Welttag des Bodens – Bodenleben erhalten heißt Vielfalt fördern!
Der Boden ist in einigen Aspekten sogar mit uns Menschen vergleichbar. Die dünne, oberste Schicht des Bodens ist wie eine Haut, die unseren Planeten bedeckt. Sie grenzt die tieferen Schichten, die vor allem Gesteinsmaterial, Kohlenstoff und Rohstoffe lagern, ab und bildet nach außen eine Interaktionsfläche mit all den überirdischen Einflüssen der Natur und des Menschen. Im Inneren hält der Boden, genauso wie wir, ein Mikrobiom, welches eine unglaubliche Vielzahl von Bakterien, Insekten und Kleinstlebewesen beherbergt. Die Biodiversität des Bodens macht 25% der gesamten Vielfalt der Erde aus ist und ist ein elementarer Bestandteil vieler Ökosystemkreisläufe, die unter anderem das Klima regulieren. Überdies erfüllt der Boden für uns sogenannte Ökosystemfunktionen, welche unter anderem die Basis für unsere Nahrungsproduktion bilden und unsere Wasserversorgung sicherstellen. Ein humusreicher und lockerer Boden kann viel Wasser und Nährstoffe speichern und diese, mithilfe der Bodenbakterien, auch an andere Pflanzen abgeben. All diese Vorteile, die ein gesunder Boden uns bringt, gilt es zu feiern. Und zu schützen. Denn der Boden ist in Gefahr.
Wir Menschen treten den Boden mit Füßen
Wir Menschen haben den Boden versiegelt, vergiftet, verschmutzt und ausgetrocknet. So sehr, dass die Welternährungsorganisation (FAO) schätzt, dass wir jährlich circa 12 Millionen Hektar fruchtbaren Boden verlieren. Zum Vergleich: Deutschland hat eine landwirtschaftliche Nutzfläche von circa 17 Millionen Hektar. Ungefähr ein Drittel der globalen Böden sind moderat bis stark abgenutzt und nur noch wenig fruchtbar. Die industrielle Landwirtschaft, die auf Monokulturen, unangemessener Bodenbearbeitung und starkem Pestizid- und Düngemitteleinsatz beruht, ist für einen Großteil der weltweiten Bodendegradierung verantwortlich. Dadurch wird auch viel des zuvor im Boden gespeicherten Kohlenstoffs freigesetzt, der dann in der Luft als CO2 die Klimakrise antreibt.
Das Recht auf Nahrung steht in engem Zusammenhang mit lebendigen Böden
Weil unser Wohlergehen und unsere Gesundheit eng mit gesunden Böden verknüpft sind, stellen wir uns mit der Zerstörung fruchtbaren Bodens eigentlich nur selbst ein Bein. Besonders deutlich wird das am Beispiel der globalen Ernährungssicherung. Die steigenden Hungerzahlen machen deutlich, dass das vorherrschende Landwirtschafts- und Ernährungssystem ist nicht in der Lage, die ansteigende Weltbevölkerung mit ausreichend Nahrung zu versorgen. Zwar wird genug produziert, aber die Früchte des Bodens werden nicht gerecht verteilt. Gleichzeitig geht die intensive, industrielle Bewirtschaftung mit zunehmender Bodendegradierung einher, was die Erträge vielerorts bereits stagnieren oder einbrechen lässt. Eine Sicherung der Welternährung kann in Zukunft also nur erfolgen, wenn auch der Bodenaufbau angegangen wird.
Auch der Boden ist was, er (und seine Bakterien) isst
Je mehr die Biodiversität über dem Boden gepflegt wird, umso mehr Vielfalt bildet sich auch im Boden. Die Artenvielfalt auf den landwirtschaftlichen Flächen beruht vor allem auf Saatgutvielfalt und vielfältigen Anbausystemen. Darüber hinaus begünstigen Praktiken wie vielfältige ganzjährige Fruchtfolgen, Mulchen, schonende Bodenbearbeitung und tiefe Wurzeln das Mikrobiom. Eine vielfältige Bakterienfauna ist wiederum ausschlaggebend für das Binden von CO2 im Boden und den Humusaufbau. Wenn das Mikrobiom gesund ist, wird der Boden zu einem sich selbst tragenden Kreislauf und der Einsatz von Pestiziden wird überflüssig. Ein widerstandsfähiges Ökosystem entsteht. Das ist gut für die Umwelt und es garantiert auch langfristig stabilere Erträge, die Klimaschwankungen besser tolerieren. Genau dies hat die Arbeit der Partnerorganisationen von Brot für die Welt im Fokus.
Agrarökologische Landwirtschaft zum Schutz der Böden und der Ernährung
Landwirtschaft und Ernährungssysteme müssen anders ausgerichtet werden und den Zusammenhang zwischen Umwelt-, Tier-, Menschen- und Bodengesundheit einbeziehen. Bei all unseren Aktivitäten sollten wir auch die Auswirkungen auf das Gesamtsystem betrachtet werden. Ganz im Sinne von Agrarökologie und eines umfassenden One Health Ansatzes. Die Agrarökologie, als Grundlage eines umfassenden One Health Ansatzes, bietet hierzu vielversprechende Lösungsansätze.
In vielen unserer Partnerländer gibt es dazu bereits lang praktizierte Beispiele. Wie zum Beispiel im Cerrado in Brasilien unterstützen wir die Partnerorganisation CAA bei Erhalt, Schutz und Nutzung des Cerrado. Damit dort die tiefwurzelnden Bäume und Sträucher erhalten und der Boden den klimatischen Gegebenheiten entsprechend lebendig bleibt und die Wasserspeicherkapazität verbessert wird. Die Forderungen unserer zivilgesellschaftlichen Partnerorganisationen an die Regierungen sind deutlich: Gebt den Kleinbäuer*innen Ernährungs-, Saatgut-Souveränität und Landrechte! Denn nur, wenn sie selbstbestimmt und ohne den Einfluss der großen Industrie handeln können, ist es ihnen möglich, über den Boden zu wachen und mit lokalem Saatgut die Vielfalt auf dem Boden zu kultivieren.
Die Kleinbäuer*innen zusammen mit der Agrarökologie bieten die Lösungen, die wir für ein nachhaltiges Landwirtschafts- und Ernährungssystem brauchen. Aber sie benötigen dafür stärkere Unterstützung von uns und von der Politik.
Am Welttag des Bodens, geht es deshalb nicht nur darum, die Bedeutung des Bodens und der Boden-Biodiversität hervorzuheben, sondern besonders auch unser Wirken darauf kritisch zu hinterfragen und alternative Wege aufzuzeigen.
Laura Stranzl und Stig Tanzmann