro aus dem EU-Gemeinschaftshaushalt für militärische Zwecke ausgegeben werden - zusätzlich zu den nationalen Verteidigungsbudgets. Gleichzeitig sollen nach einem parallelen Gesetzentwurf ("NDICI") Aufgaben im Bereich der zivilen Krisenprävention und Friedensförderung um etwa 2/3 zum laufenden Finanzrahmen gekürzt werden. Brot für die Welt kritisiert diese Pläne und fordert stattdessen eine substanzielle Erhöhung der Ausgaben für zivile Ansätze, das heißt mindestens eine Verdoppelung gegenüber dem aktuellen Mehrjährigen Finanzrahmen 2014-20.

Ein Projekt zur Subvention der Rüstungsindustrie

Bei dem vom EP unterstützten Verteidigungsfonds handelt es sich um ein umfangreiches Programm zur Subventionierung der europäischen Rüstungsindustrie. Deren Wettbewerbsfähigkeit soll erhöht werden, so heißt es im Verordnungstext. Es ist zu befürchten, dass das Projekt auch zur erhöhten Exportfreudigkeit der Branche beitragen wird, da durch eine derart üppige öffentliche Förderung zusätzliche industrielle Kapazitäten aufgebaut werden. Davor haben NGOs, die sich auf europäischer Ebene gegen den Waffenhandel engagieren, wie das "European Network against Arms Trade", ENAAT mit Recht gewarnt. Zudem ist umstritten, ob die Einrichtung eines Verteidigungsfonds überhaupt mit geltendem EU-Recht vereinbar ist. Die Fraktion der Linken im EP hat dazu ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das die Rechtmäßigkeit eines solchen Vorhabens bezweifelt. Vor allem aber offenbaren die aktuellen Haushaltsplanungen eine massive Diskrepanz: während die Mittel für militärische Zwecke völlig überhöht angesetzt werden, sollen die Töpfe für zivile Aufgaben der Krisenprävention und Friedensförderung drastisch schrumpfen.

Brot für die Welt fordert Ausbau der zivilen Krisenprävention und Friedensförderung

Im Juni 2018 empfahl die Kommission, mehrere zuvor eigenständige Finanzierungsinstrumente wie den „European Development Fund“, das „Instrument für Stabilität und Frieden“, das „Instrument für Demokratie und Menschenrechte“ und das „Instrument für Nachbarschaftshilfe“ in einem neuen  Außeninstrument zu verschmelzen: dem "Neighbourhood, Development and International Cooperation Instrument" (NDICI), das dem EP ebenfalls zur Beratung vorliegt. Diese Zusammenlegung sieht Brot für Welt äußerst problematisch, weil sie NGOs aus dem globalen Süden den Zugang zur EU-Finanzierung erschweren und Intransparenz Tür und Tor öffnen wird. Zugleich möchte die Kommission das Budget des NDICI nämlich möglichst flexibel verwenden und stärker auf Migrationskontrolle, Grenzschutz und auch militärische oder polizeiliche Unterstützung ausrichten. Zudem hat das EU Parlament laut Kommissionsvorschlag bei den endgültigen Ausgabenfestlegungen keinerlei Mitbestimmungsrechte. Nach dem Vorschlag der Kommission sollen die bis heute im „Instrument für Stabilität und Frieden“ (IcSP) beschriebenen Aufgaben für zivile Krisenprävention und Friedensförderung im neuen Finanzrahmen nur noch mit 1 Mrd Euro (im sogenannten "thematischen Programm“ des „NDICI") unterstützt werden (inflationsbereinigt ergibt das nicht mehr als 880 Millionen Euro, gegenüber 2,3 Milliarden Euro, die für den Zeitraum 2014-20 bereitstehen). Ein Teil der Aufgaben entfällt demnach, bzw. fällt der "Flexibilisierung" zum Opfer: Dazu gehören unter anderem Initiativen für die Wiedereingliederung ehemaliger Kämpfer/innen und Kindersoldaten, für die Räumung von Landminen, die Unterstützung von Frauengruppen in der Friedensförderung sowie die Förderung von Zivilgesellschaft in der Friedens- und Versöhnungsarbeit. Der jetzige Kommissionsvorschlag enthält keine Aussagen dazu, ob und mit welchen Mittelansätzen diese im thematischen Programm entfallenen Aufgaben in Zukunft noch finanziert werden könnten.

Teilerfolg: Keine EU-Finanzierung von autonomen Waffen und Massenvernichtungsmitteln

375 Abgeordete des EP stimmten für und 141 votierten gegen die Einrichtung des Verteidigungsfonds, darunter die Fraktionen der Grünen Parteien im EP (Greens/EFA) und der Linken (GUE/NGL). Dank zahlreicher Änderungsanträge der Fraktion der Grünen konnten einige Einschränkungen im Hinblick auf die militärischen Ausgaben erreicht werden. Der Parlamentsbeschluss zum Verteidigungsfonds besagt, dass keine autonomen Waffen, bzw. Killerroboter und Massenvernichtungswaffen (wie z.B. nukleare Mittelstreckenraketen) aus dem EU-Verteidigungsfonds finanziert werden dürfen. Mit ihrem Vorschlag, den Verteidigungsfonds einer umfassenden Ethiküberprüfung zu unterziehen, konnten sich die Grünen allerdings nicht durchsetzen.  Ähnlich wie Brot für die Welt kritisierte der Friedensbeauftragte der EKD, Renke Brahms den EP-Beschluss vom 12. Dezember. Die aktuellen Haushaltsplanungen, tragen nach seiner Einschätzung dazu bei, dass sich "die EU immer mehr zu einer Militärmacht entwickelt und die zivilen Mittel eher geschwächt und zunehmend vernachlässigt werden." Das ökumenische Netzwerk "Church and Peace" kritisierte das Vorhaben ebenfalls massiv.

Zeitschiene

Mit dem Beschluss des EP vom 12. Dezember wurden die Weichen dafür gestellt, dass die Verordnung zum EU-Verteidigungsfonds in die inter-institutionellen Verhandlungen, den sogenannten "Trilog" zwischen dem EP, dem Rat und der Kommission eintreten kann. Für das EP verhandelt der "Ausschuss für Industrie, Technologie und Energie" (ITRE). Große Veränderungen sind dabei nicht zu erwarten.

Zu dem geplanten neuen Auswärtigen Instrument ("Neighbourhood, Development and International Cooperation Instrument", NDICI) wird das EP frühestens im Januar 2019 ein Votum abgeben. Am 6. Dezember haben der Auswärtige Ausschuss und der Entwicklungsausschuss dazu in einer gemeinsamen Sitzung debattiert. Beide hatten zum Kommissionsenturf einen gemeinsamen Bericht vorgelegt, der recht kritisch ausfiel. Besonders die Eingliederung des "Nachbarschaftsinstruments" in das NDICI bereitet vielen MEPs Kopfzerbrechen. Andere bemühen sich um den Fortbestand der Instrumente für "Menschenrechte und Demokratie" sowie für "Stabilität und Frieden", die für die Förderung von zivilgesellschaftlichen Initiativen von großer Bedeutung sind. Die Frist für Änderungsanträge lief bis zum12. Dezember. Es wird mit einer Fülle von Anträgen gerechnet, mit denen sich die Abgeordneten nach der Weihnachtspause beschäftigen müssen.

 

 

 

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