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5 Jahre SDGs: eine längst überfällige Debatte

Die Agenda 2030 mit ihren 17 SDGs feiert am 25. September 2020 ihren fünften Geburtstag. Nachdem bereits ein Drittel des Umsetzungszeitraums vergangen ist, setzt sich nun endlich auch der Bundestag im Plenum mit den SDGs auseinander. Die Hoffnung ist groß, dass der Gesetzgeber seine Verantwortung erkennt, den rechtlichen Rahmen für die Umsetzung der SDGs aktiv zu gestalten.

Von Elisabeth Jeglitzka am
Biomarkt

Biomarkt der Kleinbauern-Kooperative Associação de Produtores Agroecologistas da Região Sul ARPASUL, Rio Grande do Sul, Brasilien

Erste Generaldebatte zu den SDGs

Sozial-, Umwelt- und Friedenspolitik sind Dauerthemen auf der Parlamentsagenda. Auch über Geschlechtergerechtigkeit oder öffentliche Gesundheit wurde im Laufe des 71-jährigen Bestehens des Parlaments die eine oder andere Runde gedreht. Neu ist an der Plenarwoche vom 16.-18. September allerdings, dass die Abgeordneten des Bundestages zum ersten Mal die Fäden dieser verschiedenen Politikbereiche zusammenführen und eine Generaldebatte zu Nachhaltigkeit im Sinne der Agenda 2030 führen. Zum Auftakt stehen erstmals die 17 SDGs – in ihrer Gesamtheit! – auf der Tagesordnung. Anschließend werden SDG-Themen wie Frieden, Staat und Demokratie, Klima und Umwelt, aber auch Mobilität, Wachstum, Bildung oder internationale Zusammenarbeit diskutiert. Es bleibt zu hoffen, dass die Agenda 2030 dabei als Maßstab und Wegweiser der zahlreichen, teilweise sehr kleinteiligen eingereichten Anträge und Anfragen dient – auch über die Woche hinaus.

Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie

Fast zeitgleich zum fünften Geburtstag der SDGs hat das Kanzleramt die Veröffentlichung der überarbeiteten deutschen Nachhaltigkeitsstrategie angekündigt. Die bisherige Fassung der nationalen SDG-Umsetzungsstrategie folgt zwar in ihrer Struktur der Agenda 2030, ist aber stark national fokussiert und nicht so sehr auf globale Auswirkungen. Umwelt-, Sozial- und Entwicklungsverbände sprechen sich daher seit Jahren für ambitioniertere Regierungsziele und den Blick über die nationalen Grenzen hinaus aus. Sie kritisieren nicht nur, dass die Indikatoren der Strategie Nachhaltigkeit im Sinne der Agenda 2030 zum Teil verfehlen. Was sagt beispielsweise der von der Regierung angestrebte höhere Frauenanteil in DAX-Vorständen über gesamtgesellschaftliche oder gar globale Geschlechtergerechtigkeit aus? Auch vermissen sie im Zielkatalog der Strategie weitgehend die Erkenntnis, dass unser Handeln in Deutschland nachhaltige Entwicklung andernorts behindern kann. Der exorbitant hohe Import von Stahl oder Edelmetallen für unsere Industrie – Deutschland rankt weltweit auf Platz 5 des Ressourcenverbrauchs – oder tonnenweise Sojalieferungen für unsere Massentierhaltung finden keineswegs losgelöst von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung im Globalen Süden statt. Die deutsche SDG-Umsetzungsstrategie ist für die internationale Dimension nachhaltiger Entwicklung bisher an vielen Stellen blind.

Bundestag muss Nachhaltigkeit rechtlich ermöglichen

Die parlamentarische Nachhaltigkeitswoche beginnt mit einer Regierungsbefragung. Die bisher defizitäre Nachhaltigkeitsperformance Deutschlands wird hier sicherlich zur Sprache kommen (siehe Link unten: „Von Nachhaltigkeit weit entfernt“).

Die Parlamentsdebatte sollte jedoch nicht bei der Kritik und dem Fingerzeig auf andere stehenbleiben. Auch der Bundestag selbst steht in der Verantwortung, seinen Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 in und durch Deutschland zu leisten. Es liegt schließlich in seinen Händen, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der nachhaltiges Handeln für die Gesellschaft und Wirtschaft flächendeckend ermöglicht.

Brot für die Welt hegt, wie weite Teile der Zivilgesellschaft, große Erwartungen, dass sich die Mitglieder des Bundestags dieser Rolle endlich bewusstwerden.

Vom parlamentarischen Beirat zum Nachhaltigkeitsausschuss

Als ersten Schritt zur Stärkung der Rolle des Bundestags schlägt Brot für die Welt, wie auch viele andere zivilgesellschaftliche Partner, die Aufwertung des parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung zu einem regulären Ausschuss des Bundestages vor. Der Beirat besteht bereits seit 2004. Seine politische Wirkmächtigkeit ist aufgrund der Rolle als Beirat jedoch begrenzt. Mit einem Nachhaltigkeitsausschuss würde der Bundestag eine Instanz mit parlamentarischen Expert_innen erhalten, die alle Gesetzesvorhaben vor der Abstimmung im Plenum kritisch auf ihre Nachhaltigkeitsgüte prüft – bestenfalls mit der globalen Transformationsagenda 2030 als Richtschnur!

High Level Political Forum 2021: Deutschland auf dem Prüfstand

Es ist gut möglich, dass der erste SDG-Anlauf im Bundestag noch keine Ergebnisse für eine ambitioniertere Nachhaltigkeitspolitik liefert. Das Thema SDG-Umsetzung in und durch Deutschland wird dann jedoch spätestens im Frühjahr 2021 wieder für Aufmerksamkeit sorgen. Denn im Juli 2021 steht die deutsche Nachhaltigkeitsperformance auf dem internationalen Prüfstand: die Bundesregierung hat auf dem High Level Political Forum der Vereinten Nationen einen freiwilligen Fortschrittsbericht angemeldet. Die Forderung der Zivilgesellschaft hierzu lautet: Zivilgesellschaft und Parlament wirkungsvoll in die Erstellung des Berichts und politische Umsetzung der Agenda 2030 miteinbinden! So sollte einerseits der zivilgesellschaftlichen Sicht auf die SDG-Erfolge und Misserfolge Deutschlands in der offiziellen Berichterstattung der Regierung Platz eingeräumt werden. Andererseits sollte der Bundestag die Regierung auffordern, den Fortschrittsbericht im Parlament vorzustellen und zur Diskussion zu stellen.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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