Das israelische Militär beschlagnahmte Computer, Festplatten und Akten über palästinensische Kinderhäftlinge, die von DCI-P-Anwält*innen vertreten werden. Dabei wurde weder eine Begründung für die Razzia noch eine Auflistung des beschlagnahmten Materials hinterlassen. Das Büro befindet sich in einem sogenannten A-Gebiet in der Nähe von Ramallah. Die Oslo-Verträge sprechen die administrative Verwaltung und die Sicherheitskontrolle dort der Palästinensischen Autonomiebehörde zu.
DCI-P setzt sich seit über zwanzig Jahren für eine gerechte und lebensfähige Zukunft der Kinder und Jugendlichen in den besetzten palästinensischen Gebieten ein. Dabei geht unser Partner sowohl gegen Kinderrechtsverletzungen seitens der israelischen Besatzungsmacht als auch seitens der palästinensischen Behörde und ihrer Institutionen vor. DCI-P untersucht und dokumentiert Menschenrechtsverletzungen. Kindern und Jugendlichen bzw. deren Familien bietet DCI-P Rechtsberatung und anwaltschaftliche Hilfe, insbesondere bei Inhaftierungen. Auf globaler Ebene fordert DCI-P die internationale Gemeinschaft auf, strengere Maßnahmen zum Schutz der Kinderrechte in Palästina zu ergreifen. Die Organisation orientiert sich in ihrer Arbeit an der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UNCRC) und ist eine Sektion der 1979 gegründeten internationalen Kinderrechtsorganisation Defense for Children International mit Sitz in Genf. Die Kinderrechtskonvention wurde sowohl von Israel als auch der Palästinensischen Autonomiebehörde ratifiziert.
Jährlich werden zwischen 500 bis 700 palästinensische Kinder und Jugendliche strafrechtlich für „Vergehen gegen die Sicherheit des Staates Israel“ verfolgt und vor israelische Militärgerichte gestellt. DCI-P hat dokumentiert, dass über 70 Prozent der inhaftierten Kinder nach der Festnahme physische Gewalt erfahren und 65 Prozent verbale Beleidigungen, Erniedrigungen und/oder Einschüchterungen.
Auf palästinensischer Seite verletzen Sicherheitskräfte und die palästinensische Justiz massiv Kinderrechte, zum Beispiel durch willkürliche Festnahmen und den Einsatz physischer und psychischer Gewalt. Auch die Anzahl der Kinder, die häusliche Gewalt erleben, ist alarmierend hoch. DCI-P bringt sich durch die Beteiligung an Gesetzesvorhaben sowie durch Trainings für Mitglieder palästinensischer Institutionen im Umgang mit Kindern ein. Als Folge all dieser Gewalterfahrungen sind viele Kinder und Jugendliche traumatisiert. Sie leiden an psychischen und emotionalen Störungen wie Ausdrucksproblemen, Schlafstörungen, Wutausbrüchen und Angstzuständen.
DCI-P erhält Gelder von zahlreichen internationalen staatlichen und nicht-staatlichen Gebern, darunter UNICEF. Die Organisation durchläuft regelmäßig die internationalen Screenings gegen Sanktionslisten und genießt einen sehr guten Ruf. Die Razzia gegen DCI-P ist daher zutiefst besorgniserregend.
Aufgrund ähnlichen Umgangs mit palästinensischen Menschenrechtsorganisationen durch israelische Behörden und das Militär in den vergangenen Wochen bewerten unsere Partnerorganisationen und wir den Vorfall der illegalen Razzia gegen DCI-P im Kontext des Shrinking Space für zivilgesellschaftliche Akteure, der in Israel und Palästina insbesondere besatzungskritische Nichtregierungsorganisationen trifft. Unsere Partner erleben, dass die systematische Vorgehensweise und Gewalt gegen zivilgesellschaftliche Organisationen und insbesondere Menschenrechtsverteidiger*innen zunimmt. Menschenrechtsarbeit wird sowohl von israelischer als auch von palästinensischer Seite eingeschränkt.
Wir stehen an der Seite von DCI-P und fordern die Rückgabe des beschlagnahmten Materials sowie die Übernahme der Kosten für die Zerstörungen, damit DCI-P seine menschenrechtliche Arbeit wieder vollumfassend weiterführen kann.
Die Stellungnahme von DCI-P zum Vorfall ist auf der Homepage der Organisation zu finden.