Frau Kohts, Sie kritisieren, dass die AfD sich auf der didacta mit einem eigenen Stand präsentiert. Warum?
Weil die didacta kein Wahlkampfort ist, sondern eine Bildungsmesse, auf der sich Fachpersonal wie Lehrkräfte, Erzieher*innen oder Personalentwickler*innen Impulse für ihre pädagogisch-didaktische Arbeit holen sollen und wollen. Und zwar für eine Arbeit in einem Bildungsumfeld, das für Pluralismus, Toleranz und Vielfalt steht! Die AfD aber steht für das genaue Gegenteil: Sie will Exklusion statt Inklusion. Sie will den angeblichen Einfluss „woker“ Ideologie auf die Universitäten beenden. Sie will auch die in ihren Augen unwissenschaftliche Genderforschung einstellen und Gleichstellungsbeauftragte an Universitäten abschaffen. Das steht so wortwörtlich im Parteiprogramm. Eine solche Bildungspolitik schließt bestimmte Gruppen bewusst aus.
Auch andere Parteien präsentieren sich dieses Jahr erstmals auf der didacta mit einem Stand. Sehen Sie das ebenso kritisch?
Die didacta ist – wie schon gesagt – eine Fachmesse und kein Ort für Wahlparolen, schon gar nicht zwei Wochen vor der Bundestagswahl. Allerdings hat die Messeleitung andere Parteien wohl erst nach der Anmeldung der AfD gezielt aufgerufen, sich zu beteiligen. Das ist aus meiner Sicht ein schwacher Versuch, der AfD keine alleinige Parteienpräsenz bei der didacta zu ermöglichen. Richtiger wäre gewesen, die Bewerbung der AfD für eine Messepräsenz abzulehnen. Die didacta als Europas größte Bildungsmesse muss ein Ort sein und bleiben, der frei von rechtsextremen, rassistischen und demokratiefeindlichen Einflüssen ist.
Politische Bildung sei der Schlüssel für eine funktionierende Demokratie, lautet das Motto der diesjährigen didacta. Tatsächlich mahnen viele Pädagog*innen und Politolog*innen eine bessere und tiefgehende politische Bildung von jungen Menschen an. Bietet der Besuch von Parteien, auch der AfD, den jungen Menschen und ihren Lehrer*innen nicht eine gute Gelegenheit, kritisch nachzuhaken?
Stimmt, viele Jugendliche zeigen eine große Demokratiemüdigkeit oder Demokratieverdrossenheit. Es stimmt auch, dass die AfD bei vielen jungen Menschen populär ist. Das zeigt aber, dass wir mehr politische Bildung brauchen, die erklärt, wie Politik funktioniert und warum Demokratie so ein hohes Gut ist. Dass wir ein Umfeld schaffen müssen, in dem Schüler*innen lernen, sich eine eigene politische Meinung zu bilden und sich nicht manipulieren zu lassen. Hierfür braucht es nicht Hetze, Ausgrenzung und Diffamierung, sondern eine tolerante und pluralistische Wissens- und Wertevermittlung und Diskussionskultur im Bildungsbereich.
Was trägt Brot für die Welt hierzu auf der didacta bei?
Brot für die Welt arbeitet weltweit mit mehr als 1.600 Partnerorganisationen zusammen. Das bedeutet einen großen Schatz an inspirierenden Beispielen und frischen Perspektiven im Sinne globalen Lernens und Bildung für nachhaltige Entwicklung. Diesen Schatz wollen wir mit den didacta-Besucher*innen teilen – zumal das Gezeigte die AfD-Narrative widerlegt!
Globales Lernen und Nachhaltigkeit berühren ja nahezu jedes Unterrichtsthema, sind aber trotzdem nie ein eigenständiges Fach und kommen an den Schulen oft zu kurz. In Halle 5 machen wir diverse Bildungsangebote: Materialien wie unser Periodikum Global Lernen für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit oder digitale und interaktive Weltkarten, die man mitnehmen sowie per QR-Code herunterladen kann. Wir veranstalten offene Workshops rund um die Bildungsmaterialien mit vielen Ideen, beispielsweise wie man im Religionsunterricht das Thema Klimaschutz & Gerechtigkeit spannend behandeln kann. Und wir haben ein Hochbeet aufgebaut, das zeigt, wie Partnerorganisationen mit und an Schulen in Malawi gesundes Essen anbauen – trotz Klimakrise und Dürre.
Das Gespräch führte Martina Hahn.