Der diesjährige Weltwasserstag am 22. März steht unter dem Motto "Wasser und Klimawandel". Ein wichtiges Thema, denn durch Wasser werden die weitreichenden Folgen der globalen Erderhitzung besonders greifbar. In Deutschland haben zwei trockene Sommer in Folge der Landwirtschaft schwer zugesetzt und die Realität des Klimawandels ins öffentliche Bewusstsein katapultiert. Hitzewellen, Dürreschäden und brennende Wälder haben gezeigt, wie verwundbar und unvorbereitet selbst wohlhabende Industrieländer gegenüber der eskalierenden Klimakrise sind. Dabei ist das nur ein Vorgeschmack auf Katastrophen, die in anderen Teilen der Welt längst bittere Realität sind. Fast immer geht es dabei um zu viel oder zu wenig Wasser.
Auf Dürre folgt Flut
Die Prognosen des Weltklimarats sind deutlich: Es wird heiß, trocken und extrem werden. Hitzewellen, Dürren und schmelzende Gletscher verschärfen die angespannte Lage in vielen wasserarmen Gebieten. Dazu gehören weite Teile Afrikas, Südasien sowie viele Andenländer. Regenzeiten verschieben sich, fallen aus und werden unberechenbarer. Die zunehmende Variabilität der Niederschläge führt auch dazu, dass sich Trockenheit und Starkregenfälle in manchen Gebieten sogar gleichermaßen verstärken.
Wie brutal das Wetter werden kann, zeigte sich Ende letzten Jahres vor allem in Ostafrika, wo Extremniederschläge zu heftigen Überschwemmungen führten. Zuvor hatten vielen Menschen dort noch unter den Folgen langanhaltender Dürren gelitten. Die ausgedörrten Böden konnten die Wassermassen nicht mehr aufnehmen. Felder, Straßen und Häuser wurden einfach weggespült. Die Trinkwasserversorgung ist über Nacht zusammengebrochen.
In Küstenländern wie Bangladesch erleben die Menschen hautnah, was es heißt, wenn der Meeresspiegel immer weiter steigt und Salzwasser ihre Äcker und Brunnen verseucht. Da auch die Intensität von Wirbelstürmen durch die Erderhitzung zunimmt, kommt es dort auch immer häufiger zu schweren Flutkatastrophen.
Klimabedingte Schäden belaufen sich bereits jetzt auf dreistellige Milliardenbeträge pro Jahr. Sie belasten überdurchschnittlich die Staatshaushalte armer Länder und damit auch ihre Fähigkeit in den Ausbau sicherer Trink- und Abwassersysteme zu investieren. Als der Zyklon Idai im März letzten Jahres weite Teile Mosambiks verwüstete, verursachte er Schäden in Höhe von rund 2 Mrd. US$. Das entspricht mehr als 10% der Wirtschaftskraft des armen Landes. Kurze Zeit später wurde Mosambik von einem weiteren Zyklon, Kenneth, getroffen.
Raubbau an einer kostbaren Ressource
Ein ungebremster Klimawandel hätte dramatische Folgen für die regionale Wasserverfügbarkeit. Doch er ist längst nicht das einzige Problem. Während sich die Weltbevölkerung in den letzten 100 Jahren verdreifacht hat, stieg der Wasserverbrauch sogar um das Sechsfache an. Fast 70 % davon gehen auf das Konto der oft industriellen Bewässerungslandwirtschaft. Aber auch Bergbau, Industrie und wachsende Städte haben die Grenzen nachhaltiger Wassernutzung vielerorts längst überschritten. Mit anderen Worten: Die gleichen globalen Eliten und Konzerne, die für den Großteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, übernutzen und verschmutzen auch die natürlichen Wasserquellen.
Auch Maßnahmen der Klimapolitik können die Wasserkrise verschärfen. Viele Länder setzen beim Ausbau regenerativer Energien auf Wasserkraft durch große Staudammprojekte. Dabei ist diese Art der Energiegewinnung alles andere als naturverträglich, sondern zerstört Flüsse und damit die sensiblen Wasserkreisläufe ganzer Regionen. In den letzten Jahren hat auch die massive Ausweitung der Bioenergieproduktion zu steigender Konkurrenz um Wasser, Land und den Anbau von Nahrungsmitteln geführt. Die Annahme vieler Klimaszenarien, wonach sich ein großer Teil an Treibhausgasen durch großflächige Bioenergieplantagen wieder aus der Atmosphäre ziehen ließe, ist schon mit Blick auf die dafür benötigte Bewässerungsmenge höchst problematisch.
Wassermangel ist kein Schicksal
Ob Menschen genug Wasser haben, hängt aber nicht nur von der verfügbaren Wassermenge ab, sondern ist auch eng mit Armut und Diskriminierung verknüpft. Schon heute haben mehr als zwei Milliarden Menschen keinen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser. Vielen davon bleibt nicht mehr genug Wasser für regelmäßiges Händewaschen, um sich vor Krankheiten wie dem Corona-Virus zu schützen. Das ist aber keine Folge des Klimawandels, sondern in erster Linie ein gravierendes Verteilungs- und Gerechtigkeitsproblem. So zeigt der Weltwasserbericht große Unterschiede ‒ zwischen Arm und Reich sowie zwischen Stadt und Land. Vor allem marginalisierten und einkommensschwachen Gruppen fehlt der Zugang zu sauberem Wasser. Oft mangelt es an finanziellen Ressourcen oder auch schlicht an politischem Willen, die ärmste Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. So werden viele Menschen in Slums und informellen Siedlungen vom städtischen Versorgungsnetz nicht erreicht, während die Bewohnerinnen und Bewohner in wohlhabenden Stadtquartieren problemlos ihre Pools und Gärten bewässern können.
Noch schwieriger ist die Situation auf dem Land. Dabei geht es nicht nur um Trinkwasser, sondern auch um Wasser für die Landwirtschaft und damit um die Ernährungssicherheit. In vielen Ländern müssen Kleinbauern- und nomadische Viehhirtenfamilien fürchten, bei dem verschärften Wettbewerb um Wasser leer auszugehen. Gleichzeitig werden die „Cash Crops“ der industriellen Exportlandwirtschaft wie Soja, Baumwolle oder Avocados intensiv bewässert. Hier zeigt sich auch die globale Dimension von Wasserungerechtigkeit. Durch den Export wasserintensiver Produkte wird auch das für die Erzeugung nötige Wasser in virtueller Form aus den Anbauregionen exportiert. Vor allem in trockenen Regionen, die für den Weltmarkt produzieren, fehlt dieses Wasser dann sehr real den Menschen vor Ort.
Ungleichheit und Diskriminierung beenden
Um das Menschenrecht auf Wasser weltweit zu verwirklichen, braucht es neben einer ambitionierten Klimapolitik auch eine gerechte Verteilung und nachhaltige Nutzung der knappen Wasserressourcen. Deutschland steht hier nicht nur als Klimasünder besonders in der Pflicht. Auch über die Weltmärkte sind wir direkt beteiligt am Wassermangel anderer Länder. Risiken für die lokale Wasserversorgung durch Handelsabkommen oder Agrarlieferketten deutscher Unternehmen müssen systematisch analysiert und verhindert werden. Kennzeichnungspflichten müssen mehr Transparenz über den Wasserfußabdruck von Lebensmitteln und anderen Produkten schaffen.
Da sich Wasserkonflikte in Folge des Klimawandels in Zukunft noch verschärfen werden, ist es dringend erforderlich, die Rechte benachteiligter Gruppen in den Entscheidungen rund um die Wasserversorgung und Wassernutzung zu stärken. Sie müssen mitentscheiden dürfen und ihre oft informellen Land- und Wasserrechte müssen geschützt und offiziell anerkannt werden. Die Partnerorganisationen von Brot für die Welt leisten dabei eine wichtige Arbeit. Sie klären Menschen über ihre Rechte auf und helfen ihnen dabei, sie auch gegenüber mächtigen und besser organisierten wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen. Denn Wassermangel ist kein Schicksal, sondern die Folge von Diskriminierung und Politikversagen. Das gilt erst recht in Zeiten des Klimawandels.