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Nachbesserungsbedarf bei Nachhaltigkeitsstrategie

Wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss auch Nachhaltigkeit drin sein: Brot für die Welt sieht Nachbesserungsbedarf in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – Insbesondere die internationale Dimension kommt zu kurz.

Von Thilo Hoppe am
Icon: Eine Hand schützend über einen Setzling

Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert und weiterentwickelt. Ging es 2002 in der ersten Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung fast nur um den nationalen Umweltschutz, so erhebt die DNS seit 2016 auch den Anspruch, darzulegen, welche Beiträge Deutschland zur Umsetzung der im Rahmen der Vereinten Nationen beschlossenen Agenda 2030 leisten will.

Doch die internationale Dimension kommt noch immer zu kurz. Dies hat jetzt auch Brot für die Welt in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf zur Weiterentwicklung der DNS kritisiert. Zwar orientiert sich die DNS weiterhin an der Struktur der Agenda 2030, beleuchtet in speziellen 17 Kapiteln die 17 Ziele für eine globale nachhaltige Entwicklung (SDGs) und hebt die deutschen Beiträge zu ihrer Erreichung hervor. Doch zum Monitoring gibt es nur wenige Indikatoren, die auch die internationale Dimension umfassen. Das muss sich dringend ändern.

Nahrung ist ein Menschenrecht

Immerhin wurde bei der Aktualisierungsrunde 2018 ein von Brot für die Welt vorgeschlagener Indikator zu SDG 2 (Den Hunger beenden und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern) aufgenommen: Seither wird der deutsche Beitrag zur Stärkung des Rechts auf Nahrung gemessen. Der nun vorliegende Regierungsentwurf sieht vor, diesen Indikator noch stärker darauf zu fokussieren, wie Deutschland Partnerländer der Entwicklungszusammenarbeit darin unterstützt, die Leitlinien der Welternährungsorganisation FAO zum Recht auf Nahrung anzuwenden und daran orientierte Strategien zur Hungerbekämpfung zu entwickeln. Ausreichend Zugang zu gesunder Nahrung ist ein Menschenrecht, das allen zusteht aber noch immer viel zu vielen vorenthalten wird.

Die Bundesregierung muss nun bei der Weiterentwicklung der DNS auch zu weiteren SDGs internationale Indikatoren entwickeln. Dass SDG 1, das erste und wohl wichtigste Ziel, das die Überwindung von extremer Armut auf der ganzen Welt vorsieht, in der DNS keinen internationalen Indikator hat, ist besonders schmerzlich. Brot für die Welt hat einen konkreten Vorschlag auf den Tisch gelegt: in Partnerländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit den Anteil der Bevölkerung zu messen, der durch den Auf- und Ausbau sozialer Sicherungssysteme so geschützt ist, dass im Falle von Krankheit und Arbeitsunfähigkeit keine existenzielle Not droht. Dies ist in Zeiten von Corona besonders wichtig.

Wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss auch Nachhaltigkeit drin sein

Weitere Vorschläge von Brot für die Welt beziehen sich auf SDG 12 (Nachhaltige Produktions- und Konsummuster fördern). Sie zielen darauf ab, eine staatliche Prüfinstanz zu schaffen, die im „Siegeldschungel“ Spreu von Weizen trennt. Wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss auch Nachhaltigkeit drin sein. Dies ist leider nicht immer der Fall. Neben seriösen Gütezeichen wie etwa dem Fairtrade-Siegel gibt es auch solche, die nicht halten, was sie versprechen. Der von Brot für die Welt vorgeschlagene staatliche „Siegel-TÜV“ ist auch notwendig, um im öffentlichen Beschaffungswesen neben staatlichen Siegeln wie dem Blauen Engel und dem Grünen Knopf auch glaubwürdige Siegel gemeinnütziger privater Träger nutzen zu können.

Die Liste unserer konkret umsetzbaren Verbesserungsvorschläge ist lang. Dazu gehört auch, beim Rohstoff- bzw. Materialverbrauch nicht nur die Effizienz zu messen, sondern durch mehr Kreislaufwirtschaft und Sparsamkeit den Materialverbrauch pro Kopf zu senken. Effizienzindikatoren sind generell mit Vorsicht zu genießen: Wenn man beispielsweise den Treibstoffverbrauch in Relation zum bewegten Gewicht setzt, wird plötzlich ein Leopard-2-Panzer „klimaschonender“ als ein Fiat 500.

Gut, dass die Bundesregierung viele Akteure in den Konsultationsprozess zur Weiterentwicklung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie einbezieht. Aber nicht alle wollen dazu beitragen, dass das Ambitionsniveau gesteigert wird und Deutschland größere Beiträge im Kampf gegen extreme Armut, Hunger und Klimawandel leistet. Manche Vertreter von Interessengruppen stehen auch auf der Bremse oder schlagen Indikatoren vor, die zu keinen Veränderungsprozessen führen.

Viele gute Ansätze, mehr Tempo nötig

Eines steht für uns fest: Wir lassen nicht locker. Denn auch wenn wir in dem Regierungsentwurf viele gute Ansätze erkennen: Es geht uns nicht schnell genug. Vieles ist zu zaghaft, zu halbherzig – und, ja: zu wenig international.

Deshalb werden wir weiter konkrete Vorschläge liefern, in die Dialoge gehen mit den Verantwortlichen in der Bundesregierung und versuchen, sie zu überzeugen – in der Hoffnung, dass die finale Fassung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die im Frühjahr 2021 verabschiedet werden soll, besser sein wird als der jetzt vorlegte Regierungsentwurf.

 

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