Der Blick fällt auf sich im Schlamm suhlende Wasserbüffel, Palmen und Reisfelder. Ich laufe mit dem Helm die schmale Treppe hinunter und überlege, ob es kalt genug für eine Jacke ist. Denn auch hier – in Kambodscha – ist es Winter. Bei 20°C kann es auf dem Moto schon ganz schön kalt werden.
Nachdem ich nochmal hochgerannt bin, um mir doch eine Jacke mitzunehmen, manövriere ich mein Moto aus dem Tor, setze mich drauf und fahre los. Erst über braun-rote, mit Schlaglöchern verzierte Staubstraßen, dann biege ich auf die asphaltierten und etwas mehr befahrenen Straßen ab. Ab jetzt schlängle ich mich durch Tuk-Tuks, Reisebusse, Autos mit Video schauenden Autofahrern, Motos mit einem bis fünf Passagieren und Motos mit Tieren oder stapelweise Waren drauf. Aufmerksam schaue ich in die Rückspiegel, in jede Straße, auf Ampeln, auf Blinker, auf Bremslichter, auf entgegenkommenden Verkehr, auf Handzeichen, auf laufende Menschen und auf die Gesichtsausdrücke der Verkehrsteilnehmer, um sicher bis zur Arbeit zu kommen. Ich fahre vorbei an kleinen Essenständen, an schöner Landschaft, vielen Shops und an weihnachtlich-kitschig geschmückte Hotels (Kambodscha ist ein hauptsächlich buddhistisches Land, in dem Weihnachten so gefeiert wird wie in Deutschland Halloween).
Nach einer halben Stunde schaue ich noch kurz auf die Schemen von Angkor Wat und biege auf den Schulhof meiner Schule ein. Einige Schüler sind schon da, putzen, spielen oder essen. Nachdem meine vier Kollegen nach und nach eingetrudelt sind, erfahre ich teilweise, wie mein Tag aussehen wird. Ist meine Kollegin, die Level 3 unterrichtet, beschäftig, springe ich für sie ein, ansonsten bereite ich den Unterricht für den zweiten Teil der Stunde vor: montags Mathe, dienstags Kunst, donnerstags Science, mittwochs und freitags übernehmen andere Kollegen Sport und Musik; gestalte die Website; berichtige Reports; baue einen Weihnachtsbaum aus Plastikflaschen oder mache, was sonst noch so ansteht. Zwei Mal die Woche wird um 9:30 Uhr und um 15:30 Uhr gekocht. Meistens ist es Reis mit Khmer Suppe. Die ersten paar Tage war es etwas befremdlich, Reis und eine richtige Mahlzeit so früh am Morgen zu essen, doch nach einer Weile gewöhnt man sich daran, bis man von selber morgens im Restaurant „fried rice with vegetables“ bestellt.
Tennisspielenderweise beginnt die lange Mittagspause: regelmäßig mit vielen Ausnahmen versuche ich mein Bestes, um meinen Kollegen etwas Deutsch beizubringen. Den Rest der Zeit wird gesungen, Khmer Musik gehört, auf Facebook umhergescrollt, geschlafen, nach Hause gefahren, gegessen, am Handy sonst irgendwie die Zeit verbracht oder gearbeitet. Nachmittags geht das gleiche von neuem los und zwischen vier und halb sechs Uhr mache ich mich dann auf den Weg zurück nach Hause, um noch rechtzeitig den Sonnenuntergang auf dem Balkon zu bestaunen.
Gegessen wird dann entweder Selbstgekochtes oder an der Riverside für einen Dollar von einem der vielen Straßenständen Erstandenes. Ganz der Khmer-Kultur entsprechend, fallen mir gegen 9 Uhr schon fast die Augen zu und begleitet von naher Khmer-Festtagsmusik und ferner Pop-Street-Party-Musik klingt der Tag aus: anstrengend, spaßig und voller neuer Erlebnissen.
Text und Bilder: Theresa Dolinga