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Beteiligt Euch!

Der Ausgang des Wahlkrimis am Sonntagabend wird mit Spannung erwartet. Doch noch spannender wird es nach der Wahl. Egal, welche Parteien eine Regierungskoalition zustande bringen: alles hängt davon ab, wie eine neue Bundesregierung die anstehenden Herausforderungen angehen wird. Auch in Zukunft braucht es eine engagierte Zivilgesellschaft, die den Regierenden Druck macht und Politik mitgestaltet.

Von Dr. Klaus Seitz am
Bild von Demonstrierenden beim Klimastreik am 20.9.2019

Demonstrierende von Brot für die Welt beim Klimastreik 2019

Es ist Zeit zu handeln. Die angesichts der Klimakatastrophe und der globalen Armuts- und Hungerkrisen notwendigen Weichenstellungen wurden schon zu lange verschleppt. Zu Beginn des dritten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts hatten die Vereinten Nationen eine Dekade des Handelns ausgerufen. Die Umsetzung der Ziele für eine global nachhaltige Entwicklung, deren Verwirklichung sich die Staatengemeinschaft bis 2030 vorgenommen hat, dulde keinen Aufschub mehr, hieß es. Das war kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Viele Fortschritte, die bei der Reduzierung der Armut, der Bekämpfung des Hungers, bei den Einschulungsraten oder der Gesundheitsversorgung erzielt werden konnten, hat die Pandemie wieder zunichtegemacht. Die Einlösung des Versprechens, die Menschheit bis 2030 von Hunger und Armut zu befreien, ist in weite Ferne gerückt. Gemessen an deutschen Regierungszyklen bleiben dafür gerade noch zwei Legislaturperioden. Das Zeitfenster, das uns bleibt, um eine nicht mehr einholbare Eskalation der Klimakatastrophe abzuwenden, dürfte sich noch schneller schließen. Die Welt ist dabei, das gesetzte Ziel, die Erderwärmung auf einen Zuwachs von 1,5 Grad zu begrenzen, schon im nächsten Jahrzehnt zu reißen. Wir steuern auf eine Erhitzung des Planeten um 2,7 Grad zu. Man mag sich nicht ausmalen, was das für weite Teile der Bevölkerung bedeutet, die in Küstennähe leben, oder in Regionen, die jetzt schon vermehrt von Wetterextremen heimgesucht werden.

Den ökologischen Fußabdruck verkleinern

Eine deutsche Bundesregierung wird allein weder den Klimawandel aufhalten, noch die Ernährung für bald acht Milliarden Menschen auf der Welt sichern können. Aber sie muss ihren Beitrag dazu leisten, angesichts der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands Verantwortung übernehmen und ihren politischen Einfluss geltend machen. Es führt kein Weg daran vorbei, die Lebens- und Wirtschaftsweise in unserem Land umzustellen. Denn das Ausmaß unseres Energie- und Ressourcenverbrauchs ist nicht weltweit demokratisierbar. Würden alle Menschen so konsumieren und wirtschaften wie wir, bräuchte es drei Planeten. Wir treiben seit Jahrzehnten Raubbau an den Lebensgrundlagen vieler Menschen in anderen Teilen der Welt wie auch der zukünftigen Generationen hierzulande. Wir tragen durch die Art und Weise, wie wir produzieren, konsumieren oder Handel treiben dazu bei, die Erfüllung der Ziele für nachhaltige Entwicklung in anderen Ländern zu behindern. Diese sogenannten „Spillover“-Effekte, die von wohlhabenden Staaten mit einem zu hohen ökologischen Fußabdruck ausgehen, werden in zahlreichen internationalen Studien beklagt. 

Nachhaltige Entwicklung braucht Beteiligung

Die Baustellen auf der Weltbühne sind gewaltig, das haben die Blogs unserer Reihe #brotfürdiewahl gezeigt. Der Handlungsdruck für die kommende Legislaturperiode ist groß. Der notwendige Umbau zu einem nachhaltigen Zivilisationsmodell wird nicht ohne heftige Interessen- und Zielkonflikte abgehen. Gilt es doch abzuwägen, wie weit wir heute mit der Inanspruchnahme uns selbstverständlicher Freiheiten die Freiheitsrechte anderer Menschen jenseits unseres Gesichtsfeldes oder unserer Lebensspanne einschränken und inwieweit wir das tun dürfen oder unterlassen müssen.

Das wird für viele mit erheblichen Zumutungen verbunden sein. Aber diese Aushandlungsprozesse zwischen sich widersprechenden Interessen sind der Kern demokratischer Politik. Jedoch haben in den politischen Institutionen die zukünftigen Generationen meistens ebenso wenig eine Stimme wie die Menschen, die außerhalb der Grenzen eines demokratisch verfassten Gemeinwesens leben. Da die Auswirkungen politischer Entscheidungen in einer globalisierten Welt längst die bisher gewohnten Grenzen von Raum und Zeit überschreiten, offenbart dies ein gravierendes Demokratiedefizit. Ohnehin wird geunkt, die Demokratie sei überfordert, den Weg aus Krisensituationen wie diesen zu weisen, wenn eher die harte Hand der Exekutive gefragt sei. Das Gegenteil ist der Fall: Nachhaltige Entwicklung kann ohne breite Beteiligung der Öffentlichkeit nicht gelingen, der Transformationsprozess muss getragen, gewollt und inspiriert sein von weiten Teilen der Gesellschaft. Das Engagement der Menschen ist überall in der Welt der wichtigste Hebel für den gesellschaftlichen Wandel. Wo diese Beteiligung eingeschränkt oder unterdrückt wird, gefriert das politische System.

Druck von unten bleibt nötig

Hier kommt die Zivilgesellschaft ins Spiel: Sie ist der Raum kollektiven Handelns, sie ist die Arena öffentlicher Meinungsbildung, die nicht der Logik von Macht oder Markt folgt, sondern sich an der Förderung des Gemeinwohls orientiert. Sie ist zudem eine Plattform, die sich dem Schutz der globalen öffentlichen Güter wie der Atmosphäre, der Meere, der biologische Vielfalt, ebenso wie einer rechtebasierten Weltordnung und des Friedens verschrieben hat und die sich grenzüberschreitend vernetzt. Im bürgerschaftlichen Engagement in sozialen Bewegungen, in Umweltverbänden, in Kirchengemeinden, in Weltläden, in Menschenrechtsinitiativen und Nichtregierungsorganisationen erfahren sich Menschen als aktive Bürger:innen einer verflochtenen Welt – und als Christenmenschen erst recht als Teil einer weltumspannenden Gemeinschaft, deren Solidarität keine Grenzen kennt. Die Jugend hat längst ihren Protest auf die Straße getragen, – und tut dies Klimastreiktag am 24. September wieder – hat die Anwaltschaft für die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen übernommen und der Klimapolitik damit Beine gemacht.

Diesen Druck von unten wird es weiterhin brauchen. Nicht nur in Deutschland, sondern ganz besonders auch in jenen Ländern, in denen repressive und autoritäre Systeme den zivilgesellgesellschaftlichen Protest unterdrücken. Es braucht unser aller Engagement, um weltweit demokratische Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Mit dem Kreuz auf dem Wahlzettel am Sonntag ist unserer demokratischen Pflicht noch nicht Genüge getan. Politische Teilhabe fängt damit erst an.

 

Dieser Text ist ein Beitrag in der Reihe #brotfürdiewahl im Vorfeld der Bundestagswahl 2021. Alle weiteren Beiträge finden Sie hier.

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