Die ersten fünf Wochen verbrachte ich mit den vier anderen Kambodscha-Freiwilligen in der Hauptstadt Phnom Penh: ein lebendiger, chaotischer und aufregender Ort. Gemeinsam probierten wir unsere ersten Khmer-Sprachkenntnisse auf den Märkten aus und versuchten den verwirrenden und beschäftigten Straßenverkehr zu verstehen.
Siem Reap
Anschließend zog ich nach Siem Reap an meinen eigentlichen Einsatzort. In der 200.000-Einwohner-Stadt treffen zwei Welten aufeinander. In der Innenstadt reihen sich Luxushotels und Cafés für die Millionen Angkor-Wat-Touristen aneinander, die Kambodscha für wenige Tage besuchen. Wenn ich dort zu Fuß unterwegs bin, nehmen die Leute direkt an, ich bin eine von ihnen, und ich werde an jeder Ecke gefragt, ob ich ein Tuk Tuk brauche. Die Verkäuferinnen der Souvenir- und Massageläden versuchen, einen lautstark von ihren Angeboten zu überzeugen. Die Pub Street ist ein Hotspot für Tourist:innen aus aller Welt mit einer Auswahl an „westlichen“ und „kambodschanischen“ Restaurants.
Khmers sind froh über den Tourismus und die damit verbundene Einnahmequelle, doch Begegnungen auf Augenhöhe sind eher an anderen Orten möglich. Das alltägliche Khmer-Leben findet man zum Beispiel auf den lokalen Märkten, in den Schulen, Nachbarschaften und bei den traditionellen Festen. In meiner Nachbarschaft, die ausschließlich aus Khmer-Familien besteht, kennen sich alle und man kann sich jederzeit spontan besuchen. Weitere Treffpunkte sind die kleinen Läden, die alles verkaufen: von Kokosnüssen über Vogeleier bis hin zu Besen. Davor kann man sich auf einen Plastikstuhl setzten und sich mit denen unterhalten, die vorbeikommen, oder einfach nichts machen. Hier hole ich wöchentlich meinen Wasserkanister und das, was ich sonst noch so brauche.
Meine Einsatzstelle
Meine Einsatzstelle ist die Schule „CBE Christine“ am Rand der Stadt. Sie bietet ergänzenden Englischunterricht und andere Fächer wie Mathe, Kunst, Sport, Wissenschaften und Musik für unterprivilegierte Kinder der Umgebung an. Die besuchen die Schule halbtags (vormittags oder nachmittags für zwei Stunden), zusätzlich zum Unterricht an einer staatlichen Schule. Die Schule ist jedoch ganztägig geöffnet und die Kinder können jederzeit kommen. Zwei Tage pro Woche gibt es eine Mahlzeit für die Schüler:innen, meistens Reis und Suppe oder Porridge. Die Schule liegt 700 Meter von der riesigen Tempelanlage Angkor Wat entfernt, weshalb ich das große Glück habe, jederzeit die beeindruckenden Tempel besuchen zu können oder mich an einen der schönen Seen zu setzen.
Kambodschanisches Landleben
Ich wurde schon öfter von Khmer-Familien eingeladen, mit ihnen einige Tage bei sich zu Hause zu verbringen, meistens in anderen Provinzen. Dort hatte ich die Möglichkeit, in die Khmer-Kultur einzutauchen. Ich wurde auf die Reisfelder mitgenommen, kochte draußen über dem offenen Feuer, besuchte Zeremonien in Pagoden, sah beim Nachtfischen mit bloßen Händen zu und aß dreimal täglich weißen Reis. Teilweise schliefen wir zu zehnt in einem Raum. Ich habe viele wertvolle Erfahrungen gemacht, für die ich sehr dankbar bin.
Das erste halbe Jahr in Kambodscha war voller Erfahrungen, die mich bereicherten und meinen Horizont erweiterten. Die sehr gelassene, hilfsbereite und lebensfrohe Art der Khmers inspiriert mich. Ich bin gespannt auf die vielen weiteren Erkenntnisse und Erlebnisse, die noch kommen werden.