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Gleich und berechtigt: Feministische Theolog*innen

Zum Internationalen Frauentag wird der Blick fokussiert auf Fortschritte in Sachen Gleichberechtigung und Frauenrechte - auch im kirchlichen Umfeld. Die Coronapandemie zeigt drastisch, wo es am meisten hapert: beim Schutz vor Gewalt. Für das Engagement für Frauenrechte und gegen Gewalt schlägt gerade Theolog*innen selbst Gewalt entgegen, doch sie lassen sich nicht einschüchtern.

Von Tina Kleiber am
Pastorin vor Buchregal

Romi Bencke: Angefeindet für die Ökumenische Kampagne der Brüderlichkeit

Die Coronapandemie zeigt verschärft, wo die Grenzen der Gleichberechtigung liegen: Fehlender Schutz vor Gewalt, ein Recht auf würdevolle Arbeit sowie Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung. Denn wir erleben einen Anstieg der häuslichen und Partnergewalt an Frauen, und wir beobachten den Verlust von Millionen Arbeitsplätzen und Einkommen, der vor allem ohnehin schon arme Frauen trifft und sie in neue alte Abhängigkeiten zwingt. Und wir sehen einen dramatischen Anstieg der Zahl schwangerer Schulmädchen als Folge des Lockdowns. Überall drohen Frauen in teilweise überwunden geglaubte stereotype Rollenmuster zurückgedrängt zu werden.

Bekämpfung jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen muss Priorität werden!

Gleichzeitig schlägt denjenigen, die Formen der Ungleichheit, Unterdrückung und Benachteiligung thematisieren und sich für soziale Transformation stark machen, ebenfalls zunehmend Gewalt entgegen. So ergeht es beispielsweise Theologinnen aus dem Brot für die Welt-Partnerfeld, die sich für Frauen- und andere Menschenrechte engagieren. Dass nicht ist, was nicht sein darf - und nicht benannt werden darf, was so bleiben soll wie es ist - das erlebt zurzeit auch die Theologin und Vorsitzende des brasilianischen Christenrats CONIC, Romi Bencke. Für ihr Eintreten für Dialog und gegen Hass bekommt die engagierte Pastorin derzeit selbst Gewalt und Diffamierung zu spüren. In einer Online-Kampagne des ultra-konservativen katholischen Dom Bosco Zentrums wirft man Bencke Ketzerei vor und spricht ihr gar die Kompetenz als Pastorin ab.

Seit wann sind Gerechtigkeit und Gleichberechtigung eine Ideologie?

Ausgerechnet für die „Ökumenische Kampagne der Brüderlichkeit und des Dialogs: Bekenntnis zur Liebe“ (Fraternidade e Diálogo: compromisso de amor) wird Bencke in frauenverachtender Weise angefeindet. Die Kampagne wird seit 2000 alle fünf Jahre von sechs christlichen Kirchen gemeinsam konzipiert und getragen. Sie thematisiert die Politik der Gewalt sowie eklatante Menschenrechtsverletzungen, die die Gesellschaft spalten. Der Basistext der Kampagne für 2021 kritisiert die Wissenschaftsfeindlichkeit in Zeiten der Pandemie sowie eine Kultur der Gewalt gegen Frauen, Schwarze, Indigene und LGBTIQ+. Dazu gehört die Erwähnung brutaler Morde, wie der an der Schwarzen Politikerin Marielle Franco. Der Text macht auch publik, wie Hilfe in der Pandemie für indigene Gemeinden und afro-brasilianische Gemeinschaften ausbleiben. Und sie berichtet über Hassverbrechen, die jährlich über 400 LGBTIQ+ Personen in Brasilien das Leben kosten. Der Text beschreibt die gezielte Aufhetzung gegen die Würde marginalisierter Gruppen. Die Kampagne selbst will dem Hass entgegentreten – sie ruft auf zur Verständigung und zur Überwindung der gesellschaftlichen Spaltung!

In Online-Veranstaltungen des Dom Bosco-Zentrums gegen die Ökumenische Kampagne wurde die Pastorin Romi Bencke zur Zielscheibe gemacht. Die Rede war von einem „Heiligen Krieg“. Spenden wurden gesammelt „um das Teuflische zu bekämpfen“ und gehetzt, dass Bencke „in der Hölle schmoren“ solle. Auch mehrere Bischöfe kritisieren Bencke und rufen die Gemeinden dazu auf, die Kampagne nicht zu unterstützen. Einsatz für Demokratie, Frauenrechte und Anti-Rassismus Bencke kritisiert die brasilianische Regierung, denn sie sieht christlichen Glauben und Theologie vereinnahmt und missbraucht durch die menschenverachtende Bolsonaro-Politik. Und sie fühlt sich als Christin in der Pflicht, dagegen Widerstand zu leisten.

„Fundamentalismus ist eine Weltanschauung, eine Interpretation der Wirklichkeit. Fundamentalismus ist ein politisches und ökonomisches Projekt mit einer religiösen Matrix, die den Glauben instrumentalisiert, um Hass zu legitimieren“

so Bencke. Aber die Pastorin und Christenratsvorsitzende erhält auch enorme Solidarität. So haben über 200 Organisationen öffentlich erklärt, dass sie Bencke wegen ihres Engagements als Menschenrechtsverteidigerin und als Theologin, die für Dialog und Frieden, Gerechtigkeit und Respekt für Diversität eintritt, sehr schätzen.

Der steinige Weg engagierter Theolog*innen

In Brasilien ist die dramatische Bedrohung von Theologinnen und Menschenrechtsverteidigerinnen durch die Politik Bolsonaros der Liberalisierung von Waffen, der Umweltzerstörung am Amazonas und der Frauen- und Homosexuellenfeindlichkeit besonders offensichtlich. Jedoch sind Anfeindungen und Gewalt für Theologinnen (und Theologen), die sich als Menschenrechtsverteidiger*innen verstehen, in vielen Ländern an der Tagesordnung.

Ein solches Beispiel ist Argentinien. Hier wurde im Februar 2021 Fabian Kreischer, Pastor in Buenos Aires ermordet. Er wurde vermutlich Opfer eines Hassverbrechens. Der Vizepräsident der Iglesia Evangélica Luterana Unida (IELU) lebte offen homosexuell. Er war weit über seine Gemeinde hinaus äußerst beliebt und respektiert für sein Engagement. Sein gewaltsamer Tod ist ein Schock für seine Mitstreiter*innen und für die südamerikanische Ökumene insgesamt.

Türöffnerideologie Anti-Feminismus

Auch Brot-für-die-Welt-Partnerinnen aus Kroatien klagen über Anfeindungen, wenn sie Menschen sensibilisieren, sich nicht an geschlechtsspezifische Gewalt zu gewöhnen und wenn sie der Gewalt selbst entgegentreten. So berichtet die Theologin Lana Bobič, von Schwierigkeiten, Kirchengemeinden dazu zu bewegen, wenigstens Informationsmaterial zu Gewalt gegen Frauen auszulegen. Die Unterstützerin des Frauenhauses in Zagreb stellt fest, dass es viel leichter ist, in der Gesellschaft Empörung über Feministinnen zu erzeugen als Empörung über geschlechtsbasierte Gewalt. Dennoch bleibt sie hoffnungsvoll, dass sich vor allem junge Menschen gegen stereotype Geschlechterrollen auflehnen.

„Schließlich werden Männer nicht dazu geboren unsensibel und gewaltvoll zu sein!“

Auch die vom Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf ausgerufene Kampagne „Donnerstags in Schwarz“ ist ein wichtiger Aufruf Gewalt an Frauen stärker sichtbar zu machen. Darüber hinaus brauchen Theolog*innen Unterstützung, Solidarität und Bestätigung, dass sie nicht alleingelassen werden in ihrer Arbeit für Veränderung und Geschlechtergerechtigkeit innerhalb und außerhalb ihrer Kirchen.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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