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Darum ist der Klimagipfel von Glasgow so wichtig

Der Klimagipfel von Glasgow war die erste Weltklimakonferenz, die unser Energiereferent Jaime Fernández Medina vor Ort erlebt hat. Seit Jahren beobachtet der Experte für erneuerbare Energien, wie mühsam und schwerfällig die Energiewende verläuft. In Glasgow hat er selbst gesehen und gehört, warum es so wichtig ist, dass vor allem die Menschen aus dem globalen Süden ihre Forderungen erheben können.

Von Jaime Fernández Medina am
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Der Energiereferent Jaime Fernández Medina mit Delegierten beim Klimagipfel von Glasgow

Die diesjährige 26. Konferenz der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (COP 26) gilt als die wichtigste seit dem Klimagipfel in Paris im Jahr 2015. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die COP 26 ist die erste, auf der die Länder ihre aktualisierten, national festgelegten Beiträge, die sogenannten Nationally Determined Contributions im Rahmen des Pariser Abkommens vorlegen mussten. Es ist die erste zu Beginn des Jahrzehnts, an dessen Ende im Jahr 2030 die Treibhausgas-Emmssionen deutlich zurückgegangen werden sein müssen. Es ist die erste, seit die USA wieder in die internationale Klimadiskussion eingestiegen sind. Und es ist die erste, seit die COVID-Pandemie die Welt erfasst hat.

Ich verfolge das politische Geschehen der COP und die dazugehörige Klimadebatte seit vielen Jahren – sowohl beruflich als auch privat. Ich habe in der Implementierung zahlreicher Projekte der Vereinten Nationen in Ländern wie Mexiko, Guyana, Osttimor und Costa Rica mitgewirkt. Zudem habe ich in der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit gearbeitet. All diese Erfahrungen zeigten mir deutlich, dass die Umsetzung der Klimaziele langsam und häufig unsystematisch geplant und gelöst wird. In diesem Jahr ergab sich für mich die Möglichkeit, erstmals persönlich bei einem Klimagipfel vor Ort sein zu können, um mich umfassend mit dem Verhandlungsprozess zu beschäftigen und Gespräche mit Partnern aus Ländern des globalen Südens zu führen. Da sich meine Arbeit auf den Energiesektor konzentriert, verfolgte ich besonders die Diskussionen und Entwicklungen in diesem Bereich, um zu den Ergebnissen im Bereich der globalen Energiewende beizutragen.

Zur Energiewende gibt es keine Alternative

Das Thema Energie bedarf keinen weiteren Verhandlungen, denn eine vollständige Transformation unserer Energieversorgung von fossilen zu regenerativen Energieträgern wird als unabdingbare Notwendigkeit angesehen. In diesem Zusammenhang gibt es daher bereits zahlreiche Ankündigungen:

  • 190 Staaten, Regionen und Organisationen haben auf dem Klimagipfel einem Ausstieg aus der Kohle auszusteigen.
  • 20 Staaten haben zugesagt, bis Ende 2022 keine Gas- und Ölkraftwerke mehr im Ausland zu finanzieren.
  • Dänemark und Costa Rica haben die Gründung der Beyond Oil and Gas Alliance (BOGA) angekündigt, die am 11. November vorgestellt wordenst ist. Es handelt sich um eine diplomatische Initiative, die jene Länder zusammenbringt, die die Erteilung von Lizenzen für neue Öl- und Gasexplorationen und -förderungen beendet haben und einen Endtermin für ihre Produktion festlegen.

Obwohl sich diese Ankündigungen zunächst positiv anhören, können sie als eine Art Greenwashing oder Irreführung gesehen werden. Beispielsweise gibt es von den 190 Staaten, Regionen und Organisation, die aus der Kohle austeigen wollen, lediglich 77 neue Zusagen. Die restlichen Länder und Organisationen waren bereits der internationalen Initiative „Powering Past Coal Alliance“ von 2017 beigetreten. Zudem haben viele Länder von den eigentlichen 77 neuen Zusagen nie Energie aus Kohle gewonnen. Ähnliches gilt für die 20 Länder, die keine Gas- und Ölkraftwerke mehr im Ausland finanzieren wollen. 10 Unterzeichner dieser 20 Länder bekunden ausschließlich ihre Solidarität mit der Initiative, denn aktuell finanzieren sie keine Projekte im Ausland. Details der BOGA-Initiative sind noch nicht bekannt, aber die Initiative betrifft ausschließlich neue Investitionen. Auch die Finanzierung fossiler Brennstoffe aus privaten Quellen wird von der Vereinbarung nicht betroffen sein.

Die Klimakonferenzen haben trotz aller Kritik ihren Sinn

Viele fragen sich deshalb, ob eine Weltklimakonferenz überhaupt noch etwas bewirken kann. Und was ist mit Brot für die Welt? Was ist überhaupt unsere Rolle auf so eine Konferenz? Können wir überhaupt etwas beeinflussen?

Ich muss zugeben, dass ich mir genau diese Fragen auch gestellt habe. Aber nach meiner Erfahrung in Glasgow sehe ich sogar noch stärker die Notwendigkeit, sich dem Kampf gegen den Klimawandel gewissenhaft zu stellen und sich dabei der Verpflichtungen und Auswirkungen bewusst zu sein, die diese Krise umfasst. Zudem ist extrem wichtig, dass die Menschen aus dem globalen Süden, die sich bereits heute an der Frontlinie dieser Krise befinden und ihre Leben und Existenzgrundlagen bereits verlieren, teilnehmen und selber ihre Geschichte erzählen. Ich konnte erleben, wie wichtig eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit unseren Partnern, aber auch mit anderen Organisationen aus der Zivilgesellschaft ist, um als wichtiges Korrektiv für das Handeln der Regierungen zu agieren. Die Arbeit, die wir bei Brot für die Welt zusammen mit unseren Partnern aus dem globalen Süden machen, ist sehr wichtig, damit Wirtschaft und Politik nicht die einzigen Akteure bleiben. In diesem Jahr war die Anzahl der Teilnehmenden aus der Kohle-, Öl- und Gaslobby noch größer als die Delegation Brasiliens – die größte Delegation auf der COP. Gerade deshalb ist es unsere Pflicht, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

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