Das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung in Teilen als verfassungswidrig erklärt. Es verletzt die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen. Damit ist das Urteil nicht zuletzt eine Ohrfeige für diejenigen, die bisher Klimaschutz und Freiheit (wessen Freiheit eigentlich genau?) gegeneinander ausgespielt haben.
So weit, so gut, könnte man sagen. Für die politische Handlungsfähigkeit einer Regierung ist es jedoch kein gutes Zeugnis, wenn sie sich von Gerichtsentscheidungen treiben lassen muss.
Einhaltung des Pariser Klimaabkommen sicherstellen
Es ist durchsichtig, dass jetzt allenthalben ausgerechnet diejenigen, die das unzureichende Gesetz zu verantworten haben, behaupten, sie hätten immer schon ambitionierter sein wollen. Sie stehen jetzt in der Pflicht, ambitionierten Klimaschutz gesetzlich vorzuschreiben – noch vor der Bundestagswahl. Dazu gehören verbindliche Minderungsziele, die sicherstellen, dass wir die Vorgaben aus dem Pariser Klimaabkommen einhalten.
Toxische Melange: COVID19, Klimakrise und Staatsverschuldung
Dabei muss sich die Bundesregierung an einem global gerecht verteilten CO2-Budget orientieren. Denn die weitere große Gerechtigkeitsfrage der Klimakrise ist die der globalen Gerechtigkeit. Die Ärmsten und Verletzlichsten im Globalen Süden leiden jeden Tag unter unserer klimapolitischen Ignoranz. In vielen Ländern vermischen sich gerade die Folgen von Covid19, die Auswirkungen Klimakrise und eine massive Staatsverschuldung zu einer toxischen Melange.
Ländern des Südens müssen Schuldenerlasse ermöglicht werden
Beim Petersberger Klimagipfel in der kommenden Woche hat die Bundesregierung die Chance, in dieser Gerechtigkeitsfrage Handlungsfähigkeit zu zeigen: Sie sollte die jährlichen Mittel für die Klimafinanzierung aus dem Bundeshaushalt bis 2025 von derzeit rund vier auf mindestens acht Milliarden Euro steigern. Die Hälfte davon muss für Maßnahmen zur Anpassung an die klimatischen Veränderungen reserviert werden, die andere Hälfte Klimaschutzmaßnahmen finanzieren. Dazu muss Angela Merkel sich international für Schuldenerlasse für die Länder des Südens einsetzen, um ihnen den Weg aus der Abwärtsspirale zu ermöglichen. Auch mehr Mittel zur Bewältigung klimabedingter Schäden und Verluste werden dringend gebraucht.
Klimaschutz ist eine Frage von Gerechtigkeit und Freiheit
Die Verantwortung für Klimaschutz und für Bewältigung der Folgen der Klimakrise darf weder in die Zukunft noch ans andere Ende der Welt verschoben werden. Nicht nur zwischen Generationen, auch global ist Klimaschutz eine Frage von Gerechtigkeit und Freiheit – nicht nur unserer Freiheit, sondern eben auch der Freiheit der anderen.