Der spanische Philosoph Paul Preciado formulierte ganz zu Beginn der Covid-19 Pandemie in einem Artikel den folgenden denkwürdigen Satz:
„Wir sollten die Zeit und die Kraft der Isolation nutzen, um die Traditionen des Kampfes und des Widerstandes von Minderheiten zu studieren, die uns geholfen haben, bis hierher zu überleben.“
Pessimismus und Hoffnungslosigkeit können sich breitmachen, wenn wir auf den Zustand der Welt blicken, auf die sich zuspitzenden kriegerischen Auseinandersetzungen, auf die, die wir kennen und auf die, die wir viel weniger wahrnehmen. Der Klimawandel, der immer mehr zur Klimakatastrophe wird, stellt in einigen Regionen der Welt bereits heute eine akute Bedrohung für das Überleben dar. Die soziale Ungerechtigkeit hat gerade in Zeiten der COVID-19-Pandemie massiv zugenommen und die Lebensbedingungen haben sich in vielen Regionen der Welt verschlechtert.
Von der Notwendigkeit der Horizonterweiterung
Preciado untermauert seine Aussage in seinem neuesten Buch „Dysphoria mundi“, das bisher nur auf Spanisch vorliegt, und weitet den Blick auf die anderen, bisher wenig beachteten oder gar verachteten, lächerlich gemachten und vergessenen Perspektiven.
Die Inlandsförderung von Brot für die Welt hat es sich zur Aufgabe gemacht, Initiativen zu fördern, die den Blick weiten. Durch die Förderarbeit der Inlandsförderung von Brot für die Welt konnten in den Jahren 2022/23 über 600 Projekte unterstützt werden. Mit dem Förderschwerpunkt Dekolonialität haben wir darüber hinaus ein besonderes Augenmerk daraufgelegt, andere Narrative zu fördern und zu stärken, eben jene Narrative, die eurozentrische Sichtweisen herausfordern und darüber hinaus die Kolonialgeschichte kritisch aufarbeiten, die bis heute einen hohen Anteil an den globalen Ungerechtigkeiten und Verwerfungen der Gegenwart hat.
Der Beitrag der vielen kleinen Initiativen
Der Förderbericht der Inlandsförderung stellt einige Initiativen und Projekte vor, die uns berichten, wie sie gemeinsam mit Aktivist*innen aus dem Globalen Süden Strategien entwickeln und von ihnen lernen, um solidarische Projekte in Deutschland zu stärken. Wie entwickeln sich bewährte Praktiken des Fairen Handels weiter, wie gehen wir als Institutionen mit unserem kolonialen Erbe um und wie kann kirchliches Engagement vor Ort zur Transformation beitragen?
Die Preisträger*innen des 7. Ökumenischen Förderpreises haben ein langjähriges Engagement, Preciado würde von Widerstand sprechen, vorzuweisen und sind damit Teil jener transformativen Kräfte, die dazu beitragen, dass Solidarität, Zusammenhalt und das Ringen um gerechte Zukünfte einen Platz in der Gesellschaft haben. Gerade in Zeiten von Kriegen, Klima- und anderen Katastrophen stricken diese vielen kleinen und großen Initiativen an einer gerechteren, solidarischeren und auch besser informierten Welt.