Der erste Fall einer COVID-19-Infektion auf dem afrikanischen Kontinent war am 25. Februar 2020 zu verzeichnen. Bis Anfang April wurden 6.579 Menschen in 45 Ländern positiv getestet, 290 Menschen erlagen den Folgen des Virus. Brot für die Welt begleitet einige hundert Projekte in 32 afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Die Mehrzahl dieser Länder sind von dem neuartigen Corona-Virus betroffen. Fast flächendeckend ähneln sich in diesen Ländern die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie: verstärkte Grenzkontrollen oder gar –schließungen, eingeschränkte Visavergabe, Einschränkung des Luftverkehrs, teils massive Einschränkungen des inländischen Reiseverkehrs, Quarantänemaßnahmen für Menschen, die aus Risikogebieten einreisen, Schließungen der Schulen und Universitäten, weitreichende Einschränkungen der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit.
In Angola, Ruanda, Simbabwe und Südafrika zum Beispiel, besteht ein „lockdown“, also eine zeitlich begrenzte, umfassende Ausgangssperre und Reduzierung der wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten im öffentlichen Raum auf das Nötigste (Kauf von Nahrung, Nutzung der Gesundheitseinrichtungen). In manchen Ländern wurden regional oder zeitlich begrenzte Ausgangssperren (ab 18/19 Uhr bis 5 Uhr morgens) verordnet, wie in Kinshasa/ DR Kongo, in Kamerun, in Nigeria, in Teilen Burkina Fasos, in Sudan oder in Kenia. Die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Menschen in den Projektregionen In Sierra Leone zum Beispiel führten vor allem frühzeitige Hygiene – und Aufklärungsmaßnahmen dazu, dass erst einige Wochen verzögert, am 1. April, die erste Infektion das Land erfasste. Sierra Leone hatte noch vor wenigen Jahren durch das Ebola-Virus viele Tote zu beklagen. Das Land hat somit entsprechende Erfahrung im Umgang mit einer Epidemie, doch Ängste einem erneuten Trauma tauchen wieder auf.
"Lockdowns werden dramatische Folgen haben."
In vielen anderen Ländern hingegen steigen die Fallzahlen schon seit Wochen kontinuierlich an. Wir sind dazu in ständigem Austausch mit unseren Partneror-ganisationen. Viele der Mitarbeiter*innen müssen von zu Hause arbeiten, soweit es die digitale Infrastruktur zulässt. Die Projektaktivitäten kommen größtenteils zum Erliegen. Gemeinsam mit unseren Partnern blicken wir mit Sorge einerseits auf die Gesundheitssysteme der Länder, die in vielen Fällen für eine wachsende Zahl akut und lebensbedrohlich erkrankter Menschen nicht ausreichend ausgestattet sind. Auf der anderen Seite ist zu befürchten, dass sich die bestehenden und zukünftigen staatlichen Maßnahmen sehr negativ auf die sozioökonomische Situation der Menschen in den Ländern auswirkt. Ausgangssperren, als letzte Mittel in der Not, erzeugen auf der anderen Seite wiederum mehr Armut und Verzweiflung, vor allem für die Menschen, die von der Hand in den Mund leben. Bettina Meier, Beraterin Ökonomisches Empowerment bei Brot für die Welt, fasst dies so zusammen: „Die Maßnahmen zur Corona-Eindämmung behindern massiv Handel und Gewerbe und treffen damit existentiell die Ärmsten der Armen, die keine Rücklagen haben und ihren Lebensunterhalt als Tagelöhner oder Kleinsthändler*innen verdienen – und dies betrifft die Mehrheit der Menschen in unseren Zielgruppen. Längere Lockdowns in unseren Partnerländern werden dramatische Folgen haben. Unser Blick muss zwar auf der Stärkung des Zugangs zu Gesundheitsdienstleistungen liegen. Aber wir sollten ebenso die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen berücksichtigen, denn die Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 haben schon jetzt massive Auswirkungen auf die Ernährungssituation und den Lebensalltag der Menschen.“
Appelle für soziale Absicherung
Mehrere Partnerorganisationen (z.B. in Südafrika) haben bereits Appelle an die Regierung veröffentlicht, um die noch stärker werdende wirtschaftliche Not der armen Bevölkerung durch begleitende soziale Absicherungsmaßnahmen abzumildern. Diese globale Krise wird den Blick auf die wirtschaftliche und damit auch soziale Ungleichheit, unter der ein Großteil der Weltbevölkerung zu leiden hat, verschärfen. Wenn nicht jetzt, wann wäre dann der richtige Zeitpunkt dieser Ungerechtigkeit ein Ende zu setzen?