Mit dem Titel “Subject to Change – Pacific Islands on the frontline of climate change” haben am 3. Juni die Botschaft von Neuseeland und Brot für die Welt in das Haus des Werkes EWDE für einen Film- und Diskussionsabend eingeladen. Die Abendveranstaltung reihte sich damit in die Veranstaltungen der “Diplomacy for Sustainability” - Woche. Unter diesem Motto stellten diese Woche das Auswärtige Amt und 23 in Berlin vertretene Botschaften während der European Sustainable Development Week 2019 (ESDW19) ihre Arbeit zur Umsetzung der Agenda 2030 und der Sustainable Development Goals (SDGs) vor.
Brot für die Welt hat gleich zugestimmt, als die Botschaft von Neuseeland die Anfrage gestellt hat gemeinsam ein Event zu gestalten, bei dem die starke Verletzlichkeit der pazifischen Inseln gegenüber des Klimawandels im Fokus steht und wie Klimagerechtigkeit erreicht werden kann für die betroffene Bevölkerung.
Nach der Eröffnung der Abendveranstaltung durch Antje Monshausen, Referatsleitung Wirtschaft und Umwelt bei Brot für die Welt, wurde der neuseeländische Dokumentarfilm „Subject to change“ (auf Deutsch „Änderungen vorbehalten“) gezeigt, der über das Schicksal der am Pazifikufer gelegenen Dorfgemeinschaften, die mit den Auswirkungen des Klimawandels kämpfen, informiert.
Im Anschluss an den Film begrüßte der Botschafter von Neuseeland in Deutschland, S. E. Herr Rupert Thomas Holborow das Publikum und lud zu einer Podiumsdiskussion, um die Verletzlichkeitsaspekte im Pazifik vertieft aufzugreifen und zu debattieren, was getan werden muss, damit niemand in der Klimakrise zurückgelassen wird.
Moderiert durch Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland, wurde der Botschafter von Tuvalu in der EU, S. E. Aunese Makoi Simati, gebeten in Reflexion auf den Dokumentarfilm die Auswirkungen des Klimawandels auf seinen kleinen Inselstaat zu beschreiben und seine Erwartungen an Staaten wie Deutschland und Neuseeland in der Unterstützung von Tuvalu in der Klimakrise.
Der Botschafter hat dabei sehr deutlich gemacht, dass Tuvalu nicht auf internationale Hilfe wartet, um die Bewohner vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen, sondern selbst sehr aktiv Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe ergreift. Neben diversen Anpassungsmaßnahmen und der Reduktion des ohnehin schon sehr niedrigen CO2-Ausstosses, hat Tuvalu auch einen Survival Fund, der im Fall eines Extremwetterereignisses wie zum Beispiel eines Zyklons sofort der Bevölkerung zur Verfügung steht. So wolle man garantieren, dass die Bevölkerung sich von klimabedingten Schäden und Verluste sofort wieder rehabilitieren kann.
Sabine Minninger, Referentin für internationale Klimapolitik bei Brot für die Welt, hat Tuvalu, Fidschi und Französissch Polynesien mehrfach im Rahmen ihrer Arbeit besucht, zuletzt zusammen mit dem Klimabotschafter von Brot für die Welt, dem ARD-Wettermann Sven Plöger. Sie gab zu bedenken, dass die Bereitstellung von Klimafinanzierung für die Kompensation von klimabedingten Schäden und Verluste im Südpazifik keine Charity-Maßnahme ist, sondern die Industriestaaten und ölexportierende Entwicklungsländer wie zB Saudi Arabien gemäß des Verursacherprinzips in der Verantwortung stehen. Dementsprechend sollten diese Staaten auch in der Verantwortung stehen, die ärmsten und verletzlichsten Bevölkerungsgruppen in der Klimakrise zu unterstützen. Zusammen mit weltweiten NGO-Bündnissen wie der ACT Alliance und dem Climate Action Network fordert Brot für die Welt daher auch die verpflichtende Bereitstellung von Klimafinanzierung für Betroffene von klimabedingten Schäden und Verluste. Dieses Anliegen der ärmsten und verletzlichsten Staaten wie der pazifischen Inselstaaten wurde leider im Pariser Klimaabkommen nicht verankert und müsste daher nun nachträglich vereinbart werden.
Ingrid-Gabriela Hoven, Leiterin der Abteilung „Globale Zukunftsfragen – Sektoren“ im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stellte die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung vor wie zum Beispiel die Unterstützung eines pazifischen Klimarisikopools, der wie eine „Klimaversicherung“ den Menschen nach einem Extremereignis hilft, schnell wieder auf die Beine zu kommen. Die Bundesregierung hält auch ihr Versprechen, ihren Beitrag für den Grünen Klimafond zu verdoppeln und Frau Hoven würde sich freuen, wenn andere Industriestaaten ebenso ihren fairen Beitrag leisten würden zur Finanzierung von CO2-Minderungs- und Anpassungsprojekten im Globalen Süden. Sie steht auch zu der Klimaverantwortung Deutschlands und hält daher einen schnellen Kohleausstieg sowie ein Klimarahmengesetz für dringend notwendig.
Dr. Nina Hall, Assistenzprofessorin am Bologna Institute for Policy Research, beschäftigt sich wissenschaftlich mit der neuseeländischen Klima- und Migrationspolitik. Vor dem Hintergrund, dass im schlimmsten Fall die pazifischen Inseln Aufgrund des Meeresspiegelanstiegs unbewohnbar werden beschäftigt sie sich mit den Einwanderungsgesetzen von Neuseeland.
Die Beiträge aufgrund der unterschiedlichen Expertise der Podiumsgäste lieferten noch genug Diskussionsstoff für die anwesenden ZuhörerInnen, die anschließend bei einem Empfang im Foyer des Werkes noch angeregt lange weiter diskutierten.