Am 11. Juni 2021 hat der Bundestag nach langem politischen Ringen endlich das Lieferkettengesetz verabschiedet, für das sich Brot für die Welt im Rahmen der Initiative Lieferkettengesetz eingesetzt hatte.
Kurz nach der Verabschiedung des Gesetzes mehren sich die öffentlichen Stellungnahmen von Prüfunternehmen, wie dem TÜV Rheinland, die anbieten Unternehmen "angesichts der Komplexität von Lieferketten" durch Audits von Lieferanten bei der Umsetzung der neuen Pflichten zu unterstützen. Es sprießen auch vermehrt Start-ups aus dem Boden, die Blockchain-Technologie zur Rückverfolgbarkeit von Lieferketten anbieten, und darin den "Megatrend des 21. Jahrhunderts" sehen.
Eine aktuelle Studie von Brot für die Welt, dem ECCHR und MISEREOR beschäftigt sich daher am Beispiel von Audits und Zertifizierungen damit, ob solche Dienstleistungen ein geeignetes Hilfsmittel bei der Umsetzung des Lieferkettengesetzes sind.
Die Studie "Menschenrechtsfitness von Audits und Zertifizierern?" - kurz zusammengefasst:
In der Studie wird zunächst anhand von Fallbeispielen aufgezeigt, welche Schwachpunkte bisherige Audits und Zertifizierungen haben. Es geht um den Bruch des Staudamms in Brumadinho, eingestürzte und abgebrannte Textilfabriken, mangelhafte Brustimplantate und unzureichende Zertifizierungen von Palmöl-Plantagen. In den Fällen wurden Audits durchgeführt, um die Standards vor Ort zu überprüfen, und Zertifikate ausgestellt, um die Einhaltung bestimmter Produktionsbedingungen zu bescheinigen. Die Prüfunternehmen ließen dabei grundlegende Anforderungen zum Schutz von Menschenrechten außer Acht und bescheinigten eine - in der Realität nicht gegebene - Sicherheit. Dadurch verhinderten sie Maßnahmen zur Abwendung der Gefahren und riskierten die Gesundheit und das Leben von Menschen.
Ausgehend von dieser Problemanalyse stellt die Studie da, welche Maßnahmen sowohl von staatlicher als auch von Seite der Prüfunternehmen nötig sind, um sicherzustellen, dass Audits und Zertifizierungen zur Reduzierung von Menschenrechtsrisiken beitragen:
- Prüfunternehmen müssen selbst die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten des Lieferkettengesetzes einhalten. Zudem sollten sie für Schäden durch fehlerhafte Berichte zivilrechtlich haften müssen.
- Mindestanforderungen an die Qualität von Audits und Zertifizierungen sollten gesetzlich geregelt werden. In dem Zusammenhang sollte auch die Unabhängigkeit und Integrität der Prüfer*innen sichergestellt werden.
- Es sollte eine öffentliche Akkreditierung und Aufsicht für menschenrechtsbezogene Audit- und Zertifizierungsdienste geben.
Fazit
Gute Audits und Zertifizierungen, die hohen Qualitätsanforderungen an einen umfassenden Menschenrechtsschutz, Transparenz und Integrität genügen, können ein Mittel sein, Unternehmen bei der Einhaltung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten zu entlasten. Die Unternehmen werden dadurch jedoch nicht von ihrer eigenen Verantwortung frei und müssen letzendlich Sorge dafür tragen, dass die auf dem Papier bestehenden Menschenrechtsstandards bei Zulieferern auch wirklich eingehalten werden.