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Klimarisikofinanzierung

Durch eine angemessene Klimarisikofinanzierung muss die Lücke im Schutz vor klimabedingten Verlusten und Schäden geschlossen werden

Von Sabine Minninger am

Die Philippinen nach dem Taifun Haiyan

Mit der zunehmenden globalen Klimaerwärmung sind in den letzten Jahren immer mehr klimabedingte Verluste und Schäden – im internationalen Kontext als Loss and Damage (L&D) bezeichnet – aufgetreten. Zwischen 1997 und 2008 beliefen sich die Gesamtkosten von Extremwetterereignissen auf 3,47 Billionen US-Dollar. Dabei bestehen die höchsten gesamtwirtschaftlichen Risiken in der Karibik, in Zentralamerika, in Süd- und Südostasien, Subsahara-Afrika sowie im Pazifik. Dies führt dazu, dass arme Länder, die besonders vulnerabel gegenüber den Folgen des Klimawandels sind, durch die Zerstörungskraft von Naturkatastrophen in ihrer nachhaltigen Entwicklung gehemmt werden. Dies trifft insbesondere die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) und kleinen Inselstaaten (SIDS). Dort steigt das Risiko, dass Investitionen zurückgehen oder abgebrochen werden, ihre Kreditwürdigkeit sinkt und die Verschuldung steigt. All dies wirkt sich negativ auf die Anpassungskapazitäten dieser Länder aus. 

Brot für die Welt hat im April 2019 die Studie „Climate Risk Financing“ veröffentlicht, die bestehende und neu geschaffene Mechanismen und Ansätze für die Klimarisikofinanzierung daraufhin analysiert, wie sie zu einer Schließung der Schutzlücke für vulnerable Länder und Bevölkerungsgruppen beitragen können. Die Ergebnisse zeigen, dass die Einrichtung eines neuen Mechanismus für die Kompensation für klimabedingte Verluste und Schäden sinnvoll ist, der unter Gerechtigkeitsaspekten und nach dem Verursacherprinzip ausgestaltet sind.

Lücken in den bestehenden Instrumenten der Risikofinanzierung

Ein umfassendes Klimarisikomanagement kann klimabedingte Risiken reduzieren und vulnerable Staaten und Bevölkerungsgruppen vor Schäden schützen, die ihre eigenen finanziellen Kapazitäten um ein Vielfaches übersteigen. Klimarisikofinanzierung stellt das Herzstück solcher Strategien dar.

Klimarisikofinanzierung wird danach unterschieden, aus welchen Quellen sie stammt und ob die Mittel bereits vor einer Katastrophe bereitstehen (ex ante) oder erst danach aufgebracht werden (ex post). Ex-post Risikofinanzierungsinstrumente, die erst nach dem Katastrophenfall mobilisiert werden, sind oft nicht schnell verfügbar und daher eher geeignet für mittelfristigen Wiederaufbau und langfristige Entwicklungsarbeit. Sie spielen eine geringere Rolle in der akuten Phase einer Katastrophe, in der schnell Geld bereitstehen muss. Hierfür eignen sich eher ex-ante Risikofinanzierungsinstrumente. Sie sind ein wichtiger Teil einer Klimarisikoversicherungsstrategie, um flexibel und schnell reagieren zu können. Hierunter fallen auch Instrumente, die das Risiko an dritte Parteien wie Versicherer oder den Kapitalmarkt übertragen. Im Kontext von klimawandelbedingten Verlusten und Schäden spielt auch die langfristige Unterstützung von Resilienz eine Rolle, die mit den traditionellen Instrumenten der Klimafinanzierung unterstützt werden. Diese stellen eine sinnvolle Ergänzung dar, weil sie u.a. die Kosten im Katastrophenfall senken können. Die unterschiedlichen Instrumente sollten in einer Strategie zur Abstufung von Risiken (risk layering) kombiniert werden und in Abhängigkeit von der Häufigkeit und Intensität von Naturkatastrophen eingesetzt werden.

Die Insuresilience Global Partnership, welche sich aus der 2015 von Deutschland ins Leben gerufenen Insuresilience Initiative entwickelt hat, hat zum Ziel kombinierte Klimarisikofinanzierungsstrategien in Zusammenarbeit mit der Gruppe von 20 Vulnerablen Staaten (V20) zu entwickeln. Sie hat damit den ursprünglich engen Fokus auf Klimarisikoversicherungen ausgeweitet und in einen umfassenderen Ansatz zur Klimarisikofinanzierung eingebettet. Welchen Mehrwert die Initiative für die vulnerablen Staaten hat muss sich noch zeigen. Ihr Erfolg wird sich daran messen lassen, ob sie einen breiteren Ansatz von Klimarisikofinanzierung umsetzen kann und ob arme und vulnerable Bevölkerungsgruppen Zugang zu Klimarisikofinanzierung erhalten. Denn der aktuelle Fokus auf Klimarisikoversicherungen darf nicht überdecken, dass Klimarisikoversicherungen nicht nur kein Allheilmittel sind, sondern es die aktuellen Initiativen bisher nicht ausreichend geschafft haben, ihre Schutzmechanismen im großen Maßstab auch für besonders arme Bevölkerungsgruppen zugänglich zu machen.

Somit bestehen aktuell noch erhebliche Lücken im Schutz vulnerabler Länder und Bevölkerungsgruppen durch Klimarisikofinanzierung. Insbesondere die besonders verwundbaren Länder und Bevölkerungsgruppen können sich Klimarisikoversicherungen nicht leisten und dies wird sich noch verschärfen, wenn die Häufigkeit und/oder Schwere von Naturkatastrophen weiter steigt. Auch sind Klimarisikoversicherungen darauf ausgerichtet, die Auswirkungen von seltenen, aber besonders schwerwiegenden Katastrophen mit großen Folgeschäden zu mindern. Sie sind nicht geeignet dafür, häufig auftretende, aber weniger intensive Katastrophen abzudecken, die die Realität besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppen prägen. Und sie eignen sich nicht dafür, schleichende Katastrophen durch z.B. den Meeresspiegelanstieg abzudecken. Um diese Lücken besser zu schließen, braucht es koordinierte internationale Risikopools, die Risiken über eine große Anzahl von Ländern verteilen können, eine gezielte Unterstützung von Prämienzahlungen durch Geberländer gemäß dem Verursacherprinzip und eine Kombination von Klimarisikofinanzierung mit Klimafinanzierung.

Empfehlungen für politische Entscheidungsträger und Zivilgesellschaft

Die Studie kommt zu folgenden politischen Handlungsempfehlungen:

  • Die Mobilisierung und Bereitstellung von Klimarisikofinanzierung ist eine unabdingliche Voraussetzung, um die Lücke zum Schutz besonders vulnerabler Staaten und  Betroffener zu schließen. Daher sollten Finanzierungsmechanismen ein Dauerthema für internationale politischen Foren wie Klimakonferenzen, G20 Gipfel und Treffen multilateraler Entwicklungsbanken werden.
  • Weil klimabedingte Schäden und Verluste aufgrund unzureichender Klimaschutzmaßnahmen weiter voranschreiten und die bislang bereitgestellten Finanzmittel zu deren Bewältigung nicht ausreichen, sollte ein neuer Fonds für die Finanzierung klimabedingter Schäden und Verluste geschaffen werden.
  • Vom Klimawandel besonders gefährdete Staaten sollen Klimarisikofinanzierungsstrategien erarbeiten, die sich an den OECD Richtlinien für Finanzierungsstrategien des Katastrophenrisikos orientieren.
  • Die V20 Staaten sollen gemeinsam mit ihren Partnern innovative Instrumente zur Klimarisikofinanzierung auf den Weg bringen, um Verschuldungsspiralen betroffener Staaten zu verhindern.
  • Die InsuResilience Initiative, ihre Partner sowie weitere Institutionen sollten den Zugang zu Klimarisikoversicherungen erleichtern und sich für eine Kostenminimierung der Versicherungsbeiträge einsetzen.
  • Bereits existierende regionale Risikopools wie die ARC die PCRAFI oder die CCRIF-SPC sollten gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern an der Schaffung umfassenderer und diversifizierterer Risikopools arbeiten, die möglichst viele Akteure miteinschließt.
  • Nichtregierungsorganisationen sollten sich stärker mit Finanzierungsmechanismen auseinandersetzen und hierzu verstärkt mit politischen Entscheidungsträgern zusammenarbeiten.

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