Wir stellen uns als Bildungsabteilung bei Brot für die Welt schon seit einiger Zeit vielen Fragen, beispielsweise wie wir unsere eurozentisch- (und häufig patriarchal) geprägten Denkstrukturen hinterfragen und aufbrechen können. Wir haben uns in der Vergangenheit ein Leitbild gegeben und eine Checkliste für eine transformative Bildungsarbeit gestaltet. Unser Anliegen ist dabei immer, dass wir in unseren Bildungsangeboten, wie unseren virtuellen Projektbesuchen, möglichst viele Perspektiven, insbesondere aus dem Globalen Süden, aufnehmen. Zudem wollen nicht wir die sein, die Erfahrungen oder Erklärungen überliefern, sondern die zu Wort kommen lassen, denen die Geschichten gehören. Die möglichst breite Beteiligung derer, für die die Bildungsangebote gedacht sind, ist ein weiterer Baustein unserer Checkliste. Bildsprache und Tonality stellen wir immer wieder kritisch auf den Prüfstand. Nun könnten wir uns dafür feiern und entspannt zurücklehnen. Aber so einfach ist das nicht. Wir stolpern in unseren Vorhaben, wir spüren, dass wir in einem Machtgefälle sind, was Ausbeutung (unter anderem des Wissens) befördert. Wir sind unseren Partnerorganisationen sehr dankbar, dass sie uns mit ihrem Wissen in unserer Bildungsarbeit unterstützen, wir selbst können unseren Partnern in dieser konkreten Frage oft wenig anbieten und suchen nach Formen, auch diesen Austausch zu stärken.
Der Weg ist das Ziel
Und daher gehen wir weiter in unserer Suchbewegung, die den Prozess der Dekolonisierung prägt. Wir werden uns mit Vertrerter*innen von Partnerorganisationen zusammensetzen, um gemeinsam diesen Weg zu gehen. Wo es uns hinführt, wissen wir noch nicht. Aber wir möchten diesen Weg gern mit dieser Blogreihe teilen. Denn wir hoffen, dass es ermutigt und ansteckt sich kritischen Fragen zu stellen, Glaubenssätze zu hinterfragen und letztlich aufeinander zuzugehen.
Der Gedanke der Blogreihe entstand bei einem Besuch der Ausstellung „Gegen den Strich“ im neurotitan im Haus Schwarzenberg. „Wem gehören Lebensgeschichten und wer darf sie wie erzählen? Diese Frage zieht sich als roter Faden durch die in dieser Ausstellung zusammengeführten Graphic Novels: gelebt von Patricia Vester, Luchadoras – Kämpferinnen von Paola Reyes und Steffi Wassermann sowie Widerstand – drei Generationen antikolonialer Protest in Kamerun des Vereins Perspektivwechsel. Gegen den Strich beleuchtet die in den grafischen Erzählungen aufgezeigten Perspektiven des antikolonialen Erinnerns und Widerstands.“
Mit der Kuratorin der Ausstellung, Annika Hirsekorn und den Künstler*innen Patricia Vester, Steffi Wassermann und Hilaire Djoko konnten wir im Nachgang in den Austausch gehen. Sie regten an, dass wir über unsere Erfahrungen, über unseren Weg berichten sollten. Im Gespräch mit ihnen wurde auch deutlich, dass es mehr Räume braucht, um an Schule und in Jugendgruppen koloniale Kontinuitäten zu adressieren. Das Wissen um die Kolonialgeschichte reicht nicht, um aktuelle Unrechtsstrukturen zu verstehen. Es müssen in den Curricula und der Lehrer*innenausbildung deutlich mehr Diskursräume entstehen, wo die aktuelle Bedeutung kolonialer Kontinuitäten und ihre Ausprägungen im Alltag deutlich werden. Letztlich ist es eben keine Checkliste, die es abzuhaken gilt, es ist eine Frage der Haltung. Dafür braucht es viele Denkanstöße, viele Perspektiven und persönliche Geschichten.
Unsere Geschichte als Bildungsabteilung wollen wir hier teilen.