Auch in Deutschland werden hierzu verschiedene Veranstaltungen ausgerichtet und Beiträge verfasst. Was sagen unsere Partner aus Südafrika zu diesem besonderen Tag:
„Bildung ist die mächtigste Waffe um die Welt zu ändern!“
Ithemba Labantu, mit denen Brot für die Welt ein Ausbildungszentrum für Solartechnik und KfZ-Mechanik finanziert, erzählt uns: „Wenn man die Kantine von iThemba Labantu betritt, wird man von einem großen Porträt von dem Vater der Nation, Tata Nelson Mandela begrüßt.
Wir sind stolz auf dieses überlebensgroße Gemälde, denn es bildet nicht nur unseren Nationalhelden ab, sondern hat auch eine besondere Geschichte, wie es zu uns kam: Vor fünf Jahren kamen zwei junge Frauen aus unserem Viertel in unser Zentrum und übergaben uns das Bild, um uns auf diesem Wege ihre Anerkennung und ihren Dank dafür auszudrücken, dass wir die Kinder des Townships ausbildeten. Was für eine wunderbare Geste! Sie hatten das Bild ganz alleine gemalt und wir konnten nicht glauben, dass es nun uns gehören sollte.
Jeden Tag werden wir an die Person erinnert, die 27 Jahre im Gefängnis verbrachte und ihr ganzes Leben für die Befreiung von Apartheid, Ungerechtigkeit und Unterdrückung gekämpft hatte. Nelson Mandela ist nicht nur unser Held, sondern er hat auch das Motto von iThemba Labantu geprägt: Bildung ist die mächtigste Waffe, um die Welt zu verändern. Wir würden ergänzen: Um sich selbst zu ändern, seine Umgebung und sein eigenes Leben!“
"Armut ist nicht natürlich – sie ist menschengemacht! "
AmandlaMobi, eine recht junge Organisation, die über digitale Medien auch denjenigen eine Stimme verleiht, die sonst nicht gehört werden, fragt sich, wie Mandela selbst erinnert werden möchte:
„Was würde Madiba [Nelson Mandela] über die Feier seines Hundertsten denken? Madiba war ein Symbol des Anti-Apartheid-Kampfes, und zum Teil haben diejenigen, welche nicht unter dem unterdrückerischen und brutalen Apartheid-Regime leben mussten, durch seine Geschichte unsere Geschichte [die Geschichte Südafrikas] verstanden.
Aber ist dies [die Feierlichkeiten] etwas, das Madiba gewollt hätte? Madiba war ein bescheidener Mann, der nicht nach Macht strebte. Er hat sein Leben dem Streben nach Gerechtigkeit gewidmet und betonte oft, dass er weit entfernt davon sei, perfekt zu sein. Madiba wusste, dass er nicht derjenige geworden wäre, der er war, ohne seine Gemeinschaft, welche ihn groß zog und zu ihm stand. Er beschrieb seine Mutter als das Zentrum seines Lebens. Unsere Gesellschaft und Geschichtsbücher erwähnen nicht den immensen Anteil und die Opfer, welche [seine Frau] Winnie Madikizela-Mandela erbrachte. Die Geschichten über die Art und Weise, wie schwarze Frauen die Hauptlast der Apartheit ertrugen, einer Art, die derjenigen der Männer recht verschieden war, sollte die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Die Wahrheit ist, dass es Millionen Nelson Mandelas und Winnie Madikizelas in Südafrika gibt. AktivistInnen erheben sich täglich gegen Systeme von Gewalt und Ungleichheit. Madibas Vermächtnis ist ein Teil des Kampfes der Menschheit gegen Ungerechtigkeit. In einer seiner letzten Reden bevor er sich aus dem öffentlichen Leben zurückzog, kurz vor dem G8 Gipfel 2005, verrät uns Madiba, wie er wollte, dass an sein Vermächtnis erinnert würde: 'Armut zu überwinden ist kein Wohltätigkeitsakt, es ist ein Akt der Gerechtigkeit. Wie Sklaverei und Apartheid ist Armut nicht natürlich. Sie ist menschengemacht und kann so auch durch menschliches Handeln überwunden und abgeschafft werden.'“ (Paul Mason, Koordinator bei amandla.mobi)
So bleibt Nelson Mandela auch für die junge Generation eine Inspiration:
„Ich finde es gut, wie Mandela den Begriff der Vergebung in unsere Gesellschaft eingeführt hat. […] Die Jugend muss lernen zu vergeben und vorwärts zu schauen.“ (Selinah Mabena, Aktivistin bei Khanya College)
„Nelson Mandela ist einer der wenigen Menschen, die ich zutiefst bewundere. Immer wenn ein Mensch sich erhebt und für seine Ideale einsteht oder anderen Menschen hilft oder gegen bestehenden Unrecht kämpft, geht von ihm eine kleine Welle von Hoffnung aus. Treffen sich mehrere solcher Wellen, geht von ihnen eine Energie aus, welche die mächtigsten Mauern der Unterdrückung wegschwemmen kann.“ (Sibusio Majola, Auszubildender bei Ithemba Labantu)
Trotzdem Mandela als Legende und Vater der Nation gefeiert wird, werden die politischen Entscheidungen seiner Zeit heute in Frage gestellt und die wirtschaftlichen Kompromisse im Übergang zur Demokratie kritisiert.
"Südafrika ist heute das Land mit der weltweit höchsten Ungleichheit."
Khanya College, eine Organisation, die sich für die Stärkung von Basisorganisationen und Bürgerinitiativen für soziale Gerechtigkeit einsetzt, gibt uns hierzu einen Einblick: „Es war für den ANC nicht möglich den Übergang zur Demokratie ohne Kompromisse zu verhandeln. Allerdings ist Mandela vom neoliberalen Projekt überzeugt worden. Hätte er auf einem sozialdemokratischen Modell bestanden, hätten die weiße Elite und Wirtschaft nachgegeben. Mandelas GEAR (Wachstum, Beschäftigung und Umverteilung) Strategie von 1996 war neoliberal und führte zwar zu einer makro-ökonomischen Stabilität, aber eben nicht zu Beschäftigung, Wachstum und Verteilung der Ressourcen. Die Politik wurde seitdem so weitergeführt und Südafrika ist heute das Land mit der weltweit größten Ungleichheit. Über die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut. Mandela lies sich von den wirtschaftlichen Entscheidungsträgern zu leicht beeinflussen. Im Gegenteil zu Nelson Mandela, blieb Winnie Mandela über all die Jahre und unter enormen Druck mit den Armen solidarisch.
Mandela bleibt aber für die meisten SüdafrikanerInnen die Figur der Unabhängigkeit und Hoffnung. Sein Sieg ist ein Sieg der schwarzen SüdafrikanerInnen. Politische Fehler werden deshalb den nachfolgenden politischen Führungen zugeschrieben.“ (Oupa Lehulere, Direktor von Khanya College)
"Wir müssen Madibas Beispiel in Widerstand und Hoffnung folgen! "
Eine Symbolfigur ist Nelson Mandela trotz weiterhin bestehender Kluft zwischen Arm und Reich auch für die Lutheran Community Outreach Foundation, LCOF, deren Jugendarbeit Brot für die Welt fördert:
“Wie immer man aber auch die Person Nelson Mandela sehen möchte, in einer von Gewalt aufgewühlten Situation war er wahrscheinlich der Einzige, der das Land befriedigen konnte. Seine Gesten der Versöhnung zwischen allen Menschen im Lande haben bis heute nachhaltige Folgen. Und auch wenn Mandela letztendlich doch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut und kein lebender Messias war, so hat ihn Südafrika doch gebraucht. Seine Stimme der Einsicht und Versöhnung hat erst einen friedlichen Übergang von Apartheid zu Demokratie ermöglicht. Ihn für all die Dinge, die unter seinen Nachfolgern verkehrt gingen zu beschuldigen, sind reinster politischer Opportunismus.“ (Robert Michel, Direktor von LCOF)
„Wir müssen Madibas Beispiel in Widerstand und Hoffnung folgen.“ so schließt Barack Obama in seiner Rede am 17. Juli in Johannesburg anlässlich der Gedenkfeier zum 100. Geburtstag Nelson Mandelas.