Interview

Ein Vorbild für Fairen Handel: Quito

In der ecuadorianischen Hauptstadt Quito haben Politik, Wirtschaft und Verbraucher:innen den Fairen Handel als festes Modell gut etabliert. Was andere Städte davon lernen können, erzählt Sagrario Angulo, Koordinatorin der Produzentenorganisation Camari.

 

Von Teresa Hoffmann am
Sagrario Angulo, Koordinatorin der Produzentenorganisation Camari, Ecuador

Quito ist eine sogenannte Fairtrade-Stadt – Was heißt das genau?

Die Idee der Fairtrade-Stadt ist, dass Menschen ein gutes Leben führen können – ohne das auf Kosten anderer zu tun. Seit 2016 ist Quito Teil der weltweiten Fairtrade Towns-Kampagne, Kommunen und Städte aus mehr als 30 Ländern sind mittlerweile dabei. Ich begleitete die Kampagne in Quito seit dem Beginn und habe unter anderem einen entsprechenden Ausschuss bei der Stadt Quito dazu geleitet.

Wie genau ist der Faire Handel in der Stadt verankert?

Die Zusammenarbeit mit den lokalen Verwaltungen ist entscheidend, um dauerhaft den Fairen Handel in einer Stadt zu etablieren. Oft entstehen neue Ämter und Einrichtungen und wir müssen den gesamten Prozess der Sensibilisierung für das Thema Fairer Handel von vorne beginnen. Außerdem müssen auch die Verbraucher:innen begeistert werden und ihr Konsumverhalten ändern. Gerade in einer so großen Stadt wie Quito ist es schwer, alle zu erreichen. Dennoch: Quito war die erste Hauptstadt aus Lateinamerika, die eine Fairtrade Town wurde, mittlerweile kommen immer mehr ecuadorianische Städte dazu.

Was hat dabei besonders geholfen?

Wir arbeiten eng mit Bildungsinstitutionen zusammen, um das Bewusstsein für den Fairen Handel zu wecken. Die Schüler:innen und Studierenden überlegen sich: Wie können sie ihren Beitrag zur einer nachhaltigeren Gesellschaft und Stadt leisten? Ihre Ideen stellen sie sich gegenseitig in kleinen Wettbewerben vor. Das kann ich sehr empfehlen, um das Thema bekannter zu machen. Wir arbeiten außerdem eng mit Lehrer:innen zusammen, aktuell versuchen wir, Fairen Handel als Unterrichtsfach an Schulen und Hochschulen zu etablieren.

Und außerhalb der Schulen?

Wir entwickeln beispielsweise ein lokales Fair Handels-Siegel für Quito und Umgebung. Damit sollen Kleinerzeuger:innen und Unternehmer:innen ausgezeichnet werden. Außerdem konnten wir mit der Verwaltung der Stadt Quito aushandeln, dass der Monat Mai in Quito der Monat des Fairen Handels ist. Das sorgt für zusätzliche Aufmerksamkeit. Vor allem politisch konnten wir viel erreichen: Ecuador hat sehr starke Regelungen zur Förderung des Fairen Handels. Seit 2008 schützt die Verfassung das System der Volks- und Solidarwirtschaft, wir haben uns dafür eingesetzt, dass der Faire Handel ein fundamentaler Baustein davon ist.

Nehmen denn die Käufer:innen Fair Handels-Produkte gut an?

Klar. Beliebte Fair Handels-Produkte sind beispielsweise Vollrohrzucker, das sogenannte Panela-Granulat, aber auch die klassischen Andenprodukte wie Gerste und Quinoa. Diese verkaufen wir nicht nur in Reinform, sondern sie werden in den Fair Handels-Läden in Quito auch gern als verarbeitete Produkte wie Quinoa-Riegel oder Backmischungen für Kuchen verkauft. Auch Luffa-Produkte und teilweise Kunsthandwerk aus fairer Produktion wird in den Läden in Quito gekauft. In anderen Städten in Ecuador gibt es da allerdings noch deutlich weniger Nachfrage.

Quito ist dieses Jahr Veranstalter der Internationalen Fairtrade Towns-Konferenz Ende Oktober. Worauf freuen Sie sich besonders?

Ich bin sehr stolz darauf, dass die Veranstaltung in Quito stattfindet. Es ist das erste Mal, dass eine Veranstaltung dieser Art im globalen Süden sein wird und wir möchten, dass so viele Menschen wie möglich daran teilnehmen. Wir wollen die Konferenz nutzen, um mit Politiker:innen und Mitarbeitenden aus dem öffentlichen und privaten Sektor ins Gespräch zu kommen über ihre Erfahrungen. Und natürlich mit den Produzenten, dabei sind der Klimawandel sowie die Stärkung der Frauen wichtige Themen.

 

Das Interview führte Emma Saavedra Serrano.

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