Während sich die reichen Nationen noch um ihre Verantwortung und um Geld streiten, steigt in vielen der verwundbarsten Regionen der Welt täglich das Risiko von Starkregen und Überschwemmungen, Taifunen, Dürre und Hungersnot als Folge der Klimakrise. Die wirtschaftlichen Schäden durch die Klimakrise werden laut wissenschaftlichen Schätzungen spätestens ab 2030 auf 290 bis 580 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt – und das alleine in Ländern des globalen Südens. Dazu kommen die nicht zu beziffernden Verluste kultureller Identität durch die Klimakrise, die insbesondere indigene Bevölkerungsgruppen treffen. Das können die Länder des globalen Südens nicht allein stemmen. Und sollten sie auch nicht, denn verursacht wurde die Klimakrise durch Treibhausgase, von denen rund die Hälfte aus den G7-Staaten stammt.
Aktuell fehlt im globalen Süden das Geld für entsprechende Maßnahmen zur Anpassung an veränderte klimatische Bedingungen und Katastrophenvorsorge. Die Corona-Pandemie, Klimakrise und Verschuldung bedeuten eine Dreifachkrise, von der besonders afrikanische Staaten wie Äthiopien betroffen sind. Sie können es sich nicht mehr leisten, teure Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren oder in Klimarisikoversicherungen zu investieren.
Viele Reden über Klimagerechtigkeit
Bei ihrem Treffen im Mai betonten die G7-Entwicklungsminister:innen sowie Klima- und Umweltminister:innen zwar die Notwendigkeit, die Menschen im globalen Süden beim Umgang mit Schäden und Verlusten zu unterstützen. Doch es scheint dabei weiterhin bei bloßen Absichtserklärungen zu bleiben. Die EU-Staaten, die Schweiz und die USA konnten sich nicht mal darauf einigen, das Bereitstellen von Geld für den Umgang mit Schäden und Verlusten zu einem separaten Punkt zu machen auf der Agenda der COP27. Dabei war der jüngste IPCC-Bericht zu Anpassung und Verwundbarkeit mehr als eindeutig: Einige Regionen dieser Erde wie der Südpazifik könnten schon weit vor Ende des Jahrhundert an die Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit an die Klimakrise gelangen.
Auch der nach der letzten Klimakonferenz in Glasgow gestartete Dialog zum Umgang mit Schäden und Verlusten führte lediglich zu einem Workshop, dessen Ziel nach wie vor ungeklärt ist. Deutschland zeigt hier leider kein großes Engagement, sich auf eine von den G77-Ländern und China vorgeschlagene ‚,Glasgow Facility for Loss and Damage Finance‘‘ als Ergebnis festzulegen und damit seiner historisch gewachsenen Verantwortung gerecht zu werden.
Wenn Scholz ein Klimakanzler wäre …
Der Blick in den aktuellen Bundeshaushalt verheißt bezüglich der internationalen Klimafinanzierung für das kommende Jahr ebenfalls nichts Gutes: Statt der von Merkel angekündigten sechs Milliarden Euro pro Jahr bis 2025 sind aktuell für das Jahr 2023 nur etwa 4,25 Milliarden Euro veranschlagt. Sogar weniger als für 2022 (4,32 Milliarden Euro). Die Länder des globalen Südens werden darüber nicht nur enttäuscht sein. Für den Fall, dass das versprochene Geld nicht bereitgestellt werden sollte, sprechen sie sogar von Vertrauensbruch.
Ob der G7-Gipfel und besonders die Bundesregierung als Gastgeber zu mehr Klimagerechtigkeit beitragen, muss am Ende an Fakten gemessen werden: Werden die Industriestaaten endlich mehr Geld auf den Tisch legen und sich auf konkrete Maßnahmen im Umgang mit Schäden und Verlusten im globalen Süden festlegen? Dazu müssen sie:
- das 100-Milliarden-Dollar-Ziel für internationale Klimafinanzierung noch 2022 einhalten
- eine Erhöhung der deutschen Klimafinanzierung auf acht Milliarden Dollar bis 2025 beschließen
- konkrete Summen für den Umgang mit Schäden und Verlusten im globalen Süden bereitstellen und Instrumente benennen, die soziale Sicherungssysteme stärken
- dem Vorschlag der G77-Länder und China zustimmen, einen Topf für Schäden und Verluste als Ergebnis des Glasgow-Dialogs einzurichten
Während die Schäden und Verluste im globalen Süden weiter anwachsen, müssen am Verhandlungstisch der G7 endlich Taten erfolgen – gute Absichten reichen hier nicht aus, um das Leben aller Menschen zu schützen.