Das Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) will die deutsche Rüstungsexportpolitik stärker als bisher an friedens-, menschenrechts- und sicherheitspolitischen Zielen ausrichten. So soll das Kriterium der Wahrung von Menschenrechten um die Themen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ergänzt werden. Das ist zu begrüßen und weckt begründete Hoffnung, dass Rüstungsexporte an Staaten, in denen andauernde Menschenrechtsverletzungen, genderspezifische Gewalt oder Gewalt gegen Minderheiten zu beobachten sind, untersagt werden. Schaut man genauer hin, erweist sich der Entwurf jedoch als halbherzig und zahnlos.
Unzureichende Rechenschaftspflicht
Da die Eckpunkte keine Etablierung eines Verbandsklagerechts vorsehen, muss die Bundesregierung weder gegenüber den BürgerInnen in Deutschland, noch gegenüber denjenigen, die unter den Auswirkungen von Rüstungsexporten zu leiden haben, ernsthaft Rechenschaft ablegen. Hier muss die Regierung nachbessern, so fordern die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), in der auch Brot für die Welt vertreten ist, weitere ökumenische Initiativen (siehe Links im Anhang) und namhafte Forschungseinrichtungen. Diese Forderung teilt Brot für die Welt, denn zahlreiche unserer Partner, die sich für Frieden und Konflikttransformation in Krisenregionen engagieren, müssen immer wieder erleben, wie die Verbreitung von Waffen unter anderem aus deutscher und europäischer Provenienz ihre Bemühungen untergräbt. Auch für sie würde ein Verbandsklagerecht die Möglichkeit schaffen, juristische Schritte zu unternehmen.
Überdies enthält das Eckpunktepapier keinen Hinweis auf die rechtliche Festschreibung der Grundsätze zur Eindämmung von Kleinwaffen, die 2015 beschlossen wurden. Zudem lässt es offen, wie verhindert werden soll, dass Unternehmen die deutsche Exportkontrolle durch Ausgründungen oder den Erwerb von Anteilen an ausländischen Rüstungsfirmen, durch technische Unterstützung und Knowhow-Transfer unterlaufen.
Zusammenarbeit für EU-weite Regelung
Besondere Aufmerksamkeit, Sensibilität und Sorgfalt verdient die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, die bereits im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition prominent erwähnt wurde. Dort hatten die Regierungsparteien (auf S. 116) versprochen: „Für eine restriktive Rüstungsexportpolitik brauchen wir verbindlichere Regeln und wollen daher mit unseren europäischen Partnern eine entsprechende EU-Rüstungsexportverordnung abstimmen. Wir setzen uns für ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz ein. Unser Ziel ist es, den gemeinsamen Standpunkt der EU mit seinen acht Kriterien sowie die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, die Kleinwaffengrundsätze und die Ausweitung von Post-Shipment-Kontrollen (Endverbleibskontrollen, M.F.) in einem solchen Gesetz zu verankern. Nur im begründeten Einzelfall, der öffentlich nachvollziehbar dokumentiert werden muss, kann es Ausnahmen geben. Den Rüstungsexportkontrollbericht werden wir transparent gestalten. Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind."
Dem Eckpunktepapier zufolge sollen die Kriterien, auf die sich die EU-Mitgliedstaaten im Gemeinsamen Standpunkt zu Rüstungsexporten 2008 geeinigt haben, um Waffenlieferungen in Kriegs- oder Spannungsgebiete zu unterbinden, auf jeden Fall in das deutsche Rüstungsexportkontrollgesetz übernommen werden. Das ist zu begrüßen. Allerdings bleiben die Eckpunkte in der Frage, wie die europäische Rüstungskooperation im Hinblick auf die Exportpraxis kontrolliert werden soll, völlig vage. Die Ankündigung, dass deutschen Standards mehr Gewicht verliehen werden soll, wirkt nicht überzeugend, zumal die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen bei Kooperationsprojekten im Raum steht. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass deutsche Rüstungsexportbestimmungen bei Zulieferungen zu europäischen Kooperationsprojekten nicht mehr greifen sollen. So ist zu befürchten, dass noch mehr Rüstung aus Deutschland über Umwege in Kriegsgebiete gelangt, und es besteht die konkrete Gefahr, dass das deutsche Rüstungsexportkontrollrecht regelrecht ausgehöhlt und aufgeweicht wird.
Kontrolle der Waffenexporte nur mit Verbandsklagerecht
Um zu einem wirksamen und glaubwürdigen Rüstungsexportkontrollgesetz zu gelangen, muss die Bundesregierung unbedingt ein Verbandsklagerecht etablieren, die Kleinwaffengrundsätze explizit festschreiben, eine bessere Kontrolle deutscher Firmen im Ausland gewährleisten und bei der Rüstungszusammenarbeit auf EU-Ebene nachbessern. Sie sollte sich dazu verpflichten, sich mit Nachdruck für die Etablierung einer restriktiven rechtlichen Regelung auf EU-Ebene einzusetzen, die dem gemeinsamen Standpunkt endlich zur Umsetzung verhilft. Dafür müssen konkrete Vorschläge unterbreitet werden. Gleichzeitig darf man aber Initiativen für eine restriktivere Praxis nicht einfach auf die europäische Ebene verschieben, sondern man muss auf nationaler Ebene mit wirksamen Kontrollmechanismen vorangehen und ein gutes Beispiel vorgeben, um auch andere Länder dafür zu motivieren. Für Anfang Dezember plant das BMWK Anhörungen, bei denen Verbände, NGOs und wissenschaftliche Einrichtungen den Eckpunkteentwurf kommentieren sollen. Die Position von Brot für die Welt wird dort durch die GKKE vertreten.