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Privatwirtschaftsförderung als Entwicklungsmotor?

Am 27. August 2021 fand auf Einladung von Bundeskanzlerin Merkel zum vierten Mal eine Konferenz zum „G20 Compact with Africa (CwA)“ statt. Anlässlich dieses Treffens mit afrikanischen Staatschefs veröffentlichte Brot für die Welt eine kritische Analyse über Wirtschaftsinitiativen, die mit öffentlichen Mitteln deutschen Unternehmen die Türen für ihr Engagement in Afrika öffnen sollen.

Von Francisco Marí am
"Analyse_99"

Für einen Tag rückte in diesem nachrichtenreichen Sommer auch mal wieder der afrikanische Kontinent in den Vordergrund der Berliner Diskussionsbühne. Aber anders als vielleicht erwartet stand nicht die katastrophale Covid-19 Situation auf dem afrikanischen Kontinent im Vordergrund. Auch nicht ein etwaiges Angebot der Bundesregierung, sich doch noch für eine Freigabe der Impfpatente einzusetzen, zumal auch der Biontech-Vorstandsvorsitzende Ugur Sahin teilnahm. Symbolisch umrahmt von einem Investitionsgipfel der deutschen Wirtschaft tauschte sich die Bundeskanzlerin persönlich und online mit einigen afrikanischen Staatschefs über den Stand der G20-Initiaitve „Compact with Africa (CwA)“ aus. 12 Staaten folgten bisher dem Ruf von 2017, während des G20-Treffens in Hamburg ihre Finanz- und Investitionsregelungen zugunsten ausländischer Investoren öffnen zu wollen und damit verbundene Risiken mit öffentlichen Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit oder der Partnerstaaten selbst abzusichern.

Deregulierung von Finanzmärkten in Afrika – die Risiken übernehmen die Staaten

Eine von Dr. Frauke Banse von der Universität Kassel verantwortete Analyse der Investitionsförderprogramme von Bundesregierung und EU wurde durch einen Austauschprozess und Rückmeldungen von afrikanischen Partnerorganisationen von Brot für die Welt unterstützt. Die Studie hebt vier Aspekte hervor, die als Treibkräfte für eine Entwicklungsagenda stehen, die der Privatwirtschaft einen Vorrang gewähren möchte: globale Trends bei der Finanzierung von Entwicklungsprojekten über die Finanzmärkte, geopolitische und geoökonomische Interessen auf dem afrikanischen Kontinent, Afrikas Rolle in globalen Produktionsnetzwerken und die Anfälligkeit der Länder für Verschuldung. Diesen Tendenzen werden die makroökonomischen Bedingungen afrikanischer Länder gegenübergestellt, die sich in einer politisch und wirtschaftlich ungleichen Lage befinden. „Der erste untersuchte globale Trend ist die verstärkte Finanzierung von Entwicklungsmaßnahmen über die Finanzmärkte, z. B. für die Infrastrukturfinanzierung, aber auch für die Unternehmensfinanzierung. Um den "globalen Pool privater Finanzmittel", wie es der CwA ausdrückt, anzuziehen, werden radikale finanzielle, rechtliche und wirtschaftliche Maßnahmen zur Risikominderung vorgeschlagen. Die Investitionsrisiken verschwinden jedoch nicht, sondern werden von der öffentlichen Hand übernommen, was beispielsweise die Gefahr der Verschuldung erhöht. Bei dem Versuch, die Finanzmärkte im Inland zu verankern, werden jedoch inländische institutionelle Anleger - wie private Pensionsfonds oder Versicherungsgesellschaften - geschaffen, was zu einer weiteren Privatisierung oder Kommodifizierung der sozialen Sicherungssysteme führt. Darüber hinaus werden durch die Schaffung neuer sicherer Anlageklassen für private Investoren - wie Straßen, Schulen, Energieversorgungsunternehmen und andere - öffentliche Infrastrukturen privatisiert, die nun Gewinne erwirtschaften müssen. Darüber hinaus stellt die Umstrukturierung von Entwicklungsprojekten zur Sicherstellung ihrer Marktfähigkeit die Entwicklungsplanung in Frage. Sie enthält dann nur "marktfähige" und "bankfähige" Projekte, nicht aber die notwendigsten.“ So Frauke Banse in ihrer Zusammenfassung.

Öffentliche Strukturen fördern - Transparenz und demokratische Kontrolle für Investitionen stärken

Im Einklang mit den Forderungen von Partnern von Brot für die Welt endet die Analyse mit einem Plädoyer dafür, das Paradigma der Finanzierung von Entwicklungsprojekten über die Finanzmärkte zu verlassen und sich nicht weiter auf ausländische Direktinvestitionen als Hauptantriebskraft für die wirtschaftliche Entwicklung zu konzentrieren. Anstatt das Risiko ganzer Volkswirtschaften zu senken und die Kommodifizierung innerhalb der Gesellschaften zu fördern, um ausländisches Kapital anzuziehen, muss die politisch unterstützte Abhängigkeit von ausländischen Direktinvestitionen und Finanzinvestoren sowie deren starker Einfluss auf politische Prozesse in Afrika stark eingeschränkt werden. Stattdessen sollten inländisch geprägte Entwicklungsstrategien gefördert werden.

Tunesien als „Reformpartner“ für Banken- und Finanzmarktregulierung in der Demokratiekrise

Wie tief die Einflussnahme von Weltbank, aber auch deutschen Agenturen, wie KfW und GIZ im Rahmen der CwA gehen, Finanzmärkte zu deregulieren und öffentliche Ausgaben der Daseinsvorsorge zum Beispiel durch Rentenkürzungen für zu reduzieren zeigt das Engagement der deutschen Regierung in Tunesien. Es ist das Schwerpunktland für Finanzmarkt und Bankenreformen bei den sogenannten Reformpartnerschaften, deren Staatschefs nun in Berlin zusammenkommen. Die hohe Verschuldung Tunesiens und die soziale Perspektivlosigkeit für die große Mehrheit der Bevölkerung werden durch solche „Reformeingriffe des CwA“ sicher nicht in den Griff zu bekommen sein, wie sich ja inzwischen leider auch in der aktuellen institutionellen Krise des Landes zeigt.

Öffentliche Gelder für privatwirtschaftliche Risiken müssen auf den Prüfstand

Daher betonen wir im Vorwort zur Studie: Alle in der Studie beschriebenen Initiativen stehen nun auf dem Prüfstand. Die EU vor dem Afrikagipfel im Februar 2022 wie auch die deutsche Regierung nach der Bundestagswahl werden überprüfen müssen, ob mit staatlichen Mitteln nicht, wie auch von vielen Unternehmen gefordert, vorrangig öffentliche Rahmenbedingungen für verantwortliche Investitionen gefördert werden sollen, statt Verschuldungsrisiken afrikanischer Staaten zu verschärfen.

 

 

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