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Serbien: EU-Lieferkettengesetz als Chance

Rund 100.000 Menschen schuften in Serbien in Fabriken, die Kleidung und Schuhe für Marken vor allem aus Deutschland und Italien produzieren. Ihre Arbeitsbedingungen sind miserabel. Was ein europäisches Lieferkettengesetz daran ändern würde, erklärt Bojana Tamindžija vom Centre for the Politics of Emancipation, unserer Partnerorganisation.

Von Maike Lukow am
Bojana Tamindzija

Wie ist aktuell die Situation der Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter in Serbien, die in Fabriken deutscher Unternehmen angestellt sind?

Das Hauptproblem für die serbischen Textilarbeiter:innen ist nach wie vor der Armutslohn, den sie für ihre Arbeit erhalten. Selbst wenn ein deutsches Unternehmen den serbischen Mindestlohn von aktuell knapp 300 Euro zahlt, reicht das in Serbien den Arbeiter:innen nicht zum Überleben. Deswegen machen viele von ihnen Überstunden, haben noch einen zweiten Job, halten Vieh oder bauen Gemüse an. Und sie schulden ständig Kredite um. In den Fabriken selbst ist die Situation seit Jahren leider unverändert: Viele der Texilarbeiter:innen verrichten ihre Arbeit in einer Atmosphäre der Angst. Sie werden von der Unternehmensleitung schikaniert, diese untersagt ihnen beispielsweise, zur Toilette zu gehen, ordnet unbezahlte oder unzureichend bezahlte Überstunden an. Sie gehen gegen die Bildung von Gewerkschaften vor; ausreichende Belüftungs- und Klimaanlagen fehlen.

Hat sich die Situation durch die Corona-Pandemie noch zugespitzt?

Könnte sie noch schlimmer sein? Dank der Subventionen, die die serbische Regierung während der Pandemie in Serbien mehrmals bereitgestellt hat, gab es immerhin keine Massenentlassungen aus den Textilfabriken. Da jedoch die meisten Arbeiter und Arbeiterinnen auf bezahlte Überstunden angewiesen sind, haben sich die Lockdowns usw. natürlich massiv auf ihr Einkommen ausgewirkt.

Was würde ein europäisches Lieferkettengesetz daran ändern?

Viel, hoffen wir! Wichtig ist, dass ein solches Gesetz die gesamte Wertschöpfungskette umfasst. Es muss es klar definierte Überwachungsmechanismen beinhalten sowie bei Verstößen die Möglichkeit bieten, vor Gericht Klage zu erheben. Die Unternehmen müssen endlich die Verantwortung für die Armutslöhne in ihrer Lieferkette übernehmen und anfangen, einen existenzsichernden Lohn zu zahlen. In Mittel-, Ost- und Südosteuropa beispielsweise liegen die Löhne, die Bekleidungsarbeiterinnen erhalten, im Durchschnitt bei 25 Prozent eines existenzsichernden Lohns. Wer diese Forderungen für ehrgeizig und unrealistisch hält, sollte sich die enormen Gewinne ansehen, die die multinationalen Konzerne auf Kosten der ausgebeuteten Arbeiter:innen erwirtschaften.

 

Wir fordern, dass Unternehmen aus der EU bei ihren Geschäften weltweit dafür sorgen müssen, dass Menschen und Umwelt in ihren Lieferketten nicht zu Schaden kommen. Unterschreiben Sie jetzt unsere Petition an Bundeskanzler Olaf Scholz, sich für die Umsetzung eines EU-Lieferkettengesetzes stark zu machen.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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