Die Weltmeere spielen eine entscheidende Rolle im Klimageschehen und sie haben einen dementsprechend großen Einfluss auf den Verlauf des Klimawandels. So absorbierten sie laut dem Weltklimarat, seit den 1970er Jahren etwa 93 Prozent der durch den Klimawandel zusätzlich erzeugten Wärmeenergie in der Atmosphäre. Außerdem hat der Ozean seit Beginn der Industrialisierung etwa 28 Prozent des bisher emittierten Kohlenstoffdioxids aufgenommen, dies entspricht einer Menge von rund 2,5 Milliarden Tonnen jährlich. Dieses Abpuffern des Klimawandels hat aber seinen Preis: Der Klimawandel hat hohe Wassertemperaturen, den Anstieg des Meeresspiegels, Sauerstoffmangelzonen, Versauerung und veränderte Meeresströmungen zur Folge.
Dies wirkt sich erheblich auf Ökosysteme, Artenvielfalt und Verbreitung von Lebewesen aus. Temperaturstress, erhöhter Meeresspiegel, die Versauerung der Ozeane, veränderte Meeresströmungen und der zunehmende Sauerstoffmangel werden im marinen Milieu eine ganze Bandbreite an schwerwiegenden Auswirkungen zeigen. Trotz der regionalen Unterschiede wirken besonders die in Folge des Klimawandels erhöhten Meerestemperaturen direkt auf Meerestiere ein. Zum einen gibt es physiologische Grenzen, bei denen Wachstum und Reproduktion von Meeresorganismen reduziert werden. Jede Art hat im Ökosystem eine ökologische Nische eingenommen, für deren Gestalt die sogenannte ökologische Potenz und Toleranz der jeweiligen Arten gegenüber den spezifischen Umweltbedingungen entscheidend ist. Ändern sich die Umweltbedingungen über die Toleranzgrenzen der Arten hinaus, ergeben sich negative Folgen für deren Überleben. Von den rund 30.000 bekannten Fischarten wurde eine Reihe von Arten untersucht, die zeigten, dass Anomalien im Ökosystem einen teilweise erheblichen Einfluss auf sie haben können.
Nahrungsquelle Fisch in Gefahr
Wirklich klar wird die Tragweite der Klimakrise in den Ozeanen erst dann, wenn die sozialen und ökologischen Aspekte zusammen betrachtet werden und darüber hinaus der Umstand einbezogen wird, dass die Klimafolgen sich global keineswegs gleich auswirken. Entlang des Äquators sind viele der oben angedeuteten negativen Effekte des marinen Klimawandels stärker ausgeprägt als in den nördlichen Meeresgebieten, siehe Studie.
Den größten Druck übt die Klimakrise dabei auf die Ernährungssicherheit und immer größere Teile des Küstenraums im Globalen Süden mit all seiner Biodiversität und seinen Siedlungsflächen aus. Am Ende sind es die dortigen lokalen Küstengemeinschaften, welche die Klimafolgen am härtesten treffen werden. Sie, die am abhängigsten von intakten Ozeanen sind und über den geringsten ökonomischen Spielraum zur Anpassung verfügen, sind es, deren gesamte Existenzgrundlage infrage gestellt ist. Global finden wir keineswegs alle Platz im selben (Rettungs-)Boot.
Risiken für Fischerei durch Klimakrise
Die Klimakrise, globale Umweltzerstörungen und der Verlust an Biodiversität verursachen enorme Risiken. Armut, fehlende Partizipation und die jeweilige Abhängigkeit von stabilen Naturräumen bestimmen die konkrete Verwundbarkeit. In den Küstenregionen des globalen Südens ist die Bedrohung durch Extremwetter deutlich höher als im Norden.
Für niedrig liegende Küstenregionen und zahlreiche Inselstaaten ist die Höhe des Meeresspiegelanstiegs eine Frage über Sein oder Nichtsein. Mit jedem Zentimeter, um den die Fluten steigen, verlieren die Küsten weltweit an Fläche. Aus Land wird Meer. Diese Welle dringt unaufhaltsam vor. In niedrig liegenden Küstenzonen, welche höchstens zehn Meter über dem Meeresspiegel liegen, siedeln derzeit um die 700 Millionen Menschen auf nur knapp zwei Prozent der globalen Landfläche. Überdurchschnittlich viele von ihnen tun dies im Globalen Süden und in Flussdeltas.
Was der Meeresspiegelanstieg bedeutet
In China, Indien, Bangladesch, Indonesien, Vietnam und Nigeria siedeln jeweils mehr als 50 Millionen Menschen in diesen Zonen. Die Deltas nehmen nur ein halbes Prozent der Landfläche ein, aber sie beherbergen mit knapp 340 Millionen Menschen fast die Hälfte dieser Küstenbevölkerung, die sich verstärkt gegen Fluten und Stürme wappnen muss. Entlang der Küsten liegen, oftmals gerade in diesen Deltagebieten, zwei Drittel der Megastädte der Welt mit jeweils mehr als zehn Millionen Bewohner*innen. Untersuchungen gehen je nach Szenario davon aus, dass im Jahr 2100 der Anteil der Weltbevölkerung, der in niedrig liegenden Küstenzonen lebt, auf ein bis zwei Milliarden Menschen steigen wird.
Ein Meeresspiegelanstieg von einem Meter heißt für sie, dass etwa 75 Prozent der ohnehin sehr begrenzten Landflächen bald nicht mehr existieren. Schon seit Jahren können die Menschen dort dabei zusehen, wie ihre Strände verschwinden. Auf Kiribati übertreten bereits einfache Hochwasser die Ufer, überschwemmen die Gärten der Insulaner*innen und umschließen viele ihrer Wohnhäuser. Dem Inselstaat bleibt nur die Möglichkeit, Grund aufzuschütten und höher zu bauen – oder seine Bevölkerung zu Klimaflüchtlingen werden zu lassen.
Der Ozean verschlingt neben den Stränden und Siedlungsflächen auch die küstennahen Infrastrukturen. Mit dem Verlust der Küstenrandstraßen, Hafenanlagen der Metropolen und ihren wassernahen Geschäftsvierteln, der Anlandungsstellen der Kleinfischerei, der Orte der Fischverarbeitung und der überall verstreuten touristischen Hotels und Zentren bricht die Ökonomie der Küstenzonen zusammen. Über Flusssysteme und das Grundwasser dringt das Meerwasser noch weiter in das Binnenland vor und gefährdet durch Versalzung die Landwirtschaft und Trinkwasserversorgung.
Handwerkliche Fischerei
Über 90 Prozent ihrer Fänge erzielt die Fischerei in den Küstenzonen, dementsprechend können die Auswirkungen des Klimawandels auf die genutzten Fischbestände hier also besonders gravierend sein. Das betrifft neben den für Klimaveränderungen sensiblen subpolaren Regionen vor allem die tropischen Regionen, in denen die Subsistenz- und handwerkliche Fischerei einen wichtigen ökonomischen, sozialen und kulturellen Wert für die Küstenbevölkerung darstellen
Fisch und Meeresprodukte sind für viele Menschen eine wichtige Nahrungsquelle. Die gesamte Weltbevölkerung verbrauchte im Jahr 2018 rund 179 Millionen Tonnen marine Produkte, wobei die Aquakultur eingerechnet ist. Verglichen mit den 327 Millionen Tonnen Fleisch, die 2018 produziert wurden, trägt der Verzehr von Fisch somit wesentlich zur weltweiten Versorgung mit tierischen Proteinen bei. Insbesondere mit dem hohen Gehalt an Eiweißen, gesunden Omega-3-Fettsäuren und Vitamin A sowie lebenswichtigen Spurenelementen wie Eisen, Jod, Zink oder Selen ist Fisch ein wertvolles Lebensmittel.
Klimawirkungen an Afrikas Küsten
Neben Missmanagement und Überfischung wird der Klimawandel die afrikanischen Küstenhabitate verändern und für einen Bestandsrückgang der Fische sorgen. Küstenzonen wie Flussmündungen und Deltas mit reichen Mangrovenwäldern sind durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht. Mangroven sind zwar in der Lage, sich landeinwärts bei einem gemäßigten Anstieg des Meeresspiegels zurückzuziehen. Steigt der Meeresspiegel aber rasch an, sorgt das eindringende Salzwasser für ein geringeres Wachstum der Pflanzen. Zudem können verstärkt bauliche Maßnahmen zum Schutz der Küste in Zukunft die Ausbreitung von Mangroven verhindern. Da ein Drittel der Meeresfischarten ihre Kinderstube in Mangrovenwäldern hat, wirkt sich der Verlust dieses Lebensraums in stark negativer Weise auf die Fischbestände aus. Der gleiche Effekt stellt sich beim Schwund der Korallenriffe infolge von Hitzestress und Korallenbleichen ein. Der Verlust der Küstenhabitate könnte langfristig die gravierendste Auswirkung des Klimawandels auf die afrikanische Fischerei sein.
Die Fischerei sollte bei Antworten auf den Klimawandel mit Blick auf die Ozeane und Meere eine Schlüsselstellung einnehmen. Sie ist sowohl von Seiten des Meeresschutzes als auch von ihrer entwicklungspolitischen Dimension her ein entscheidendes Element für eine sinnvolle maritime Klimapolitik. Sicher betreffen sehr viele Entscheidungen zum Klimaschutz Probleme, die an Land ihren Ursprung haben. Die Ozeane und Meere zu vernachlässigen, wie es bereits viel zu lange geschehen ist, wäre jedoch ein fataler Fehler.
„Verluste und Schäden“
Nun, da nach langen Auseinandersetzungen sich die Staaten auf einen Globalen Klimafonds geeinigt haben, der für durch die Klimatatstrophe verursache Schäden und Verluste in Entwicklungsländern aufkommen soll, stellt sich die Frage, wie können auch die Küstengemeinden und die Kleinfischerei davon profitieren. Wie oben beschrieben machen sich die Klimawirkungen momentan vor allem an den Küstenlinien bemerkbar, nicht an allen Ozeanen, aber zum Beispiel am Ostatlantik, den sandigen Küsten West- und Zentralafrikas. Hier verschwinden jährlich zahlreiche strandnahe Reihen von Häusern in Fischerdörfern, zum Beispiel in Togo und die Küstenstraßen und Industrieanlagen verhindern einen Neubau, ebenso wie eine Ausdehnung der Dörfer, so wird der Raum in dem einzigen Fischerdorf bei Lomé immer enger vor allem junge Fischer und Frauen geben es auf und ziehen weg.
In anderen Ländern Westafrikas, vor allem in Senegal, Gambia oder Guinea, zerstört der ansteigende Meeresspiegel die Anlandeflächen für die großen Pirogen und die Gebäude für Lagerung und Verteilung des Fangs, aber auch die Kühlhäuser. Zum Teil, wie in Guinea auch die Verarbeitungsstellen für Fisch, in denen Frauen Fisch räuchern oder salzen. Diese Schäden und vor allem die Verluste müssten von den Verursachern der Klimakatastrophe entschädigt werden, damit die Anlande- und Verarbeitungsmöglichkeiten im Landesinneren neu errichtet werden können. Aber wie in Togo wird das nicht leicht sein, weil dazu die Kommunen Küstenstraßen verlegen und neues Bauland in Strandnähe erwerben müssen. Hier könnte der Fond ansetzen und helfen den Fischfang als Nahrungsquelle und Einkommen zu erhalten.
Ohne Fisch, kein Fischfang
Nur ohne Fisch, kein Fischfang. Das ist die große Unsicherheit, den die Versauerung und die Erwärmung der Meere lassen Kinderstuben des Jungfischs, Mangroven und Korallen verschwinden. Zu beobachten sind die Folgen der Erwärmung jetzt schon, zum Beispiel bei Sardinenarten die nordwärts ziehen in nördliche, kältere Gewässer und in den Netzen Afrikas fehlen, zum Wohle so mancher europäischer Fischer. Auch hier wären Bestandsuntersuchungen und Vorhersagen wichtig, um diese Fangverluste zu kompensieren. Dazu müsste dieser neue Fonds auch aktuelle Bestandserfassungen finanzieren, denn sonst sind die Verluste später nicht messbar.
Die Begeisterung und das Engagement der Verbände der Kleinfischerei über Beschlüsse der Klimakonferenzen ist daher nicht besonders groß. Zu oft sehen sie Mittel aus Entwicklungszusammenarbeit, Weltbank, internationalen Gebern oder Globalen Fonds vorbeiziehen und Mittel bleiben höchstens für „ländliche Entwicklung“ hängen, wobei meist aber die Landwirtschaft gemeint ist, als wären die Küsten unbewohnt.
Cornelia Wilß (Passage-Agentur für WeltThemen) hat die Verfassung dieses Blogs mit Recherchen und Textbeiträgen unterstützt.