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Keine Waffenexporte an Jemen-Militärkoalition

Brot für dei Welt fordert zusammen mit über 55 Organisationen aus der Entwicklungs-, Friedens-, Menschenrechtsarbeit und der humanitären Hilfe - Ein umfassendes Rüstungsexportverbot für die am Jemenkrieg beteiligten Staaten.

Von Andreas Dieterich am

Ausgebrannter Panzer im Jemen

Brot für die Welt fordert zusammen mit 55 Nichtregierungsorganisationen in einem Offenen Brief an die Bundesregierung ein umfassendes und zeitlich nicht befristetes Rüstungsexportverbot gegenüber allen Mitgliedern der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Jemen, solange diese am bewaffneten Konflikt beteiligt sind oder die Gefahr besteht, dass auch deutsche Rüstungsgüter zu Menschen- und Völkerrechtsverletzungen im Jemen beitragen.

Im Folgenden finden Sie den Text des Offenen Briefes vom 18. September 2019 an die Mitglieder des Bundessicherheitsrates.

Offener Brief an die Mitglieder des Bundessicherheitsrates,

wir, die unterzeichnenden Organisationen, begrüßen, dass die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag keine Waffen mehr an Staaten exportieren will, die unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind. Zudem begrüßen wir das gegenüber Saudi-Arabien verhängte Rüstungsexportmoratorium, mit dem Genehmigungen von Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien gestoppt und Firmen dazu aufgefordert wurden, bereits bestehende Ausfuhrgenehmigungen nicht zu nutzen. Dies waren wichtige erste Schritte.

Das Moratorium wurde bisher zweimal verlängert und läuft in seiner jetzigen Form am 30. September 2019 aus. Dieses ist jedoch trotz des Koalitionsvertrags auf Saudi-Arabien begrenzt und sieht Ausnahmen für deutsche Komponentenlieferungen im Rahmen europäischer Gemeinschaftsprojekte vor. Darüber hinaus ermöglichte schon der Koalitionsvertrag Ausnahmen für bereits erteilte Ausfuhrgenehmigungen. In der Folge dauern die Rüstungsexporte an Staaten der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition an.

Angesichts der eklatanten Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte durch Kriegsparteien im Jemen muss die Bundesregierung zwingend über die bisherigen Maßnahmen hinausgehen. Solange die Gefahr besteht, dass auch deutsche Rüstungsgüter zu solchen Verletzungen im Jemen beitragen, muss das Moratorium in ein umfassendes und zeitlich nicht befristetes Rüstungsexportverbot für die Mitglieder, der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition überführt werden. Dieses darf keine Ausnahmen für Komponentenlieferungen im Rahmen europäischer Gemeinschaftsprojekte und bereits erteilte Exportgenehmigungen zulassen.

Vor mittlerweile über vier Jahren ist der bewaffnete Konflikt im Jemen eskaliert und dauert bis heute an. Die massive militärische Gewalt, in Verbindung mit einer zeitweiligen See-, Luft-, und Landblockade durch die Militärkoalition, derzeit bestehend aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten, Bahrain, Kuwait, Jordanien, Senegal und Sudan, hat laut den Vereinten Nationen zu der größten humanitären Katastrophe der Gegenwart geführt. 24 Millionen Menschen, davon 12,3 Millionen Kinder, benötigen lebenswichtige Hilfe. 14 Millionen sind akut von Hungersnot bedroht. Seit April 2017 wurden mehr als 1,3 Millionen Cholera-Verdachtsfälle registriert. Humanitäre Organisationen werden dabei behindert, Zugang zu der notleidenden Bevölkerung zu erhalten. Der aktuelle Bericht „Kinder und bewaffnete Konflikte“ des UN-Generalsekretärs dokumentiert für das Jahr 2018 1.700 getötete oder schwer verwundete Kinder durch Luftangriffe und Bodenkämpfe verschiedener Konfliktparteien.

Die Expertengruppe der Vereinten Nationen zum Jemen (GEE Yemen) hat für ihren jüngsten Bericht wiederholte Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht und die Menschenrechte durch Kriegsparteien untersucht – darunter gezielte Tötungen von Zivilistinnen und Zivilisten und Zerstörungen ziviler Infrastruktur, wie Schulen, Krankenhäuser und Trink- und Abwasseranlagen. Als Verantwortliche werden, neben anderen, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate benannt. Die GEE Yemen fordert daher alle Staaten auf, keine Rüstungsgüter zu exportieren, wenn diese im bewaffneten Konflikt im Jemen eingesetzt werden könnten.

Für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate genehmigte die Bundesregierung allein zwischen 2015 und 2018 Rüstungsexporte im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro. An weitere Mitgliedsstaaten der Militärkoalition wurden im gleichen Zeitraum Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von drei Milliarden Euro erteilt. Und sogar im ersten Halbjahr 2019 genehmigte die Bundesregierung noch Exporte in Höhe von rund einer Milliarde Euro an diese Ländergruppe, einschließlich Saudi-Arabien, trotz des verlängerten Exportstopps gegen das Land. Berichten zufolge kommen u.a. Kriegsschiffe deutscher Herkunft vor den Küsten des Jemen sowie Kleinwaffen deutscher Konstruktion und Kampfflugzeuge mit deutschen Teilen im Jemen zum Einsatz. Daher besteht nach wie vor eindeutig die Gefahr, dass mit deutschen Rüstungsgütern die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht im Jemen verletzt werden. Rüstungsexportgenehmigungen in Länder der Militärkoalition im Jemen stehen damit im eklatanten Widerspruch zu selbstgesetzten Vorgaben der Bundesregierung sowie nationalen, europäischen und internationalen rechtlichen Verpflichtungen, wie dem Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union und dem internationalen Waffenhandelsvertrag.

Das Europäische Parlament hat in seiner letzten Entschließung zur Umsetzung des Gemeinsamen Standpunktes der EU entsprechend festgehalten, „dass Ausfuhren nach Saudi-Arabien, in die Vereinigten Arabischen Emirate und an andere Mitglieder der von Saudi-Arabien geführten Koalition zumindest das Kriterium 2 [Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts im Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union] verletzen“ und fordert ein EU-Waffenembargo gegenüber allen Mitgliedern der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition im Jemen zu verhängen.

Europäische Partner wie die Niederlande, Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden, die Schweiz und Italien haben Exportbeschränkungen sowohl gegenüber Saudi-Arabien als auch den Vereinigten Arabischen Emiraten verhängt. Darüber hinaus haben Gerichte in Belgien und Großbritannien geurteilt, dass bestimmte Genehmigungen für Saudi -Arabien rechtswidrig erteilt wurden.

Deutschland muss diesen Entwicklungen folgen, mit gutem Beispiel vorangehen und weitergehende Maßnahmen ergreifen.

Daher fordern wir Sie als Mitglieder der Bundesregierung auf:

  • Verhängen Sie ein umfassendes und zeitlich nicht befristetes Rüstungsexportverbot gegenüber allen Mitgliedern der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Jemen, solange diese am bewaffneten Konflikt beteiligt sind oder die Gefahr besteht, dass auch deutsche Rüstungsgüter zu Menschen- und Völkerrechtsverletzungen im Jemen beitragen. Dieses darf keine Ausnahmen für Komponentenlieferungen im Rahmen europäischer Gemeinschaftsprojekte und bereits erteilte Exportgenehmigungen zulassen.
  • Folgen Sie der Entschließung des Europäischen Parlaments und setzen Sie sich für ein EU-Waffenembargo gegen alle Mitglieder der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition im Jemen ein.

 

Im Folgenden finden Sie weitere Hintergrundinformationen sowie den Offenen Brief und die Pressemeldung zum Download.

Nachtrag: Am 18. September 2019 verlängerte die Bundesregierung das Embargo an Saudi - Arabien um weitere 6 Monate bis März 2020. Eine Stellungnahme der GKKE dazu finden Sie unter diesem Link.

 

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