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„Es gibt genug fruchtbares Land."

In Äthiopien unterstützt Brot für die Welt die Menschen beim Anbau von Mais und Gemüse. Gute Ernten helfen nicht nur den Einheimischen, sondern auch den Flüchtlingen, die aus dem angrenzenden Bürgerkriegsland Südsudan in Äthiopien Schutz suchen. Ein Interview mit dem Büroleiter vor Ort.

Von Online-Redaktion am

Bultum Oljira ist Program Officer für die Region Gambela in der Ethiopian Evangelical Church Mekane Yesus.

In der Region Gambela im Westen Äthiopiens leben fast 300.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Südsudan. Die UN und zahlreiche andere humanitären Organisationen sind dort aktiv.  Wie unterscheidet sich die Arbeit der EECMY ?

Die Aktivitäten der anderen  Organisationen konzentrieren sich auf die Flüchtlingscamps, wo sie eine sehr wichtige Arbeit leisten. In den Dörfern der Region leben aber auch Flüchtlinge, Rückkehrer und im Land Vertriebene, die ihr Land an Investoren oder neu eingerichtete Camps verloren haben. Mit ihnen müssen die Eingesessenen die ohnehin knappen Ressourcen teilen. Unsere Projekte richten sich an Einheimische und Flüchtlinge gleichermaßen. Es gibt genug fruchtbares Land in Gambela. Es wird nur nicht richtig bearbeitet. Und es ist ungerecht verteilt.

Was ist das Ziel Ihrer Arbeit?

Wir wollen vor allem die Monate im Jahr reduzieren, in denen die Menschen zu wenig zu essen haben. Bisher sind das drei manchmal sogar fünf Monate. In dieser Zeit ist die alte Ernte aufgebraucht und die neue reift noch auf den Feldern. Wir konnten sie in unseren Haushalten auf einen Monat begrenzen.

Wie wurde das erreicht?

Weil den Menschen weniger Land zur Verfügung steht, ist es wichtig, dass sie die Erträge steigern und ihre Feldfrüchte diversifizieren. Von uns erhalten sie verbessertes Saatgut für ihre Mais- und Sorghumfelder. Damit erzielen die Farmer fast die doppelten Erträge. Das Saatgut wurde von einem Forschungsinstitut in Gambela aus lokalen Sorten entwickelt. Die Pflanzen sind weniger empfindlich gegen Krankheiten, Schädlingsbefall und Unwetter. Es handelt sich aber nicht um Hybridsaat. Die Farmer können aus der Ernte ihr eigenes Saatgut für die nächste Saison  gewinnen. Und sie verbreiten es im Dorf, auch unter Bewohnern, die nicht an unserem Programm teilnehmen. Auch tragen die Farmer aus unserem Projekt ihr neues Wissen weiter, das sie bei Kursen der EECMY gelernt haben.

Was lernen sie dort?

Zum Beispiel in gleichmäßigen Abständen zu säen. So bekommen die Pflanzen ausreichend Nährstoffe und Wasser. Und es passen bis zu einem Drittel mehr auf einen Hektar im Vergleich zur alten Methode. Auch lässt sich dank der gleichmäßigen Reihen das Unkraut besser bekämpfen. Das wird zudem klein gehalten durch Intercropping. Pflanzen die Farmer Kürbis oder Bohnen zwischen den Mais, steigern sie die Erträge und diversifizieren ihren Speiseplan. Dazu tragen auch die Gemüsegärten bei. Wir verteilen Saatgut für Süßkartoffeln, Okra, Zwiebeln oder Tomaten und geben Anleitungen, wie man einen Gemüsegarten anlegt und pflegt.

Das Gemüse verbessert die  Gesundheit der Menschen. Und wenn die Gärten gut gedeihen, verdienen sie mit den Überschüssen sogar noch etwas Geld.

Was ist dabei die größte Herausforderung?

Die Menschen von den neuen Methoden zu überzeugen. Traditionell bearbeiten sie den Boden nicht, graben ihn nicht um, pflügen nicht. Sie hacken kleine Löcher hinein und stecken ein Korn in die Erde. Und das noch in sehr unregelmäßigen Abständen.

Viele halten sehr an der Viehzucht fest. Obwohl die Kühe nur wenig Milch geben. Traditionell ernähren sich die Menschen vor allem von Milch, Mais und selten Fleisch. Das schwächt sie, sie haben Mangelerkrankungen und sind schlapp. Um die Rinder dreht sich jedoch so vieles in ihrer Kultur. Sie sind Statussymbol und Währung für zum Beispiel die Mitgift. Wir müssen sie davon überzeugen, dass Ackerbau und Gemüsegärten ihnen mehr Ernährungssicherheit bringen.

Gab es auch Misserfolge?

Manchmal scheitern wir auch. Zum Beispiel mit der Einführung von Sojabohnen. Die Bauern hätten die Pflanzen gegen den Abfrass von Ziegen und Rindern schützen müssen. Weil sie zu wenig von deren Nutzen überzeugt waren, haben sie das nicht getan. Wir müssen viel Überzeugungsarbeit leisten, müssen die Neuerungen Stück für Stück  einführen, die Menschen nicht überfordern. Wenn aber erst einmal eine Familie Erfolg hat, breiten sich neue Pflanzen und Techniken schnell in den Dörfern aus.

Leichter haben wir es mit der Förderung von Kleintierzucht. Das Halten von Hühnern, Ziegen und Schafen liegt den Menschen näher. Wir unterstützen sie mit Tieren, Kursen zu Tiergesundheit oder Vermarktung.Auf dem kleinen Flughafen von Gambela landen täglich Maschinen vom World Food Program. Gleichzeitig vergibt die äthiopische Regierung Land an Investoren.

Die Kleinbauern haben keine Titel für ihr Land und sind dem schutzlos ausgeliefert. In den letzen sechs Jahren sind in der Region Gambela 50.000 Menschen umgesiedelt worden. Offiziell heißt es, durch die Konzentration der Siedlungen soll die Versorgung der Menschen verbessert werden. Fast alle intern Vertriebenen kommen aber zufällig aus Gebieten, wo das Land an nationale und internationale Investoren vergeben wurde. Einige Investoren bewirtschaften das Land, zum Teil im großen Stil für den Export.  Andere holzen  die Bäume auf dem Land ab, produzieren Holzkohle und verschwinden.

Das ganze passiert auf dem Rücken der kleinen Leute. Sie bekommen nicht genügend neues Land, um ihr Vieh zu weiden oder Mais und Sorghum anzubauen. Die Flüchtlinge verschärfen das Problem.

Solange im Südsudan der brutale Bürgerkrieg anhält, werden die Menschen fliehen. Gibt es Spannungen?

Die lokalen Ethnien Anuak und Nuer leben beiderseits der Grenze. Das vereinfacht das Zusammenleben. Zudem haben die Menschen eine Kultur des Teilens. Die hat aber ihre Grenzen in den beschränkten Ressourcen. Die Flüchtlinge in den Dörfern konkurrieren mit den Einheimischen um Weideland, Ackerflächen oder den Fisch in den Flüssen. Die Menschen in den Flüchtlingscamps wiederum verkaufen ihre Rationen, wie zum Beispiel das gute Speiseöl aus den USA. Mit dem verdienten Geld dann treiben sie die Preise für die lokalen Lebensmittel hoch. Das alles führt zu Spannungen. Deshalb ist unser Friedenstraining so wichtig. Wir bringen die Menschen zusammen, sie begreifen die Probleme der Anderen und lernen, ihre  Konflikte ohne Gewalt zu lösen.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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100 € (Spendenbeispiel) Mit 100 € kann zum Beispiel Gemüse-Saatgut für die Bewirtschaftung von ca. 10 Feldern bereitgestellt werden.

148 € (Spendenbeispiel) Mit 148 € kann zum Beispiel ein Regenwassertank mit 2.000 Liter Fassungsvermögen gekauft werden.

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