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Mit Recht viel erreicht – 30 Jahre Peking-Abkommen

Der Rückblick anlässlich des Frauen*Kampftages auf Errungenschaften der Pekinger Weltfrauenkonferenz von 1995 zeigt vor allem im rechtlichen Bereich große Fortschritte in der Gleichstellung. In zahlreichen Abkommen haben sich Staaten verpflichtet, Diskriminierung von Frauen* abzubauen. Bei der Umsetzung jedoch gibt es besondes im Gewaltschutz und im Familienrecht Handlungsbedarf.

Von Tina Kleiber am
Infografik Peking Aktionsplattform

Dieses Jahr jährt sich zum 30. Mal die Verabschiedung des Peking-Aktionsprogramms. Nach vier Weltfrauenkonferenzen wurde 1995 in Peking von 189 UN-Mitgliedstaaten die Pekinger Erklärung und Aktionsplattform verabschiedet. Diese ist bis heute das umfassendste Konzept zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung von Frauen* und Mädchen*. Peking+30 hat an Bedeutung nichts verloren, im Gegenteil: 12 Arbeitsfelder buchstabieren die Bereiche aus, in denen Frauen* und Mädchen* Benachteiligung erfahren und wo die Staatengemeinschaft strukturelle Probleme angehen muss, wenn sie Geschlechtergerechtigkeit erreichen will. Dazu gehören vor allem Armut, Wirtschaft, Gesundheit, bewaffnete Konflikte und ‚Umwelt‘ (so die damalige Bezeichnung für Biodiversitäts- und Klimakrisen).

Staatenpflicht Geschlechtergerechtigkeit

Auch 2025 werden von sozialen Bewegungen als wichtigste Faktoren für Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern wirtschaftliches Empowerment– also der Zugang von Frauen* und Mädchen* zu Einkommen, Arbeitsmarkt, fairer Entlohnung und Anerkennung ihrer Arbeit und Arbeitsbedingungen – und Gewaltschutz identifiziert. Die anhaltende Zuschreibung von Kinderbetreuung und Pflegearbeit, ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, aber auch verweigerte Zugangs- und Entscheidungsrechte verhindern, dass Frauen* und Mädchen* Gleichberechtigung erreichen können.

Ungleichheit lässt sich nicht individuell überwinden

Die Peking-Aktionsplattform erkennt die Strukturen der Ungleichheit an sowie die Pflicht der Staaten, diese zu verändern. Wohl bemerkt sind es Staaten, die sich verpflichtet haben, strukturelle Benachteiligung zu beenden. Denn dass die individuelle Überwindung von patriarchalen Geschlechternormen und -rollen nur für einige wenige funktionieren kann, liegt auf der Hand. Allein die Zahl weiblicher Parlamentsabgeordneter in Deutschland oder weiblicher Regierungschefs in Europa spricht hier eine deutliche Sprache. Aktuell haben zudem konservative bis rechte Politiker*innen Aufwind, die weder von Gleichstellung noch von Vielfalt der Geschlechter wissen wollen. Neoliberale und illiberale Politiker*innen preisen den schlanken oder gar überflüssigen Staat und schaffen damit Instanzen zur Regulierung ab, kürzen Leistungen und Zugänge dort, wo gerade Frauen, LGBTQIA+ und andere Minderheiten sie dringend brauchen. Programme, die den Anteil von Frauen* in Politik und Entscheidungspositionen erhöhen, kommen ebenso unter die Räder wie Maßnahmen zum Gewalt- oder Umweltschutz. Dies berichten uns beispielsweise Partnerorganisationen wie SEDI oder Fundación Hora de Obrar aus Argentinien.

Familienrecht: Wo der Abbau rechtlicher Barrieren noch aussteht

Doch damit nicht genug. In autoritären Staaten wird die Rechtstaatlichkeit gleich ganz abgebaut. Frauen* werden in die Rolle von Mutter und Versorgerin im Privaten gezwungen und aus öffentlichem Raum, Bildungsinstitutionen sowie dem Arbeitsmarkt verdrängt. Gerade bezüglich Geschlechterbildern erleben wir mit dem Erstarken der Anti-Gender-Bewegungen enorme Rückschritte. So sind die USA mit der zweiten Trump-Regierung jüngst wieder vom Unterstützer zum Gegner von Gleichstellung von Familienmodellen und Selbstbestimmung für Frauen und LGBTQIA+ geworden.

Ein wichtiger Teil des Gewaltschutzes ist der Schutz von Frauen* und Mädchen* im Familienrecht. Dieses umfasst eine Reihe von Gesetzen, Vorschriften und Praktiken, die die familiären Beziehungen regeln, die unter Artikel 16 der CEDAW-Konvention (Abschaffung jeglicher Diskriminierung von Frauen) fallen, einschließlich der Rechte bei Eheschließung, Scheidung, Sorgerecht, Vormundschaft für Kinder, Eigentumsrechten und gleichen Rechten auf Erbschaft. Dazu gehört auch das Recht der Ehepartner*in, Beruf und Beschäftigung frei zu wählen.

Rechtliche Umsetzung fehlt

Obwohl die rechtliche Gleichstellung von Frauen* durch internationale Abkommen verbrieft ist, fehlt vielfach die Umsetzung in nationales Recht und die Durchsetzung. Hier geht es besonders um das Risiko von Zwangs- und Kinderehen, von Schwangerschafts- und Geburtsverletzungen und Müttersterblichkeit unter Mädchen*. Es geht um Rechte innerhalb der Ehe, Scheidung und Sorgerecht für Kinder etwa bei Wiederheirat. Laut Equality Now ist Artikel 16 (Gleichheit im Familienrecht) der CEDAW-Konvention, der umstrittenste UN-Konventionsartikel gegen den es die meisten Vorbehalte gibt. Von den rund 400 Bedenken gegen Gleichheit im Familienrecht ziehen Staaten in 60% der Fälle Religion zur Begründung für Ungleichbehandlung heran. Eine Reihe von Partnerorganisationen von Brot für die Welt kritisieren, dass Religion missbraucht wird, um Ungleichheit zu legitimieren. Sie setzen sich hier für gesellschaftliche Veränderung ein und fordern die Streichung von Gesetzen und Vorschriften, die Frauen und Mädchen diskriminieren, etwa über die globale Kampagne für Gleichheit im Familienrecht.

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