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Appell der Kirchen zur EU Flüchtlingspolitik

Evangelische Kirchen Europas fordern: Seenotretter*innen dürfen nicht kriminalisiert werden. Flüchtlinge brauchen fairen Zugang zu Asylsystemen. EU muss die Kooperation mit Libyen in der Grenzsicherung einstellen, schutzsuchende Migrant*innen aus Libyen evakuieren und legale Einreisewege schaffen.

Von Dr. Katherine Braun am

Grafik: Brot für die Welt

Im Moment dominiert die Wahl der neuen EU Kommissionspräsidentin die Schlagzeilen zu Europa. Dabei werden diese Woche noch andere wichtige Entscheidungen zur Zukunft und Prioritäten der EU Migrations- und Flüchtlingspolitik getroffen. Vom 18. bis 19. Juli treffen sich die Innen –und Justizminister*innen der Europäischen Mitgliedstaaten in Helsinki. Folgende Themen stehen im Zentrum: die Erhöhung der Rückführungsquote, die Intensivierung der Kooperation mit Drittstaaten und das europäische Asylsystem.

Die menschliche Dimension dieser Themen zeigt sich v.a. in den Todeszahlen der letzten Wochen. Bei einem Angriff auf das Gefangenenlager Tadschura für Migrant*innen in Libyen starben am 3. Juli mindestens 44 Menschen. Etwa zur selben Zeit sind 86 Migrant*innen auf dem Weg nach Europa vor der Küste Tunesiens ertrunken. Allein im Mai 2019 verloren 65 Migranten ihr Leben. Der UNHCR meldete für das laufende Jahr 2019 bereits 597 tote Migrant*innen, die im Mittelmeer starben. Die Zahl der nicht dokumentierten Opfer ist allerdings weitaus höher. Die Seenotrettung wird weiterhin kriminalisiert, Crews erwarten enorme Geldstrafen in den „sicheren Häfen“. Die Besatzung der SeaWatch 3 und die teilweise schwer traumatisierten Schiffsbrüchigen warten über Wochen vergeblich auf die Aufnahmebereitschaft europäischer Mitgliedstaaten. Auch wenn die Kapitänin Carola Rackete inzwischen freigelassen wurde, gegen sie und andere Seenotretter*innen laufen Strafverfahren.

Brief der evangelischen Entwicklungs- und humanitären Hilfswerke an die europäischen Justiz- und Innenminister*innen: die Forderungen

Wegen der Dringlichkeit und Bedeutung dieser Themen appellieren die evangelischen Entwicklungs- und humanitären Hilfswerke in Europa (ACT Alliance EU) zusammen mit der Konferenz der Europäischen Kirchen (KEK) und der Kirchlichen Kommission für Migranten in Europe (CCME) in einem Brief an die Innen- und Justizminister*innen und die EU-Kommission:

Dass Menschen auf dem Weg nach Europa sterben, sei ein humanitäres Armutszeugnis für die europäische Wertegemeinschaft, wie sie in Art. 2 des EU-Vertrags aufgeführt ist. Konkret fordern sie die Wiederaufnahme einer europaweiten staatlich organisierten Seenotrettung wie sie z.B. die Operation „Mare Nostrum“ ausgeführt hat. Auch staatliche Grenz- und Küstenwachen müssen ihrer Pflicht der Seenotrettung nachkommen und die Verhinderung der Rettung seitens ziviler und privater Seenotrettungsorganisationen unterlassen. EU-Staaten dürfen die Seenotretter*innen nicht weiter kriminalisieren. Die Behauptung, der Einsatz von Seenotrettungsschiffen würde erst Fluchtbewegungen im Mittelmeer befördern oder gar auslösen („Pull-Effekte)“ ist nicht belegt.

Faire Asylsysteme, freiwillige Relocationprogramme, keine Rückführungen in Länder, in denen Menschenrechte nicht gewährt sind

ACT Alliance EU, KEK und CCME verweisen darauf, dass darüber hinaus alle Maßnahmen im Einklang mit den internationalen Flüchtlings- und Menschenrechten stehen müssen. Menschen, die internationalen Schutz benötigen, soll der Zugang zu fairen Asylsystemen in Ländern gewährt werden, die ihre Würde und ihre Menschenrechte achten, ohne willkürliche Inhaftierung und bevor eine Rückkehr stattfinden kann.

Die evangelischen Kirchen und Hilfswerke Europas fordern weiter, einen EU-Notfallplan für Bootsflüchtlinge und ein neues EU-weites, freiwilliges Relocation-Programm. Mitgliedstaaten wie Deutschland und die Niederlande, die geregelte Verfahren und Infrastrukturen der Asyl- und Einwanderungspolitik haben, sollten hier besondere Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen übernehmen. Der Wunsch der Geflüchteten und familiäre Beziehungen müssen berücksichtigt werden, auch um eine erfolgreiche Intergration zu ermöglichen.

Beendigung der Kooperation mit der libyschen Küstenwache und Evakuierungsplan für Migrant*innen

Außerdem fordern die Organisationen die sofortige Beendigung der Zusammenarbeit der europäischen Mitgliedstaaten mit der libyschen Küstenwache. Diese wird bis jetzt fortgeführt. Flüchtlinge dürfen in keinen Fall an die libysche Küstenwache übergeben werden. Sie drängen auf die Einhaltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Genfer Flüchtlingskonvention, die besagen, dass keine Abkommen mit Staaten eingegangen werden dürfen, in denen die Einhaltung der Menschenrechte nicht gewährleistet sind. Das Non-Refoulement-Verbot sei als zwingendes Völkerrecht zu achten.

Die Kirchen und Organisationen fordern zudem einen Evakuierungsplan für die Migrant*innen, die derzeit in den libyschen Gefängnissen verharren müssen und dort Folter und Tod ausgesetzt sind. Eine weitere Forderung ist die nach legalen Migrationswegen: Ohne sichere und legale Einwanderungswege nach Europa und ohne eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik werden sich Menschen weiterhin auf todbringende Flucht- und Migrationsrouten begeben und ihr Leben bei der Überfahrt nach Europa riskieren. Die Schaffung legaler und gefahrenfreier Wege durch Erteilung humanitärer Visa für Migrant*innen, die sich in Transitstaaten aufhalten, sowie durch eine Erweiterung von Aufnahmeprogrammen sei notwendig.

Werte schützen: Unantastbarkeit, Würde und das Recht auf Leben aller Menschen

Auch deutsche Politiker*innen haben in den letzten Tagen und Wochen auf eine Lösung dieser dringenden Probleme gedrängt. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hatte für ein rasches Handeln im Mittelmeer und Libyen plädiert, Bundesaußenminister Heiko Maas hatte die Bereitschaft Deutschlands bei der Aufnahme der auf See geretteten bekundet.Die Zukunft der Europäischen Migrationspolitik fand auch in der gestrigen Bewerbungsrede Von der Leyen verspricht einen Pakt für Migration und Asyl, will Schleusern die Geschäftsgrundlage entziehen, einen „humanitären Korridor“ für Flüchtlinge schaffen und betont Seenotrettung als europäische Pflicht. Eine Rückbesinnung auf die europäischen Grundwerte und unsere humanitären Verpflichtungen ist dringend notwendig. Die die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören gehören zum Europäischen Grundverständnis, zumindest auf dem Papier. Jetzt ist die Zeit, diesen Ansprüchen gerecht zu werden.

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