Nun geht mein zweiter Monat in Siem Reap zu Ende, doch so ganz angekommen fühle ich mich in in dieser Stadt immer noch nicht. Das mag daran liegen, dass es in dieser Stadt von Touristen nur so wimmelt und ich mit meinem Aussehen direkt in dieselbe Kategorie gesteckt werde. Wenn ich ein Café oder eine Bar in der „Innenstadt“ betrete, wird meistens angenommen, dass ich auch nur eine der Millionen Angkor-Touristen nur für wenige Tage in der Stadt bin und wenn ich erzähle, dass ich für ein Jahr in Kambodscha bin reagieren die meisten Leute wirklich erstaunt. Wenn ich auf dem Rückweg von der Schule in der Nähe des Tempels einen Kaffee kaufe (und immerhin auf Khmer bestelle), werde ich gefragt, ob ich gerade von Angkor Wat komme. Auf der anderen Seite, wenn ich mit andern Khmers unterwegs bin, wie ich es meistens bin- entweder mit den anderen Kollegen aus der Schule oder meiner Gastfamilie, gerate ich schnell in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und werde erstmal angestarrt und ausgefragt. Dabei gebe ich dann meine wenigen Brocken Khmer zum Besten aber wenn ich dann nicht mehr weiter weiß ist das Gespräch auch relativ schnell vorbei und die Frauen begnügen sich damit, meine (nicht immer unbedingt hellere) Haut zu bewundern und die Männer damit, mir immer wieder Bier anzubieten.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich das Gefühl habe in zwei unterschiedlichen Welten zu leben. Auf der einen Seite gibt es meinen Alltag an der Schule meiner Organisation (CBE Christine) und in meiner Gastfamilie: Dies ist etwas außerhalb von der Stadt und meistens habe ich das Gefühl, dass ich irgendwo auf dem Land in Kambodscha sein könnte - wären da nicht die riesigen Reisebusse die tagein tagaus an der Schule vorbeifahren und die templeguards, die mich auf meinem Fahrrad auf dem Weg zur schule anhalten um mein Angkor Ticket zu sehen. In dieser Welt bin ich als Westlerin, sogenannte „barang“ auf jeden Fall etwas besonders und falle schnell auf. Hier ist alles ziemlich traditionell und einfach: gekocht wird über offenem Feuer, überall laufen streunende Hunde, Katzen, Hühner und kleine Kinder herum, Toilettenspülungen gibt es nicht und irgendwo wird immer Plastik verbrannt, die wenigsten Leute haben studiert und viele haben wirklich nur das Notwendigste zum Leben.
Auf der anderen Seite gibt es nur eine kurze Fahrt mit dem Moto entfernt zahlreiche Luxushotels, schicke Restaurants und die Pub Street. Hier laufen auf der Straße zahlreiche Touristen aus allen Ecken der Welt herum, ein Souvenir laden reiht sich an den nächsten und dazwischen gibt es eine riesige Anzahl von entweder „westlichen“ Restaurants oder Restaurants, die „authentic Khmer cuisine“ anbieten. Hier kann man ohne Probleme 5 Dollar für einen Kaffee bezahlen, während er bei mir um die Ecke gerade Mal 50 Cent kostet.
Die Gegensätze fallen einem immer wieder auf und doch spielt sich meine Alltag mühelos irgendwo dazwischen ab und beide Seiten werden mir immer vertrauter-und vielleicht fühle ich mich auch am Ende meiner Zeit in Kambodscha dann in beiden Welten Zuhause.
Text Imina Hecht