Analyse

Einigung beim Lieferkettengesetz

Nach langem Gezerre hat sich die Bundesregierung endlich auf den Entwurf für ein Lieferkettengesetz geeinigt. Das ist ein wichtiger Schritt für die Verbesserung des Menschenrechtsschutzes entlang von Lieferketten. Zentrale Elemente, wie die Regelung der zivilrechtlichen Haftung, fehlen aber. Eine Nachbesserung im parlamentarischen Prozess ist daher nötig.

Von Maren Leifker am
Initiative Lieferkettengesetz Auftakttreffen vorm Bundestag

Was lange währt...

Seit Ende der Überprüfung des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte im Sommer 2020, die deutschen Unternehmen eine katastrophal schlechte Menschenrechtsbilanz bescheinigte, verhandelt die Bundesregierung über die konkrete Ausgestaltung eines Lieferkettengesetzes. Das Arbeit- und Entwicklungsministerium hatten schon Anfang 2020 konkrete Vorschläge vorgelegt, wie deutsche Unternehmen zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen entlang ihrer Lieferketten verpflichtet werden können. Diese Vorschläge wurden aber vom Wirtschaftsministerium blockiert, dass gegen das Gesetz war und versuchte, dass die Anforderungen an Unternehmen möglichst schwach ausgestaltet werden. Dabei stellte das Ministerium auch Forderungen auf, die hinter den internationalen Standards der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zurückblieben, etwa eine Beschränkung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten auf dikrete Zulieferer.

Dass nun heute trotzdem eine Einigung erzielt werden konnte und Chancen bestehen, dass in Deutschland noch vor dem Ende der Legislaturperiode im September 2021 ein Lieferkettengesetz verabschiedet wird, ist auch ein Erfolg von Unternehmen wie Brot für die Welt, die sich in der Initiative Lieferkettengesetz dafür engagieren - und mit vereinten Kräften eine beeindruckende öffentliche Aufmerksamkeit und Unterstützung für das Thema erreicht haben: nicht nur, dass sich in der Initiative selber inzwischen mehr als 120 Organisationen engagieren, die Initiative hat auch erreicht, dass sich dutzende Ökonom*innen und Unternehmen in Deutschland öffentlich für ein wirksames Lieferkettengesetz einsetzen.

Ein historischer Durchbruch?

In der Pressekonferenz, bei der die Minister Heil, Müller und Altmaier am Vormittag des 12.2. die Ergebnisse der Einigung bekannt gaben, sprach Heil von "einem hirstorischen Durchbruch für die Menschenrechte" und dass man in Deutschland auf dem Weg zum ambitioniertesten Gesetz in Europa sei. Ob diese Einschätzung so uneingeschränkt geteilt werden kann, bleibt der Bewertung des Referentenentwurfs vorbehalten, mit dessen Veröffentlichung Anfang nächster Woche gerechnet werden kann. Fakt ist, was von dem Gesetz bislang bekannt ist, deutet einige positive Aspekte an -  das Gesetz hat im Rahmen der Kompromissfindung aber auch zahlreiche Federn verloren.

So soll das Gesetz, anders als ursprünglich geplant, nicht für Unternehmen ab 500 Beschäftigten, sondern erstmal nur für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und damit für nur etwa 600 Unternehmen in Deutschland gelten. Zudem soll die zivilrechtliche Haftung von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen im Ausland, an denen sie beteiligt sind, anders als von der Initiative Lieferkettengesetz gefordert, nicht geregelt werden. Dafür haben Betroffene von Menschenrechtsverletzungen, wie Textil-Arbeiter*innen in Osteuropa, die für deutsche Marken unter menschenunwürdigen und krankmachenden Bedingungen schuften müssen, nach wie vor keine Chance von deutschen Gerichten eine Entschädigung zugesprochen zu bekommen, wenn sie z.B. durch Missachtung von Sicherheitsstandards am Arbeitsplatz schwerwiegend in ihrer Gesundheit geschädigt werden. 

Trotzdem ist mit der Einigung auf das Lieferkettengesetz ein wichtiger Durchbruch erzielt worden, weil Deutschland damit dem Märchen von der freiwilligen Selbstverpflichtung von Unternehmen beim Menschenrechtsschutz den Rücken zukehrt. Zumindest eine gewisse Anzahl von Unternehmen in Deutschland muss Menschenrechte entlang ihrer Lieferketten zukünftig verpflichtend berücksichtigen. Im Fall von Verstößen müssen sie mit Bußgeldern und einem Ausschluss von öffentlichen Aufträgen rechnen. Ein erster Schritt ist damit gemacht. Dieser Schritt ist gleichzeitig ein wichtiges Signal für den Prozess der Erarbeitung einer EU-Regelung für nachhaltige Lieferketten, in dem Deutschland sich jetzt viel glaubwürdiger engagieren kann. 

Wie es weitergeht

Der Entwurf für das Lieferkettengesetz muss nun noch vom Bundeskabinett beschlossen und vom Bundstag verabschiedet werden. Im Rahmen der parlamentarischen Debatte ist es entscheidend, dass alle Hebel genutzt werden, um den Entwurf insbesondere im Sinne des Rechtsschutzes von Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen nachzubessern. Damit dies geschieht, ist es wichtig, dass der zivilrechtliche Druck für ein ambitioniertes Lieferkettengesetz weiter aufrecht erhalten wird.

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