Anlässlich einer aktuellen Kontroverse diskutierte der Ausschuss in seiner Herbstsitzung die Frage, ob, bzw. wie weit global agierende Telekommunikationsdienstleister zur staatlichen Überwachung der Bevölkerung in Myanmar beitragen können und damit das Ausschlusskriterium 1.2.3. („Das Unternehmen unterstützt durch seine Tätigkeit repressive Regime oder Bürgerkriege“) des Kriterienkataloges des FairWorldFonds tangiert ist.
Welche Branchen unterstützen repressive Regime?
In der Diskussion ging es um Fragen, wie sich global agierende Unternehmen gemäß der UN-Leitprinzipien in repressiven Staaten verhalten sollen. Für die Prüfverfahren des FairWorldFonds bedeutet das, dass über die Unternehmensprofile, die als Grundlage für Entscheidungen zur Aufnahme von Unternehmen in den Fonds dienen, noch stärker abgewogen werden muss, in welchen Ländern Unternehmen aktiv sind. Von Unternehmen, die Technologien bereitstellen die Überwachung oppositioneller Gruppen ermöglichen, müsse Abstand genommen werden, wenn sie von Staaten zur Überwachung der Bevölkerung verwendet werden können.
Gesetzeslage bei Tierversuchen in China
Ein weiterer Tagesordnungspunkt betraf den Umgang mit Unternehmen, die Tierversuche durchführen. Der FairWorldFonds schließt Unternehmen aus, die nicht gesetzlich vorgeschriebene Tierversuche (in der Regel zur Herstellung von Kosmetikprodukten) durchführen. Die Grundlage für das Kriterium ist der europäische Rechtsrahmen, der über die EU Kosmetikverordnung Tierversuche grundsätzlich verbietet. In der EU Chemikalienverordnung REACH, werden jedoch auch Ausnahmen für Tierversuche formuliert.
Der Hintergrund der Diskussion im Kriterienausschuss war ein Unternehmen, das seine Produkte in Europa ohne die Anwendung von Tierversuchen herstellt, jedoch der Import der Produkte nach China Tierversuche vorsieht. Die Gesetzeslage bei Tierversuchen ist global höchst unterschiedlich geregelt. So waren in China Tierversuche für alle Kosmetikprodukte lange vorgeschrieben, die in Europa tierversuchsfrei auf den Markt kamen. Erst ab 2021 haben sich in China diese Vorschriften verändert. Seitdem sind die sog. „nicht speziellen Kosmetikprodukte“ zu denen etwa Sonnencremes oder kosmetische Produkte für Babys und Kleinkinder gehören, tierversuchsfrei, auch bei Importprodukten.
Eine Anpassung des entwicklungspolitischen Kriteriums 1.3.10. des FairWorldFonds an einen bestimmten gesetzlichen Maßstab hat sich daher nicht angeboten, weil kein höheres Ambitionsniveau über die europäische Gesetzeslage erreicht werden kann und zudem die Einhaltung oder Nicht-Einhaltung der Gesetze bislang nicht überprüfbar ist.