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Grundeinkommen gegen Ausbreitung des Coronavirus

Lucía lebt vom Verkauf von Mittagessen an ihrem informellen Stand im Zentrum von La Paz. Wie vielen anderen bleibt ihr im Corona-Lockdown die Wahl, Ansteckung und polizeiliche Sanktionen zu riskieren oder ihre Kinder hungrig ins Bett zu schicken. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) schlägt jetzt eine Alternative vor: ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Von Nicola Wiebe am
Bedingungsloses Grundeinkommen

Ein Grundeinkommen kann Menschen in Zeiten der Pandemie absichern.

Ein Alternativvorschlag liegt auf dem Tisch

Vor dem Hintergrund von mehr als 1,5 Mio. Neuinfektionen pro Woche macht das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen einen weitreichenden Vorschlag: die befristete Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für arme und vulnerable Bevölkerungsgruppen in 132 Entwicklungsländern. Das Grundeinkommen soll es 2,7 Milliarden Menschen sechs Monate lang ermöglichen, zuhause zu bleiben ohne Not zu leiden. Das könnte den Anstieg der COVID-19 Fälle bremsen, insbesondere in Ländern wie beispielsweise Bolivien, in denen 7 von 10 ArbeitnehmerInnen im informellen Sektor arbeiten und bislang nur selten über eine ausreichende soziale Absicherung verfügen.

Die Autoren der Studie werden konkret. Sie rechnen verschiedene Modellvorschläge durch. Die Kosten der bescheideneren Variante beziffern sie mit 199 Mrd. US$ pro Monat. Aber ein Finanzierungsvorschlag wird ebenfalls vorgelegt. Ein umfassendes Schuldendienst-Moratorium für alle Entwicklungsländer würde es den Staaten ermöglichen, 3,1 Billionen US$ vorübergehend umzuwidmen. Der UN-Generalsekretär hatte dies bereits in einem früheren Stadium der Pandemie im April dieses Jahres gefordert. Der lesenswerte Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Einführung eines solchen Grundeinkommens nicht nur durchführbar, sondern auch dringend erforderlich ist, wenn ein Abflachen der Kurve von Neuinfektionen und eine Überwindung der Pandemie tatsächlich erreicht werden soll.

Eine hoffnungsvolle Perspektive

Die Wahl zwischen Ansteckungsrisiko und Hunger in einem repressiven Lockdown-Szenario ist nicht alternativlos. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen hat sich getraut, einen anspruchsvollen Vorschlag zu machen. Regierungen und Weltgemeinschaft sind aufgefordert, dies als Herausforderung zu mutigen Schritten anzunehmen und soziale Sicherheit für alle Menschen jetzt mit höchster Priorität voranzutreiben. Sie haben sich schon oft in internationalen Erklärungen und Vereinbarungen dazu verpflichtet, Zugang zu Gesundheitsdiensten und minimale Einkommenssicherheit für alle zu gewährleisten (u.a. Art. 9 und 12 des Internationalen Pakts über WSK Rechte (1966), ILO-Empfehlung 202 (2012)).

Die Herausforderungen der Umsetzung sind enorm, nicht nur auf der Finanzierungsseite. Der Auf- und Ausbau von Strukturen, die die Sozialleistungen zuverlässig an die Menschen bringen, die bislang nicht abgesichert sind, ist ein anspruchsvolles Unterfangen. Gerade deshalb ist es notwendig, langfristige soziale Sicherungssysteme aufzubauen mit politischem Willen und Eigenverantwortung und unter breiter, auch zivilgesellschaftlicher Beteiligung im Land. Gleichzeitig ist internationale Unterstützung unabdingbar, insbesondere in bevölkerungsreichen Ländern mit niedrigem Einkommen und geringer Kapazität der Steuererhebung.

Jenseits der Wahl zwischen Pest und Cholera gibt es eine Vision einer Gesellschaft, die ihre Mitglieder in dieser und zukünftigen Krisen schützt, langfristig und rechtebasiert. Soziale Sicherheit als integraler Bestandteil einer neuen Normalität – eine hoffnungsvolle Perspektive.

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