29. April 2022 - Am Sonntag wird in vielen Ländern weltweit der 1. Mai gefeiert, als Symbol und Protesttag für menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Die Realität in globalen Lieferketten sieht anders aus: Menschen, die unsere Kleidung herstellen, schuften für Hungerlöhne und unter oft lebensgefährlichen Bedingungen. In Minen und auf Rohstoffplantagen müssen Kinder arbeiten. Überall auf der Welt leiden Mensch und Natur für das Profitstreben von Unternehmen. Auch deutsche und europäische Unternehmen sind über ihre Auslandsgeschäfte und Lieferketten daran beteiligt.
Lieferkettengesetz mit Schwachpunkten
Der deutsche Bundestag hat im Sommer 2021 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verabschiedet. Die Verabschiedung des Gesetzes war ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechteren und nachhaltigeren deutschen Wirtschaft und ein großer Erfolg für die Zivilgesellschaft, die sich gemeinsam mit Brot für die Welt im Rahmen der Initiative Lieferkettengesetz dafür eingesetzt hatte. Aufgrund der massiven Einflussnahme von Wirtschaftsverbänden auf den Gesetzgebungsprozess hat das Gesetz aber auch erhebliche Schwachpunkte: Es gilt nur für wenige sehr große Unternehmen, die Sorgfaltspflichten sind in der tieferen Lieferkette beschränkt und vor allem fehlt eine Regelung der Schadensersatzansprüche von Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen.
EU-Lieferkettengesetz als Ausweg
Am 23. Februar 2022 hat die EU-Kommission einen Entwurf für eine Richtlinie über nachhaltigkeitsbezogene Sorgfaltspflichten von Unternehmen, das sogenannte EU-Lieferkettengesetz, vorgelegt. Der Entwurf geht in entscheidenden Punkten über das deutsche Lieferkettengesetz hinaus und sieht beispielsweise Schadensersatzansprüche von Betroffenen vor. Wird die Richtlinie verabschiedet, müsste sie von Deutschland umgesetzt und das hiesige Lieferkettengesetz entsprechend nachgebessert werden. Zudem würde die Richtlinie für den gesamten EU-Binnenmarkt gelten und hätte damit einen deutlich größeren Geltungsbereich als das deutsche Lieferkettengesetz. Der laufende Prozess für ein EU-Lieferkettengesetz bietet damit das Potential, den Menschenrechts- und Umweltschutz in der Weltwirtschaft ein großes Stück voranzubringen.
Kampagne #yesEUcan
Die Initiative Lieferkettengesetz hat sich entschieden, die neue Kampagne #yesEUcan zu starten und sich für die Verabschiedung eines wirksamen EU-Lieferkettengesetzes einzusetzen, das
- Unternehmen, die gegen Menschenrechte verstoßen, in die Haftung nimmt und Betroffenen so endlich die Möglichkeit gibt, erfolgreich auf Entschädigung zu klagen
- Unternehmen dazu bringt, auch ihre Verantwortung für Umwelt- und Klimaschutz wahrzunehmen
- Unternehmen verpflichtet, Menschen und Umwelt entlang ihrer gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette zu schützen, ohne Abstufungen und Schlupflöcher.
Noch wird der Entwurf der EU-Kommission diesem Anspruch nicht gerecht. Welche Nachbesserungen dazu im laufenden Gesetzgebungsverfahren nötig sind, zeigt die juristische Stellungnahme der Initiative Lieferkettengesetz.
Auch die Bundesregierung bekennt sich im Koalitionsvertrag zu einem wirksamen EU-Lieferkettengesetz. Gegen den Prozess gibt es aber erneut erhebliche Widerstände von Wirtschaftsverbänden. Deshalb müssen wir als Zivilgesellschaft den Druck für wirksame Regeln zum Schutz von Mensch und Umwelt aufrecht erhalten.
Brot für die Welt beteiligt sich dazu weiterhin aktiv an der Initiative Lieferkettengesetz und teilt die Petition, mit der Olaf Scholz dazu aufgerufen wird, dafür zu sorgen, dass sich seine Regierung für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz einsetzt. Machen Sie mit: hier Petition unterzeichnen!