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Kleine Ernte. Große Unsicherheit.

KleinbäuerInnen und ArbeiterInnen in Peru werden in der Corona-Krise mit den zusätzlichen Kosten und Ernteausfällen bisher allein gelassen. Einige Fairhandelsunternehmen zeigen, wie sie Verantwortung gegenüber ihren Handelspartnern am Anfang der Lieferkette übernehmen.

 

Gemeinsam verfasst mit Mariela Portugal, Projektverantwortliche Peru

 

Von Teresa Hoffmann am
Waschstation Bananen

Waschstation fair und ökologisch produzierter Bananen in Piura, Peru.

Die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Peru hatte bereits vor der Covid-19- Pandemie mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Die negativen Auswirkungen des Klimawandels sind in der nördlich gelegenen Provinz Piura unter anderem durch ungewöhnliche Temperaturen deutlich zu spüren. Bananen- und KakaoproduzentInnen klagten im Jahr 2019 über außergewöhnlich kalte Temperaturen und seit Anfang des Jahres gab es kaum Niederschlag, was unter anderem zur Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten und einer niedrigen Produktivität und somit zu einer geringeren Ernte führte. Seit dem 19. März ist in Peru aufgrund der Corona-Pandemie der nationale Notstand ausgerufen und die Menschen sind dazu verpflichtet zu Hause zu bleiben. Gleichzeitig wurde ein Gesetz für Militär- und Polizeibeamte verabschiedet, das den Beamten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Immunität garantiert, selbst wenn Zivilisten Schaden zugefügt wird. Auf die ProduzentInnen und ArbeiterInnen im Norden Perus, Hauptanbaugebiet von Exportprodukten, wie zum Beispiel fair und ökologisch produzierten Bananen, Mangos oder Kakao, haben diese Maßnahmen drastische Auswirkungen, wie unsere Partnerorganisation CIPCA berichtet.

Hohe Kosten – große Unsicherheit

Die Pandemie wirkt sich nicht nur auf die Gesundheit, Sicherheit und die Ernährung der KleinbäuerInnen und Arbeiterinnen aus. Die Kosten für Grundnahrungsmittel haben sich bereits stark erhöht. Sie beeinträchtigt darüber hinaus auch ihre Produktions- und Erntetätigkeiten und damit ihre Haupteinnahmequelle. Viele Kooperativen mussten ihre Aktivitäten aufgrund der von der Regierung beschlossenen Notfallmaßnahmen stark verringern oder gar einstellen, wie Santiago Paz, Vertriebsleiter der Kooperative Norandino, berichtet. Als unmittelbare Folge der Ausgangssperren sind die Transport- und Frachtkosten extrem angestiegen. Für die Sondergenehmigungen für Lastwagen, die die Ernte von den ProduzentInnen oder den Kooperativen in die Städte oder die Häfen bringen, müssen hohe Beträge bezahlt werden. Auch die Produktionskosten, wie zum Beispiel Verpackungsmaterial, haben sich aufgrund von Grenzschließungen und erhöhten Transportkosten, erhöht. Zudem müssen Schutzkleidung, wie Masken oder Handschuhe sowie Desinfektionsmittel zum Schutz der ArbeiterInnen, wie beispielsweise in den Packstationen für Bananen, beschafft werden. Die Frage, die sich viele Kooperativen und auch unsere Partner aus Peru stellen, ist: Wer soll für diese unvorhergesehenen Extra-Kosten aufkommen? Der Präsident der Kooperative ASPROBO in Peru beklagt, dass sich die gestiegenen Produktionskosten nicht im Bananenpreis wiederspiegeln und die zusätzlichen Kosten allein von den Menschen am Anfang der Lieferkette getragen werden. Der Kakaopreis ist seit Beginn der Corona Krise sogar drastisch gesunken, wie das INKOTA-Netzwerk berichtet. Viele ProduzentInnen erhoffen sich Solidarität und Unterstützung seitens ihrer Regierung, aber auch von den internationalen Importunternehmen, die ihrerseits auch ein Interesse am Erhalt der langfristig gewachsenen Handelsbeziehungen haben müssten. In Piura werden 30 Prozent der Jahresernte im Kakaosektor zwischen Februar und Juni geerntet, also jetzt. März und April sind die ertragreichsten Monate. Jedoch kann ein Großteil der Ernte aufgrund der Ausgangsbeschränkungen aktuell nicht eingeholt werden, erklärt Merly Castillo, Vertriebsleiterin der Kooperative APPROCAP. Die Kooperative, die bio-zertifizierten Kakao anbaut, rechnet mit einem Ernteverlust von etwa 50 Prozent. Somit bleibt die große Unsicherheit, dass Strafzahlungen fällig werden, wenn die im Vorjahr vertraglich festgelegten Volumina nicht geerntet und somit den Handelspartnern der Kooperative nicht bereitgestellt werden können. Große Sorge der Beschäftigten und Mitglieder von APPROCAP ist auch, ob die Häfen für Lebensmitteltransporte geöffnet bleiben und ob Kakao als prioritäres Produkt gezählt und von Einfuhrbeschränkungen ausgenommen wird. Hauptabnehmer von APPROCAP sind spanische Importeure, eines der am stärksten von Corona betroffenen Länder.

Verantwortung übernehmen und Solidarität zeigen– was heißt das?

Während große Modeketten Schlagzeilen damit machen, Zahlungen für bereits fertig gestellte Ware zu verweigern oder Aufträge in Milliardenhöhe zu stornieren und dementsprechend Millionen von NäherInnen ihren Lohn nicht erhalten oder gar entlassen werden, zeigt der Faire Handel wie man in globalen Lieferketten Verantwortung übernimmt und dass die Instrumente des Fairen Handels auch oder vor allem in Krisenzeiten einen großen Unterschied für die Existenz von ProduzentInnen und ArbeiterInnen machen. Die deutsche Fairhandels-Importorganisation GEPA bestätigt, dass sie keine einseitigen Stornierungen von Aufträgen vollziehen wird. Bei Lieferverzögerungen und –ausfällen, wie es viele Kakao- und KaffeeproduzentInnen aktuell in Piura befürchten, werden zudem auch keine Vertragsstrafen fällig. Zudem wird es auch weiterhin eine Vorfinanzierung der Lieferungen geben. Die Vorfinanzierung der Ware oder Ernte ist eine Art zinsgünstiger Kredit, den die Handelspartner der GEPA beantragen können, wenn sie vor Lieferung der Ware Geld für die Produktion benötigen. Bei verspäteter Lieferung der Produkte, wie es jetzt teilweise der Fall ist, kann der Zeitraum der Vorfinanzierung verlängert werden. Auch Fairtrade International hat Maßnahmen zur Unterstützung von ProduzentInnen und ArbeiterInnen ergriffen. Beispielsweise wurden die Regeln zur Prämienverwendung gelockert. Die Fairtradeprämie ist eine Extrazahlung, zusätzlich zum Fair-Handels- Mindestpreis, und beträgt bei bio-fairen Bananen aus Peru derzeit 1 US-Dollar pro Kiste (18,4 kg). Die Prämie wird in der Regel zweckgebunden zum Beispiel für Fortbildungen verwendet. Derzeit können die Prämien jedoch ohne Zweckbindung an die ProduzentInnen ausgezahlt werden um zum Beispiel Lohnverluste auszugleichen, medizinische Ausrüstung zu kaufen oder auch zur Zusammenstellung von Lebensmittelpaketen. Neben der direkten Unterstützung versuchen zahlreiche Fairhandelsakteure auch durch Lobby- und Advocacyarbeit politische Akteure für die Unterstützung ihrer Partner im Globalen Süden zu gewinnen und sich für deren Belange einzusetzen. Auch die Forderung nach einem Lieferkettengesetz ist aktueller denn je, denn in der Corona-Krise müssen alle Akteure zusammenarbeiten und Unternehmen müssen auch am Anfang ihrer Lieferkette in angemessener Weise Verantwortung übernehmen. Wie das geht, machen einige Fairhandels-Unternehmen bereits vor.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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