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Wasserstoff: Neues Gerangel um den Globalen Süden

Die Bundesregierung will den Import von Wasserstoff auch aus dem Globalen Süden fördern. Doch dabei müssen die Interessen der Menschen im Globalen Süden im Mittelpunkt stehen.

Von Jaime Fernández Medina am
Wasserstoff, Wind- und Sonnenenergie

Für die Herstellung von erneuerbarem Wasserstoff wird Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Der Strom kann aus Wind- oder Sonnenenergie stammen.

Wasserstoff und seine Folgeprodukte gelten seit einigen Jahren in Europa und Deutschland als Zukunftsstoffe schlechthin. Wasserstoff soll eines der Schlüsselelemente der Energiewende werden. Auf der Suche nach Wasserstoff setzt Deutschland wieder einmal auf den afrikanischen Kontinent als Rohstofflieferant. Nordafrika, so sagte bereits die Bundesregierung unter Merkel, könne zum „klimafreundlichen Powerhouse der Welt werden“. Diese Haltung führt auch die Ampelregierung fort.

Aus Sicht der Europäer klingt Wasserstoff als neue Energieträger der Zukunft nach einer guten Idee. Er würde helfen, Treibhausgasneutralität in den Sektoren zu erreichen, die nicht elektrifiziert werden können. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Doch aus Sicht der Länder des Globalen Südens ist das zweischneidig. Damit der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft nicht die x-te Wiederholung der langjährigen Ausbeute des Globalen Südens durch den Norden wird, muss er sensibel umgesetzt werden. Sonst werden wieder lokale Ressourcen durch den Globalen Norden geplündert, Gemeinden enteignet, die Umwelt zerstört und korrupte Eliten gestärkt.

Nachhaltige Nutzung statt Ausbeutung

Nur erneuerbarer Wasserstoff, auch grüner Wasserstoff genannt, der mit Hilfe von Strom aus Wasser-, Wind- und Sonnenenergie hergestellt wurde, kann nachhaltig sein. Erneuerbarer Wasserstoff soll überall dort zum Einsatz kommen, wo der Umstieg von fossilen Brennstoffen auf Strom schwierig ist. Das ist zum Beispiel in der Stahlherstellung und in Teilen der chemischen Industrie der Fall. Langfristig könnten Wasserstoff und seine Derivate auch Schiffe oder Flugzeuge antreiben.

Momentan versucht die Bundesregierung unter Hochdruck, in die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff einzusteigen. Sie plant, bis 2030 eine Wasserstoffindustrie mit einer Elektrolyseleistung von zehn Gigawatt in Deutschland aufzubauen. Das ist doppelt so viel, wie die Vorgängerregierung plante. So weit, so gut. Doch der extrem hohe Energiebedarf Deutschlands wird dadurch längst nicht gedeckt, vor allem wenn Energiesparen weiterhin nur eine Randnotiz bleibt. Die Bundesregierung braucht deswegen zusätzliche Wasserstoffimporte aus dem Globalen Süden, zum Beispiel aus Nordafrika, Südafrika oder Chile.

Vielversprechende Vision oder bloß ideale Illusion?

Damit Wasserstoff nicht der nächste Rohstoff zur Ausbeutung des Globalen Südens wird, dürfen die Länder des Globalen Südens nicht nur als Produzenten angesehen werden. Eine gute Wasserstoffwirtschaft trägt zur nachhaltigen Entwicklung vor Ort bei. Wie diese aussieht, sollen die Menschen vor Ort entscheiden. Deshalb muss die Zivilgesellschaft umfassend eingebunden, mobilisiert und mit dem nötigen Handwerkszeug ausgerüstet werden, um darauf Einfluss nehmen zu können.

Brot für die Welt und die Heinrich-Böll-Stiftung haben deshalb ein gemeinsames Projekt „Grüner Wasserstoff – Nachhaltig investieren und fair handeln“ begonnen. Es startete mit diversen Konsultationen verschiedener Akteure der Zivilgesellschaft aus Chile, Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Marokko, Tunesien und Südafrika, um die Risiken und Chancen des Aufbaus einer Wasserstoffwirtschaft aus der Perspektive des globalen Südens zu identifizieren. Auf dieser Basis entwickeln wir gemeinsam weltweite Standards, rechtliche Instrumente und politische Prozesse, die zu nachhaltigen Investitionen und fairem Handel mit erneuerbarem Wasserstoff führen.

Zivilgesellschaft muss einbezogen sein

Von besonderer Bedeutung sind dafür Debatten auf nationaler Ebene. Alle Beteiligten müssen in die Strategien, die den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft fördern, demokratisch einbezogen werden. In die Dialoge in Deutschland wollen wir die Stimmen aus dem Globalen Süden einbringen. Nur so können wir alle gemeinsam von den Chancen des Wasserstoffs profitieren.

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