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Fair ist: Ungleiche Akteure nicht gleich behandeln

Wir beziehen unsere Rohstoffe aus der ganzen Welt – und tragen Verantwortung, wenn dafür Menschen ausgebeutet werden. Der Faire Handel zeigt, es geht auch anders: transparent, mit festen Preisen und auf Augenhöhe. Er hält damit zwei Prinzipien hoch, die einen gerechten Welthandel befördern: Er achtet auf Nachhaltigkeit. Und er ist kompatibel mit der Agenda 2030. Ein Gespräch dazu mit Sven Hilbig.

Von Sven Hilbig am
Sven Hilbig, Referent Handelspolitik, Digitalisierung, Rohstoffhandel bei Brot für die Welt

DEU, Deutschland, Berlin, 28.03.2013, Sven Hilbig, Referent für Welthandel und Internationale Umweltpolitik. Abteilung Politik - Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung

 

Herr Hilbig, der Welthandel ist extrem unfair - was läuft schief?

Ein Rennen zwischen einem Sportwagen und einem Fahrrad ist auch kein fairer Wettbewerb. Im Welthandel läuft seit Jahrzehnten schief, das ungleiche Akteure gleich behandelt werden.

Können Sie bitte ein Beispiel nennen?

Ein deutsches Unternehmen ist aufgrund seiner höheren Produktivität international wettbewerbsfähiger als ein Betrieb aus dem Globalen Süden. Das deutsche Unternehmen setzt neueste Technologien ein, produziert oftmals in großer Stückzahl und kann Kosten externalisieren. Dadurch kann es Produkte günstiger herstellen und diese dem Endverbraucher beispielsweise auch in Kenia preiswerter zur Verfügung stellen als ein einheimisches Unternehmen. Afrikanische Unternehmen haben auf dem Weltmarkt und im Welthandel, wie er jetzt läuft, immer das Nachsehen. Dies zeigt sich auch bei neuen, digitalen Produkten, die zunehmend die Weltwirtschaft bestimmen, wie etwa Software oder E-Books. Weniger als ein Prozent des Welthandels an immateriellen Produkten entfällt auf den afrikanischen Kontinent. Das Gefälle zwischen Nord und Süd ist damit noch größer als beim traditionellen, analogen Handel. Das ist extrem unfair.

Vor allem Kleinproduzenten leiden an den Folgen des ungerechten Welthandels. Sind Kleinerzeuger aus dem Globalen Süden und dem Globalen Norden gleichermaßen betroffen?

Nein. Der ungerechte Welthandel trifft Kleinproduzentinnen und Kleinproduzenten aus dem Globalen Süden viel massiver. Sie werden von ihren Regierungen kaum unterstützt. Außerdem sind sie der Konkurrenz der Industriestaaten und China ausgesetzt: Deutschland beispielsweise überschwemmt die Südmärkte mit subventioniertem Hähnchenfleisch und bedroht Landwirte im Globalen Süden dadurch. So was passiert unseren Bäuerinnen und Bauern umgekehrt ja seltener. Diese leiden eher an der einheimischen Konkurrenz durch die großen und industriellen Landwirtschaftsbetriebe.

Wie sähe denn ein wirklich gerechter Welthandel aus?

Ein bisschen wie der Faire Handel. Ein gerechter Welthandel müsste erstens garantieren, dass die Menschen- und Arbeitsrechte eingehalten und höhere Löhne und Erntepreise bezahlt werden. Das tut der Faire Handel. Ein gerechter Welthandel darf – zweitens - ungleiche Akteure nicht gleich behandeln. Auch der Faire Handel konzentriert sich auf die Benachteiligten und stärkt die Schwachen und Schutzbedürftigen. Und drittens müsste ein gerechter Welthandel alles unternehmen, die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung umzusetzen. Die Staatengemeinschaft hat diese SDGs 2015 verabschiedet.

Wer muss einen solchen Wandel anstoßen?

Die einzelnen Staaten. Denn die WTO ist Dreh- und Angelpunkt, wenn man einen gerechten Welthandel möchte. Sie müsste reformiert werden – und das können nur die Regierungen der Mitgliedsstaaten. Auch die Europas. Schließlich haben sie die SDGs unterschrieben.

Könnten und müssten nicht auch Unternehmen Vorreiter sein und sich verpflichten, soziale und ökologische Standards einzuhalten und künftig fair zu spielen?

Ja, auch Unternehmen können auf Nachhaltigkeitsstandards setzen. An solchen Firmen wiederum können sich andere Firmen orientieren. Das Problem ist: solche Ansätze sind begrenzt und freiwillig.

Ist der Faire Handel Vorbild für einen gerechteren Welthandel?

Ja. Denn der Faire Handel hält zwei wichtige Prinzipien hoch, die einen gerechten Welthandel befördern: Der Faire Handel achtet auf Nachhaltigkeit. Und er ist kompatibel mit der Agenda 2030.

Glauben Sie, dass der Faire Handel eines Tages nicht mehr gebraucht wird, weil der gesamte Welthandel fair läuft?

Darauf deutet leider nichts hin. Es zeichnet sich sogar ab, dass sich die Ungleichheiten verstärken und der Welthandel noch ungerechter wird. Die Wertschöpfung findet in den Schwellen- und Industriestaaten statt. Dort bleibt der Hauptteil des Profits. Das wird sich auf Weiteres nicht ändern. Die Akteure, die zu den Gewinnern zählen, haben kein Interesse daran. Umso wichtiger ist der Faire Handel mit seinen mutigen kleinen Schritten. Doch damit er vom guten Beispiel zum Standard wird und ein gerechter Welthandel überhaupt eine Chance hat, brauchen wir struktureller Veränderungen und klare gesetzliche Regelungen.

 

Das Interview führte Martina Hahn. Weiterführende Informationen finden sich in der Brot für die Welt Publikation 50 Jahre Fairer Handel 'Es geht auch fair - Erfolge. Herausforderungen.

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