In der Agrar- und Ernährungspolitik kann man hier zwei Ereignisse aus entwicklungspolitischer Perspektive hervorzuheben.
Ein Bundestagsbeschluss der vieles verändert
Als erstes ist der Bundestagsbeschluss von SPD, CDU und CSU zu mehr Agrarökologie in der Entwicklungszusammenarbeit zu nennen. Angesichts der sich verschlechternden globalen Ernährungssituation und der Not und Armut bäuerlicher Familienbetriebe im globalen Süden, ist dieser Beschluss notwendig, innovativ und zukunftsweisend. Auf seiner Basis können nun Fehlentwicklungen im BMZ, die zur Förderung vermeintlicher „Grüner Revolutionen“ auf agrarindustrieller Grundlage geführt haben korrigiert werden und sich Agrarförderungen in Partnerstaaten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit am Konzept der Agrarökologie neu orientieren. An diesen Beschluss muss eine neue Regierung anknüpfen und ihn praktisch ausbauen und vertiefen. Agrarökologie muss auch vom neuen Bundestag und der neuen Bundesregierung als agrarpolitisches Leitkonzept gestärkt werden, nicht nur in der Entwicklungszusammenarbeit, sondern auch in der europäischen und deutschen Agrarpolitik.
Agrarökologie als neues Leitblind der Hungerbekämpfung
Eine neue Minister:in muss auch auf internationaler Ebene dem agrarökologischen Prinzip zur Erreichung des „Null Hunger“ Ziels der Agenda 2030 verpflichtet bleiben. In erster Linie bedeutet dies eine Stärkung der Arbeit, des Welternährungsausschuss (CFS) und eine stärkere Unterstützung zur Umsetzung seiner Beschlüsse. Es bedeutet eine Hinwendung zu inklusiven Politikentscheidungen auf Basis des Rechts auf Nahrung zusammen mit den von Hunger Betroffenen und eine Abkehr von unverbindlichen Beschlüssen zur Welternährung in G7 oder G20 Zusammenhängen mit ihren vermeintlichen Lösungen zugunsten von Agrarindustrie und Agrarexportnationen.
Für das BMZ bedeutet dies, endlich den bereits versprochenen Aktionsplan Agrarökologie in der neuen Legislatur vorzulegen. Aus dem Aktionsplan muss klar hervorgehen, wie die neue Bundesregierung in Zukunft das CFS und die agrarökologischen Initiativen der FAO stärker finanziell unterstützt. Diese FAO Initiativen sollten mindestens im dreistelligen Millionen Euro Bereich unterstützt werden, um ihre agrarökologischen Programme zur Umsetzung in den Entwicklungsländern zu verwirklichen. Zusätzlich braucht es ein Agrarökologieprogramm für Frauen im Ernährungssektor, das mit 200 Millionen Euro auszustatten ist, wie es von der Zivilgesellschaft gefordert wird. Gleichzeitig muss das BMZ endlich seine finanzielle und politische Unterstützung für Programme der sogenannten „Grünen Revolution“ wie der Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA) einstellen. Bisher setzt das BMZ die Förderung von AGRA fort, obwohl von der Zivilgesellschaft mit zwei Studien nachgewiesen worden ist, dass AGRA sowohl seine eigenen Ziele verfehlt, als auch einer agrarökologischen Entwicklung schadet. Auch viele Abgeordnete der Opposition haben immer wieder auf diese Fehlstellung hingewiesen und ein Ende der Unterstützung von Projekten der „Grünen Revolution“ gefordert.
Forderungen der Zukunftskommission Landwirtschaft, auch entwicklungspolitisch umsetzen!
Wir unterstützen die entwicklungspolitische Kernforderung der Zukunftskommission Landwirtschaft des BMEL: „Überdies sollte die deutsche Politik im Rahmen von Handelsabkommen den weniger entwickelten Ländern des globalen Südens zugestehen, ihre Märkte für Ernährungsgüter gegen Einfuhren zu schützen, solange dies dem Aufbau eigener Lieferketten für Ernährungsgüter dient. Die Einräumung von Importpräferenzen für die Förderung von Landwirtschaft in Entwicklungsländern muss auch verarbeitete Lebensmittel einschließen, um den Aufbau von Wertschöpfungsketten und Arbeitsplätzen in diesen Ländern zu unterstützen. Dieses Commitment sollte von der deutschen Politik offensiv kommuniziert werden, um eine sichtbare Basis für Handelsvereinbarungen zu schaffen.“
Dieser Beschluss ist auch Ausdruck jahrzehntelanger Aktivitäten von Brot für die Welt und seiner Partnerorganisationen gegen billige, zum Teil subventionierte, Agrarüberschüsse einer EU-Intensivlandwirtschaft, die kleinbäuerlichen Produzent:innen im Globalen Süden massiv schadet. Beide Forderungen, Schutz der lokalen Produktion und Zollfreiheit für verarbeitete Produkte für Arbeitsplätze und höhere Wertschöpfung in den Entwicklungsländern, müssen dringendst von einer neuen Bundesregierung auf allen Ebenen mit Hochdruck umgesetzt werden. Dies muss der Kohärenzrahmen für die zukünftige Agrar- und Handelspolitik Deutschlands und der EU werden, um die Ergebnisse von Jahrzehnten verfehlter Politik zu korrigieren. Dieser Beitrag zur Stärkung der Ernährungssysteme in den Ländern des Globalen Südens sollte darauf bedacht sein, dass er den agrarökologischen Grundsätzen der FAO, zum Beispiel bei der Herstellung von Exportprodukten nicht widerspricht.