Die weltweite Wirtschaftsleistung könnte in nur einem Jahrzehnt um 12 Billionen US-Dollar zunehmen, wenn die soziale und wirtschaftliche Diskriminierung von Frauen beseitigt würde, so die G7. Sie nennt drei Voraussetzungen: verbesserte Teilhabe und Leitungsverantwortung von Frauen auf allen Ebenen, besserer Zugang zu menschenwürdiger Arbeit und Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen – also Prävention und Strafverfolgung. Bei den ersten beiden Aspekten gab es in den vergangenen Jahrzehnten minimale Erfolge.
Gewalt gegen Frauen nimmt zu
Was die Gewalt gegen Frauen betrifft, so hat sich die Lage seit Anfang der Neunziger jedoch noch verschlechtert: Gingen die Vereinten Nationen1991 noch davon aus, dass jede fünfte Frau irgendwann in ihrem Leben Opfer physischer oder sexueller Gewalt wird, so ist es heute nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation jede dritte. Vergewaltigung als Kriegswaffe wird seit den 1990er Jahren systematisch eingesetzt, etwa in Bosnien, Ruanda und Nigeria. Ehrenmorde und Gruppenvergewaltigungen sind nicht nur in Indien und Brasilien alltäglich, sondern auch in Europa. Gewalt gegen Frauen nimmt zu, nicht ab – in Beziehungen, in kriegerischen Konflikten und in Migrationskontexten! Sie zerstört das Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein von Frauen, ihre Gesundheit, Bildungs- und Arbeitsfähigkeit, ihre und politische gesellschaftliche Teilhabe und damit die Entwicklungschancen vieler Gesellschaften.
Rechtspopulisten verherrlichen offen Männergewalt
Die #metoo-Debatte hat zwar gerade in westlichen Ländern einige Ikonen der Kulturwelt vom Podest gestoßen. Gleichzeitig wird von rechts massiv das Ende des „Genderwahns“‘ beschworen und als gesellschaftspolitisches Kampfziel verfolgt. Gewalt gegen Frauen wird– allen voran vom US-Präsidenten - wieder salonfähig gemacht. Im rechtspopulistischen Diskurs, in Social-Media-Blasen und auf Parteitagen von rechten und neo-rechtsextremen Parteien und Medien wird Männermacht und Männergewalt wieder offen verherrlicht. Das passiert in Ost- und Mitteleuropa genauso wie in Zentral- und Südamerika oder Indien. In paradoxer ideologischer Parallelität preisen islamistische Fundamentalisten die frauenfeindlichen Gesetze der Scharia.
Frauendiskriminierende Geschlechterbeziehungen aufzubrechen und die ihnen zugrundeliegenden Machtstrukturen und gesellschaftlichen Normen infrage zu stellen, ist in den vergangenen Jahrzehnten trotz aller Beschwörungen von G7, G8 oder G20 nicht nachhaltig gelungen. Es ist lediglich bei Lippenbekenntnissen geblieben. Oder anders gesagt: Diejenigen, die das Machtungleichgewicht der gleichberechtigung/" class="external-link-new-window">Geschlechter bestreiten oder es sogar befürworten, waren erfolgreich. So erfolgreich, dass es nun vermehrt zu Gewalt gegen Frauen und besonders gegen Frauenrechtlerinnen und Frauenrechtsorganisationen weltweit kommt. Diese Erfahrung machen aktuell Menschenrechtsorganisationen und die Zivilgesellschaft generell.
Im Interesse der G7 und der Wirtschaft kann das alles kaum sein, mindert es doch den Bildungsstand, die Leistungsfähigkeit und Gesundheit eines sehr großen Teils der arbeitsfähigen Weltbevölkerung. Ferner senkt es die Chancen, gesellschaftliche und politische Strukturen aufzubrechen, die sich hinreichend als Entwicklungs- wie auch als Investitionshemmnis erwiesen haben.
Verletzung von Frauenrechten den Kampf ansagen
Wenn die G7 ihre frauenpolitische Agenda ernst nimmt, muss sie darüber nachdenken, was sie der zunehmenden Entwertung und Entwürdigung von Frauen im Diskurs und in der Praxis entgegenhalten kann: durch verbesserte Zugänge zu guter Arbeit und zu Leitungspositionen und durch vollere gesellschaftlichere Teilhabe in ihrer nationalen und Außenwirtschafts-, wie Entwicklungspolitik. Sie muss der Verletzung der Rechte von Frauen und der Gewalt gegen Frauen deutlicher als je zuvor den Kampf ansagen. Der Kampf beginnt als Auseinandersetzung mit Trumps und Putins Umgang mit den Frauenrechten.