Armutsbekämpfung und die Minderung sozialer Ungleichheit sind zwei Facetten zukunftsfähiger Entwicklung, die eng miteinander verwoben sind. Das betrifft die Gesellschaften des Südens und des Nordens sowie das globale Miteinander.
Gemeinsam mit seinen Partnern weltweit beobachtet Brot für die Welt das Ausmaß der sozialen Ungleichheit mit Sorge, denn Ungleichheit behindert die Überwindung von Armut, verletzt die Menschenrechte und die menschliche Würde. Ungleichheit gefährdet die Demokratie, das gesellschaftliche Zusammenleben und den Frieden. Brot für die Welt setzt sich deshalb für eine vielfältige, solidarische Gesellschaft und Weltgemeinschaft mit gleichberechtigter Teilhabe aller ein.
Die Kollateralschäden der Reichtumserzeugung lassen viele Anstrengungen zur Überwindung von Armut ins Leere laufen
Die biblische Vision von Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit ist seit den Anfängen die grundlegende Orientierung von Brot für die Welt. Dabei standen die Reduzierung der Armut und das Empowerment der Benachteiligten immer im Mittelpunkt. Jedoch lassen die Kollateralschäden der historischen und der gegenwärtigen Reichtumserzeugung, für die unsere gewählten Regierungen Verantwortungen tragen und von deren Früchten wir profitieren, viele Anstrengungen unserer Partner immer wieder zu Sisyphusarbeit verkommen.
Unter den gegebenen Bedingungen der extremen globalen Ungleichheit und der in vielen Ländern weiterwachsenden sozialen Kluft muss Brot für die Welt weiterhin und zukünftig noch entschiedener beide Seiten ansprechen. Das erfordert die Weiterentwicklung des Profils als pluralistische, politisch arbeitende Entwicklungsorganisation, die Transformation von unten und die grundlegende Veränderung ungerechter Strukturen gleichermaßen im Blick hat und zusammenführt. Es gilt nicht nur, schwerwiegende Fehlentwicklungen nationaler und internationaler Politiken durch gemeinsame politische Arbeit abzuwenden. Vorschläge für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft müssen konkret und greifbar gemacht werden, zur Umgestaltung der internationalen Ordnung und der Politiken der Regierungen in Nord und Süd.
Aktuelle Krisen werfen neue Verteilungsfragen auf
Das gilt in besonderer Weise im Kontext aktueller Entwicklungen, die uns besonders herausfordern und für die wir nach Antworten suchen müssen. Krisen, wie beispielsweise der Klimawandel, werfen neue Verteilungsfragen auf, deren Dimension bislang radikal unterschätzt wird. Nicht erst dann, wenn Lebensgrundlagen in ganzen Regionen vernichtet werden, gilt es die Frage der Lastenteilung unmissverständlich anzusprechen. Gerechte und solidarische Lösungen von Verteilungsfragen der Transformationskosten könnten dann erste konkrete Schritte auf dem Weg zu einer sozial-ökologischen Transformation sein.
Ein klarer Fokus der Arbeit von Brot für die Welt muss auf der Veränderung des Handelns der Menschen und der Regierungen der Industrieländer liegen. Das Streben von Menschen nach immer mehr, die beständige Konkurrenz um Akkumulation materieller und finanzieller Güter weit über die menschlichen Grundbedürfnisse hinaus, ist Zeichen menschlicher Unfreiheit. Es gilt, den Gedanken der Suffizienz als befreiendes und entlastendes Prinzip des zukunftsfähigen Lebens als positive Vision stark zu machen. Eine befreiende Veränderung des Bewusstseins ist wichtige Voraussetzung einer grundlegenden sozial-ökologischen Transformation.
Neben einer klaren Positionierung als starke Stimme gegen nationalistischen Populismus und Egoismus, wird Brot für die Welt sich zukünftig auch dezidierter gegen markttotalitäre Strömungen und deren Einflussnahme gegen gemeinwohlorientierte Politik positionieren müssen. In vielfältigen internationalen Bündnissen sieht Brot für die Welt für sich Möglichkeiten, gesellschaftliche Debatten über ein alternatives Wohlstandsverständnis und ein politisches und wirtschaftliches System, das im Dienste des Lebens, des Gemeinwohls und der globalen Gerechtigkeit steht, mit zu gestalten.