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Menschenrechte: Was wurde aus den Versprechen?

Vor einem Jahr ist die Bundesregierung mit weitreichenden Ankündigungen angetreten: Sie wollte den Schutz der Menschenrechte zum Kompass ihrer Außenpolitik machen und diese mit einer Reihe konkreter Vorhaben stärken. Zum Tag der Menschenrechte stellt Brot für die Welt aber fest: Die großen Worte werden bisher nicht konsequent umgesetzt.

Von Dr. Johannes Icking am
Das Menschenrechtslogo symbolisiert den friedlichen Einsatz für die Menschenrechte

Das Menschenrechtslogo symbolisiert den friedlichen Einsatz für die Menschenrechte.

Noch nie hatte eine deutsche Bundesregierung ihr Bekenntnis zur übergreifenden Bedeutung der Menschenrechte so deutlich formuliert: Menschenrechte, so das im Koalitionsvertrag gemachte Versprechen, sollen den Kompass der Politik der neuen Regierung darstellen.

Ein Kompass zeigt den Weg und er ist dann besonders wichtig, wenn man sich zwischen mehreren möglichen Pfaden entscheiden muss. In der Außenpolitik kommt es immer wieder zu Zielkonflikten zwischen politischen oder wirtschaftlichen Interessen auf der einen und dem Eintreten für Menschenrechte auf der anderen Seite. Wenn sie echte Leitwerte sein sollen, dann dürfen die Menschenrechte aber nicht bei jeder Gelegenheit von anderen Interessen übertrumpft werden. Gerade das war aber bei den Vorgängerregierungen zu oft zu beobachten. Der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung hingegen gab einige konkrete Versprechen ab. Zum Beispiel: „Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“

Nichtsdestotrotz ließ sich auch die Ampelkoalition im ersten Regierungsjahr nicht immer von Menschenrechten leiten. Das eindrücklichste Beispiel hierfür war die Genehmigung von Waffenexporten an Saudi-Arabien, einem Land, dem im Jemen-Krieg schwerste Kriegsverbrechen wie die Bombardierung von Krankenhäusern und Schulen vorgeworfen werden. In diesem Fall hat die Regierung nicht nur den Menschenrechtskompass nicht genutzt, sondern ganz explizit gegen die im Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung verstoßen, keine Waffen an Beteiligte dieses Kriegs zu liefern.

Vorreiterrolle im Umgang mit Iran

Wie eine menschenrechtsgeleitete Außenpolitik aussehen kann, hat die Bundesregierung vor kurzem im Zuge der Krise im Iran gezeigt. Hier hatte sich Außenministerin Baerbock früh für gezielte EU-Sanktionen gegen die Verantwortlichen für die Gewalt gegen Protestierende eingesetzt. Zudem wurde gemeinsam mit Island eine Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats beantragt, der daraufhin eine internationale Untersuchungsmission zu den begangenen Menschenrechtsverletzungen einsetzte. Eine solche Vorreiterrolle in menschenrechtlichen Krisensituationen hatte Deutschland in der Vergangenheit selten gespielt.

Ein anderes berechtigtes Anliegen der Bundesregierung waren im vergangen Jahr die schweren Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen gewesen, die russische Truppen im Rahmen des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine begangen haben. Hier hat die Bundesregierung eine Vielzahl von Sanktionen gegen hochrangige russische Regierungsvertreter, Oligarchen und Unternehmen unterstützt und die Einrichtung eines UN-Sonderberichterstatters zur Menschenrechtslage in Russland vorangetrieben. Zudem unterstützt sie die Ukraine bei der strafrechtlichen Aufarbeitung von russischen Kriegsverbrechen.

Entscheidend ist aber, dass die Bundesregierung auch bei jenen Menschenrechtskrisen entschieden handelt, die nicht im weltweiten Fokus stehen. Die Partner von Brot für die Welt in Äthiopien, den Philippinen oder in Mexiko, um nur drei von vielen solcher Krisen weltweit zu nennen, erwarten von der Bundesregierung seit vielen Jahren Unterstützung bei der Aufarbeitung schwerster Menschenrechtsverletzungen. Hier muss Deutschland öfters mit eigenen Initiativen mutig voranschreiten, auch wenn Mehrheiten in der EU oder im UN-Menschenrechtsrat nicht gewiss erscheinen. Das Beispiel Iran hat gezeigt, dass dies möglich ist.

Bundesregierung muss Versprechen zügig umsetzen

Ein gemischtes Bild zeigt sich auch bei der Umsetzung der angekündigten konkreten Vorhaben im Menschenrechtsbereich. So ist beispielsweise das Amt der Menschenrechtsbeauftragten nicht wie versprochen aufgewertet worden. Im Bereich des Schutzes von Menschenrechtsverteidiger:innen, einem Schwerpunkt des Koalitionsvertrags, ist das Aufnahmeprogramm für von der Taliban bedrohte Afghan:innen gestartet. Zudem werden zukünftig über die Hannah-Arendt-Initiative gefährdete Journalist:innen unterstützt. Weiterhin fehlt aber ein angekündigtes System, über das gefährdete Menschenrechtsverteidiger:innen, die weltweit bedroht sind, unbürokratisch lebensrettende Visa für die Einreise nach Deutschland erlangen können.

2023 muss deswegen das Jahr werden, in dem die Regierung sich konsequent am Menschenrechtskompass orientiert und gegebene Versprechen zügig umsetzt.

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