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Pandemie braucht Menschenrechte

Eine an menschenrechtlichen Prinzipien orientierte Politik in Deutschland und weltweit schafft die Voraussetzungen für eine nachhaltige Krisenbewältigung.

Von Silke Pfeiffer am
Quarantänezentrum in El Salvador

Quarantänezentrum in El Salvador

Viel wurde und wird in Deutschland über die Einschränkung von Freiheitsrechten im Rahmen der Pandemiebekämpfung diskutiert. Die Debatte ist wichtig, denn die Krise ist nicht nur eine Gesundheitskrise, sondern auch eine Belastungsprobe für unseren Rechtstaat. Die Menschenrechte werden jedoch vereinnahmt, wenn manche Kritiker*innen der Corona-Maßnahmen unter Bezug auf die Menschenrechte gleichzeitig menschenverachtende Verschwörungserzählungen oder rassistisches oder antisemitisches Gedankengut verbreiten. Auch um dieser Vereinnahmung der Grund- und Menschenrechte etwas entgegenzusetzen, veröffentlichen Amnesty International, Brot für die Welt, das European Center for Constitutional and Human Rights und die Gesellschaft für Freiheitsrechte heute das Papier Menschenrechte als Kompass in und aus der Covid-19-Krise. Der Kompass beschreibt, dass und wie eine an menschenrechtlichen Prinzipien orientierte Politik in Deutschland und weltweit die Voraussetzungen für eine nachhaltige Krisenbewältigung schafft.

Verhältnismäßigkeit auch in Notlagen und Einsatz für vulnerable Gruppen

Eingriffe in menschenrechtliche Freiheiten können angesichts der staatlichen Pflicht, das Menschenrecht auf Schutz von Gesundheit und Leben zu wahren, geboten sein. Entscheidend ist jedoch, dass diese verhältnismäßig, notwendig, von begrenzter Dauer und gesetzlich begründet sind. Die Verfasser*innen des Papiers heben darüber hinaus den menschenrechtlichen Auftrag von Regierungen hervor, vor allem vulnerable Gruppen besonders vor den Auswirkungen der Maßnahmen zu schützen und Benachteiligungen, etwa von Frauen und Kindern oder auch wohnungslosen Menschen oder Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen aktiv entgegenzuwirken.

Freiheitsrechte weltweit massiv unter Druck

Während die rechtstaatlichen Kontrollmechanismen in Deutschland die Bewährungsprobe der Pandemie bisher grundsätzlich bestanden haben, zeigt der Blick in die Welt, dass unter dem Deckmantel der Pandemiebekämpfung vielerorts deren Erosion aktiv vorangetrieben wurde. Gemäß dem von Brot für die Welt kürzlich veröffentlichten Atlas der Zivilgesellschaft 2021 lebten im Pandemiejahr 2020 88 Prozent aller Menschen unter Regierungen, die Grund- und Freiheitsrechte in unverhältnismäßiger Form beschneiden, Kritiker*innen drangsalieren, verfolgen oder auch töten. Ob Gefängnisstrafen für kritische Berichterstattung in Kambodscha, Polizeigewalt gegen Demonstrierende in Kolumbien, Misshandlungen von Aktivist*innen in Zimbabwe oder Diffamierung von kritischen Stimmen in Ungarn – da wo Corona strukturelle Schwachstellen offenlegt, reagieren viele Regierenden mit exzessivem Autoritätsgebaren.

Internationale Verantwortung gefragt

So wichtig die Debatte in Deutschland ist, sie sollte uns nicht den Blick in die Welt verstellen, wo unsere Solidarität und Verantwortung heute mehr gefragt ist denn je. In diesem Sinne fordert auch der Kompass dass Deutschland – auch in seinem eigenen Interesse - als internationaler Akteur für Menschenrechte Verantwortung übernehmen muss – ob in der gerechten Verteilung von Impfstoffen, bei der Gewährleistung von menschenrechtskonformen globalen Lieferketten, beim Schutz zivilgesellschaftlicher Räume weltweit oder bei der Bekämpfung der Klimakrise.

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