Von Januar bis Ende September 2020 erfassten die Vereinten Nationen in Kolumbien 55 Massaker, bei denen auch 19 Minderjährige getötet wurden, sowie 99 Morde an Menschenrechtsverteidiger*innen. Das Menschenrechtszentrum Indepaz registrierte für dieses Jahr bereits 221 Morde an Menschenrechtsverteidiger*innen.
Teilweise werden die schweren Menschenrechtsverletzungen von Militär und Polizei begangen. Dabei war Kolumbien auf einem guten Weg. Nach einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg vereinbarte die kolumbianische Regierung im Juni 2016 mit den Guerilla-Kämpfern der FARC einen Waffenstillstand und ein Friedensabkommen, wodurch Frieden auf der einen Seite und die Aufarbeitung des Konfliktes gewährleistet werden sollten. Doch die Spirale aus Gewalt und Gegengewalt flammt immer wieder auf. Die Ausweglosigkeit und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Zuge der Corona-Pandemie haben ihr Übriges beigetragen, alte Konflikte wieder aufleben zu lassen. Die Gewalt entlädt sich nicht nur auf der Straße und in kriegerischen Auseinandersetzungen. Angst und Traumatisierungen haben die Gewalt längst als Mittel der Konfliktlösung in die Familien hineingetragen.
Umso wichtiger sind Organisationen wie Conciudadanía, die seit Jahren mit Brot für die Welt kooperieren und auch mit personellem Know-How aus Europa die Gewalt beenden wollen. Brot für die Welt beauftragt dann DÜ, um diese und viele andere Entwicklungshilfeprojekte auf der ganzen Welt durch die Vermittlung von Fachkräften zu unterstützen. Conciudadanía, das übersetzt in etwa „Mitbürgerschaft“ bedeutet, steht für eine gewaltfreie Austragung von Konflikten. Dabei setzt diese Organisation auf ziviles Engagement bei der Gestaltung von Lebensperspektiven und die Stärkung der Demokratie. Alle Bewohner*innen sollen an der Regierungsarbeit vor Ort mitwirken und dazu beitragen, dass Konflikte zwischen den Interessengruppen sowie in den Verwaltungen und Institutionen gewaltfrei gelöst werden.
Die von DÜ vermittelten Fachkräfte setzen sich gemeinsam mit Mitarbeitenden des lokalen Trägers dafür ein, alle am Konflikt Beteiligten, darunter auch die Opfer und ehemalige bewaffnete Kämpfer*innen, wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Zudem soll die Teilhabe aller Frauen und Männer im Rahmen des Aufbaus eines demokratischen und sozialen Rechtsstaates gestärkt werden. Mit anderen Wörtern geht es darum, dass einst verfeindete Menschen wieder friedlich zusammenleben können.
Hinweis: Der Artikel wurde auch veröffentlicht in: chrismon plus, 01/2021, S. 32