Im Rahmen der „Initiative Lieferkettengesetz“ hat sich Brot für die Welt erfolgreich für die Verabschiedung eines deutschen Lieferkettengesetzes eingesetzt. Nun engagieren wir uns für seine ambitionierte Umsetzung. In einem vom Bundesarbeitsministerium initiierten Branchendialog Energiewirtschaft kommen Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften, das Deutsche Institut für Menschenrechte und zivilgesellschaftliche Organisationen zusammen, um sich über menschenrechtliche Risiken der Branche und den Umgang damit zu verständigen. Das erste Arbeitsergebnis, eine Publikation zu menschenrechtlichen Risiken entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten zeigt: Vom Rohstoffabbau über die Energieerzeugung bis zur Entsorgung, die Liefer- und Wertschöpfungsketten deutscher Energieunternehmen enthalten zahlreiche menschenrechtliche Risiken.
Ausstieg aus den Fossilen, Kohle, Öl und Erdgas muss schnell erfolgen
Die durch die anhaltende Förderung und Verbrennung fossiler Energieträger vorangetriebene Klimakatastrophe sowie der Abbau fossiler Rohstoffe gefährden Menschenrechte massiv. So verbraucht der Steinkohletagebau „El Cerrejón“ in Kolumbien eine Fläche fast so groß wie Berlin, die indigene Bevölkerung wurde zwangsumgesiedelt und massive Umweltschäden tragen zu einer erhöhten Kindersterblichkeit bei. Auch die Klimawirkung von Erdgas wurde lange Zeit unterschätzt durch das Außerachtlassen von Methanemissionen, die bei Förderung, Lagerung, Transport und Verbrauch entstehen. Deshalb fordern wir: Der endgültige Ausstieg aus den Fossilen, Kohle, Öl und Erdgas muss innerhalb weniger Jahre umgesetzt werden.
Keine Wiederkehr von Menschenrechtsverletzungen des fossilen Energiesystems bei den Erneuerbaren Energien
Beim für den Ausstieg aus den Fossilen notwendigen Ausbau der Erneuerbaren gibt es wiederum eigene menschenrechtliche Risiken. Viele Partnerorganisationen, mit denen Brot für die Welt arbeitet, setzen sich dafür ein, dass Rohstoffabbau oder großangelegte Energieprojekte nicht zu Menschenrechtsverletzungen führen. So machte Brot für die Welt im Austausch mit lokaler Zivilgesellschaft und indigenen Gemeinden auf die gravierende Wasserknappheit und sich verschlechternde Lebensbedingungen in vom Lithiumabbau betroffenen Regionen in Argentinien, Bolivien und Chile aufmerksam. Die mexikanische Menschenrechtsorganisation ProDesc hat gemeinsam mit der Gemeinde von Unión Hidalgo im Bundesstaat Oaxaca das Megawindparkprojekt Gunaa Sicarú gestoppt. Denn die Windkraftanlagen des französischen Konzerns EDF sollten auf indigenem Gebiet entstehen, doch die indigene Gemeinde wurde im Genehmigungsprozess nicht konsultiert.
Perspektiven von Betroffenen müssen im Zentrum von Sorgfaltspflichten stehen
Damit Unternehmen menschenrechtliche Risiken wirksam adressieren, ist es wichtig, dass die Stimmen und Perspektiven von Betroffenen und ihren legitimen Interessensvertretungen dabei im Zentrum stehen. Arbeiter:innen, betroffene Gemeinden, lokale Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger:innen weltweit kämpfen an erster Stelle für ihre Rechte und verstehen die Verletzung dieser am allerbesten. Menschenrechtsstrategien, die davon losgelöst stattfinden, werden ihr Ziel verfehlen und wenig zu der Verbesserung der Situation von Arbeiter:innen und betroffenen Gemeinden beitragen.
Potenziale der Erneuerbaren Energien für ein global gerechtes Energiesystem nutzen
Die Energiewende muss nicht nur menschenrechtskonform, sondern global gerecht sein. Partnerorganisationen, mit denen Brot für die Welt zusammenarbeitet, setzen sich in verschiedenen Ländern der Welt für die Stärkung lokaler Wertschöpfung, sowie den Ausbau Erneuerbarer Energien und breiteren Zugang zu erneuerbar generiertem Strom ein. Diese können wichtige Beiträge für die lokale wirtschaftliche Entwicklung leisten und dabei helfen, Energiedefizite zu überwinden. Denn 733 Millionen Menschen weltweit leben ohne Stromversorgung.
Was fordern wir?
Freiwillige Branchendialoge können sinnvolle Instrumente sein, um in Einzelfällen den individuellen Einfluss von Unternehmen zu vergrößern, sowie sich darüber zu verständigen, inwiefern Maßnahmen wirksam und angemessen sind um Menschenrechtsproblemen zu adressieren. Sie ersetzen aber nicht die individuelle Unternehmensverantwortung für die Achtung der Menschenrechte sowie für Umwelt- und Klimaschutz; und diese muss Pflicht und keine Kür sein. Das in diesem Jahr in Kraft getretene deutsche Lieferkettengesetz hat hier ein begrüßenswertes erstes Signal gesetzt. Jedoch sollte das Ambitionsniveaus erhöht und die Pflichten auf Unternehmen in der gesamten Europäischen Union ausgeweitet werden. Deshalb fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis, aber auch Unternehmen ein ambitioniertes europäisches Lieferkettengesetz. Wir fordern die Bundesregierung auf, insbesondere auch hinsichtlich Klimaschutz und dem Einbezug von Betroffenen und ihren legitimen Interessensvertretungen ihre Position im laufenden Gesetzgebungsverfahren nachzubessern (siehe unten).
Gemeinsame Erklärung Brot für die Welt, BUND, IG-Metall und Misereor: