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Migrationspartnerschaft auf dem Prüfstand: Niger

In den letzten Jahren hat die EU ihre Anstrengungen intensiviert, Herkunfts- und Transitländer zu Partnern einer restriktiven Migrationsagenda zu machen. In kurzen, achtseitigen Publikationen beleuchten wir gemeinsam mit Misereor die zentralen Instrumente und Folgen dieser Politik für ausgewählte Länder. Den Anfang macht Niger.

Von Dr. Andreas Grünewald am
Sutltanspalast in Agadez

Der Sultanspalast in Agadez - einer Stadt, in der viele negative Folgen der Migrationspartnerschaft mit dem Niger offen zu Tage treten.

Vor kurzem hat die Bundesregierung mit Joachim Stamp einen Sonderbevollmächtigten für Migrationspartnerschaften ernannt. Damit liegt sie voll im Trend. Die Kooperation mit Drittstaaten bei der Kontrolle von Migrationsbewegungen Richtung Europa ist zu einer zentralen Säule der EU-Migrationspolitik geworden. Kein EU-Gipfel, der sich mit Migration befasst, kommt ohne einen Tagesordnungspunkt zu „Externalisierung“ oder der „externen Dimension von Migrationskontrolle“ aus.

Unter dem Schlagwort Migrationspartnerschaft versuchen die EU und Deutschland seit einigen Jahren, die Kooperation mit Drittstaaten in der Migrationspolitik zu institutionalisieren. Zwar konnten formelle Migrationspartnerschaften bisher nur mit einigen wenigen Ländern abgeschlossen werden. Gleichzeitig sind halb- oder informelle Migrationspartnerschaften zu einem wichtigen Politikinstrument geworden, welches sich aus einem Bündel aus unterschiedlichen Maßnahmen zusammensetzt. Für Europa zentral sind Vereinbarungen zu Rückkehr/Rückführung (bei Herkunftsländern) sowie Migrationskontrolle (bei Transitstaaten). Daneben enthalten die sogenannten Partnerschaften aber auch andere Elemente wie Arbeitsvisa oder Ausbildungsprojekte.

Black Box Migrationspartnerschaft

Details zu diesen Deals sind jedoch meist nicht bekannt. Das liegt zum einen daran, dass viele Treffen und Beschlüsse dazu geheim gehalten werden. Beispiel MOCADEM, das entscheidende Koordinierungsgremium der EU-Mitgliedsstaaten in Externalisierungsfragen. Nicht einmal EU-Parlamentarier haben das Recht, Informationen über die Sitzungen und Beschlüsse dieses Gremiums einzuholen. Auch die jüngst geschlossenen Migrationspartnerschaften Deutschlands mit Indien und dem Irak hat die Bundesregierung nicht veröffentlicht. Besonders demokratisch ist das nicht.

Das fehlende Wissen ist aber auch Folge einer großen Unübersichtlichkeit. Im Bereich der Externalisierung sind so viele unterschiedliche Akteure unterwegs – die EU-Kommission, einzelne Mitgliedsstaaten, Frontex, europäische Sicherheitskräfte, internationale NGOs – dass es selbst für Expert*innen schwierig ist, den Überblick zu behalten. Dazu kommt, dass viele Aktivitäten am Reißbrett in Europa aus meist innenpolitischen Motiven geplant werden. Was in den Partnerländern dann konkret passiert, darauf schauen nur mehr wenige. Frei nach dem Motto: Wird schon laufen mit der Externalisierung….

Publikationen zu ausgewählten Migrationspartnerschaften

Es läuft nicht so gut. Die europäischen Phantasien, in Drittstaaten ein ihnen genehmes Migrationsregime zu etablieren, sind bisher weitgehend gescheitert. Und haben zu neuen Problemen geführt. Zeit, dass wir über die konkreten Folgen der Externalisierungspolitik sprechen. Als Grundlage für eine solche Diskussion veröffentlichen Brot für die Welt und Misereor eine kleine Reihe von 8-seitigen Publikationen, in denen wir für ausgewählte Länder beleuchten, wie Externalisierung von Migrationskontrolle konkret umgesetzt wird. Wer ist wie aktiv? Auf welche Migrationsrealitäten treffen diese Aktivitäten vor Ort? Welche Konsequenzen hat dies für Flüchtende, Migrant*innen, aber auch die Zivilgesellschaft und unsere Partner? Und was können wir aus den bisherigen Erfahrungen für die zukünftige Gestaltung von Migrationspartnerschaften lernen?

Niger: verlässlicher Partner oder gescheitertes Modell?

Wir beginnen mit dem Niger – einem zentralen Partnerland Deutschlands und der EU im Sahel in Migrations- und Sicherheitsfragen. Über die Folgen der weitgehenden Kriminalisierung von Migration und das Leid der zehntausenden gestrandeten Migrant*innen im Niger habe ich in der Vergangenheit schon berichtet. Die aktuelle Publikation analysiert die Zusammenhänge zwischen der EU-Politik und der aktuellen Migrations- und Gesellschaftskrise im Niger und kommt zu überwiegend kritischen Schlussfolgerungen: Während der Aufbau eines repressiven Migrationsregimes im Niger schwerwiegende menschenrechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen hatte, konnten weder Migrationsbewegungen gestoppt noch den kriminellen Schmuggler- und Menschenhändlernetzwerken das Handwerk gelegt werden. Im Gegenteil, sie florieren mehr denn je. Davon berichtet u.a. Azizou Chehou unseres Partners Alarm Phone Sahara in der Publikation. Die zukünftige Kooperation Deutschlands und der EU mit dem Niger in Migrationsfragen sollte deswegen die wichtige wirtschaftliche Bedeutung regionaler Migration ernst nehmen, Migrations- und Sicherheitspolitik stärker voneinander trennen und zivilgesellschaftliche Akteure bei der Implementierung einer entwicklungsförderlichen, menschenrechtsbasierten Migrationspolitik stärker einbinden.

Die Publikation können Sie im untenstehenden Link lesen und downloaden. In einigen Wochen folgt eine deutsche Ausgabe der Publikation, sowie eine weitere zu Tunesien.

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