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COP 27: Bekämpfung des Hungers nicht in Sicht

Ernährungssicherheit und die Bekämpfung des Klimawandels sind eng miteinander verknüpft. Initiativen zur Hungerbekämpfung sind auf der gegenwärtig in Ägypten ausgerichteten 27. Weltklimakonferenz jedoch schwach, trotz der international verbrieften Menschenrechte auf Nahrung und auf Wasser. Um die Ernährungskrise abzumildern, braucht es eine massive Aufwertung innerhalb der Klimaverhandlungen.

Von Dr. Ingrid Jacobsen am
Foto_COP27

Plakat am Pavillon der Zivilgesellschaft

Wir leben in einem Zeitalter der „multiplen Krisen“: Zunehmende militärische Konflikte, ein massiver Biodiversitätsverlust, eine nicht enden wollende Corona-Pandemie, wachsende soziale Ungleichheit und weltweite Einbrüche in der Nahrungsmittelproduktion bedingen und verstärken sich gegenseitig. Über allem schwebt der Klimawandel, dessen Folgen alles bisher Erlebte in den Schatten stellen werden, wenn jetzt nicht schnell gehandelt wird.

Die gravierendsten Auswirkungen zeigen sich am weltweiten Hunger. Die Hungerzahlen steigen bereits seit 2016 kontinuierlich an. Schon vor dem Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine konnten sich 3,1 Milliarden Menschen keine gesunde Ernährung mehr leisten. Das sind 112 Millionen mehr als 2019 und mehr als jeder dritte Mensch auf der Erde. Wir steuern weltweit auf die größte Hungerkrise seit dem Zweiten Weltkrieg zu.

Als Hungerursachen gelten vor allem die Zunahme militärischer Konflikte und die weltweite soziale Ungleichheit. Diese führt dazu, dass viele Menschen sich eigentlich ausreichend vorhandene Lebensmittel nicht mehr leisten können. Der Klimawandel befördert beides: Er verstärkt weltweit das Konfliktpotential beispielsweise um Land und Trinkwasser und er führt zur weiteren Verarmung großer Bevölkerungsgruppen, insbesondere im „Globalen Süden“. Extremwetterereignisse wie Starkregen und Dürren führen zudem regional zu Ernteausfällen, die akuten Hunger zur Folge haben. Die Erhöhung von Durchschnittstemperaturen und schleichende Veränderungen der Niederschlagsmuster können regional zu massiven Produktionseinbußen oder sogar zur Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche führen, die eine klimainduzierte Flucht und Migration befördern.

Hunger durch Klimawandel wird kaum thematisiert

Entsprechend könnte man erwarten, dass auf der diesjährigen COP 27, die unter dem Motto „Together for Implementation (Gemeinsam für die Umsetzung)“ ausgerichtet wird, die Anpassung der Ernährungssysteme an den Klimawandel bzw. die Abfederung von durch Extremereignisse ausgelöste Hungerkatastrophen großen Raum einnehmen würden. Abgesehen von Initiativen der durch die schwierige Menschenrechtlage in Ägypten geschwächten Zivilgesellschaft wird die Ernährungsfrage auf der COP jedoch wenig thematisiert.

Zwar wird es dieses Jahr, und das ist neu, jeweils einen Thementag zur Landwirtschaft und einen zur Wasserversorgung geben. Eine erfolgreiche Wiederaufnahme eines Verhandlungsprozesses zur Anpassung der Nahrungsmittelproduktion an den Klimawandel, des sogenannten Koronivia-Prozesses, erweist sich jedoch bisher als sehr schwerfällig und bezieht menschenrechtliche Aspekte nicht mit ein.

Die Mehrzahl der thematischen Pavillons und der Ländervertretungen beschäftigt sich mit technischen Innovationen in der Landwirtschaft, die einseitig auf wenig nachhaltige Produktionszuwächse setzen und Verteilungsfragen nicht in den Blick nehmen. Groß angepriesen werden Projekte des Emissionshandels: Möglichkeiten, im „Globalen Norden“, emittierte Treibhausgase im „Globalen Süden“ durch Klimaprojekte zu kompensieren, erhalten durch die gegenwärtige Überarbeitung und Abschwächung des Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens großen Auftrieb. Dabei wird stark auf die Initiative privater Investoren gesetzt.

Rechte auf Nahrung und auf Wasser  als Teil der Klimaverhandlungen

Zur Verhinderung einer Welternährungskrise ungeheuren Ausmaßes fordern zivilgesellschaftliche Akteure, darunter Brot für die Welt, einen Stopp der absoluten Emissionen weltweit. Der Möglichkeit für Industrieländer, ihre Emissionen durch Kompensationen von Treibhausgasen im „Globalen Süden“ auszugleichen, sogenannte „False Solutions“, muss ein Riegel vorgeschoben werden.

Agrarökologische Ansätze müssen gestärkt werden, um die landwirtschaftliche Produktion und die Bekämpfung der Klimakrise miteinander zu verbinden. Unabdingbar ist der Schutz der produktiven Ressourcen wie Wasser und fruchtbares Ackerland für die Nahrungsmittelproduktion. Diese geraten jetzt durch Initiativen des Emissionshandels und der Energiegewinnung für den Export in den „Globalen Norden“ immer weiter unter Druck.

Eine besondere Unterstützung brauchen bäuerliche Familien- und Kleinbetriebe, die weltweit bis zu 70 Prozent der Nahrungsmittelproduktion bereitstellen und am besten in der Lage sind, die die Nahrungsmittelproduktion zu diversifizieren und somit die Nahrungsmittelproduktion dem Klimawandel gegenüber resilienter zu machen. Handlungsleitend müssen dabei die Ernährungssouveränität und die Menschrechte auf Nahrung und auf Wasser sein.

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Kleinbäuerin Claudine Hashazinyange mit Avocados vom Baum ihres Schwiegervaters.

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