Ich wohne in einem sehr belebten und beliebten Viertel, nur wenige Meter vom bekannten „Russian Market“ (hier Toul Tumpoung genannt) entfernt. Vor allem am frühen Abend wimmelt es hier von Menschen auf Motorrollern, in Tuk-Tuks und Autos. An den zahlreichen Ständen werden gebratene Nudeln, Fisch, Smoothies, Fleisch, Desserts und frisches Obst und Gemüse angeboten. Verschiedenste Gerüche schweben in der Luft und Menschen drängen sich aneinander vorbei. Ich liebe dieses Treiben.
Mit einem Lächeln auf den Lippen und dem Bemühen, die Landessprache (Khmer) zu sprechen, stoße ich ausnahmslos auf freudige Resonanz. Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung spricht kein Englisch, umso wichtiger ist es, die wichtigsten Basics zu beherrschen.
Ein breites Lächeln
Die Khmer-Sprache ist nicht unbedingt einfach. Das größte Problem ist die Aussprache. Gleich nach unserer Ankunft haben wir Sprachunterricht erhalten, was sehr hilfreich war. Dennoch bin ich weit davon entfernt, die Sprache zu beherrschen.
Zum Glück bin ich in meinem Arbeitsalltag nicht allein mit der lokalen Sprache konfrontiert. In meiner Organisation, der Khmer Community Development NGO, sprechen die meisten Menschen Englisch. Anders sieht es aus, wenn ich einen Field Trip begleiten darf.
Meine Organisation ist sehr praxisorientiert, was die Arbeit umso spannender macht. Trotzdem sind die Ausflüge in die kambodschanischen Provinzen nicht ohne. Der Lebensstandard ist ein anderer als in der Großstadt und kaum jemand spricht Englisch. Als Ausländerin falle ich mehr auf und bin einigen neugierigen Blicken ausgesetzt. Die Neugierde meinerseits ist nicht geringer, deshalb versuche ich immer offen und zugänglich zu sein, um einen Austausch zu ermöglichen. Gerade bei Kindern kann ein breites Lächeln und eine freundliche Mimik und Gestik Wunder wirken. Manchmal ist das ewige Lächeln und das Hören einer unverständlichen Sprache aber auch sehr anstrengend und es ist in Ordnung, mal träge dazustehen und in die Luft zu schauen. Zudem zeichnet sich die kambodschanische Bevölkerung durch ihre herzliche, positive und freundliche Art aus. Das macht den Aufenthalt sehr angenehm.
Gaumenschmaus
Zu Beginn meines Aufenthaltes in Kambodscha fiel mir die kulinarische Umstellung etwas schwer. Die anfänglichen Schwierigkeiten, die sich in meinem Magen bemerkbar machten, verflogen jedoch schneller als sie gekommen waren. Mit einem Schlag liebte ich die kambodschanische Küche. Ein entscheidendes Ereignis war der Umzug zu meiner Gastfamilie. Ich lebe mit meiner Gastmutter und meinem Gastbruder zusammen. In meiner kleinen Familie fühle ich mich sehr wohl.
Meine Mutter verwöhnt uns mit ihren Kochkünsten, was mich der kambodschanischen Küche nähergebracht hat. Außerdem gehe ich oft mit meinen Kollegen in ein authentisches Restaurant. Dort bestellen wir in der Mittagspause leckere Speisen, die alle frisch zubereitet werden. Es gibt eine tolle Auswahl an leckeren, preiswerten und vor allem vollwertigen Gerichten. Neben all den herzhaften Suppen und gebratenen Köstlichkeiten haben es mir vor allem die Nachspeisen angetan. Meistens sind Banane, Reis, Kokos oder Kürbis die Basis. Am liebsten esse ich Reiskuchen in verschiedenen Formen mit Kokossoße und Kokosraspeln. Außerdem gibt es auch eine Auswahl an frittierten Teigwaren und ausgebackenen Teigfladen mit süßer Füllung.
Vertiefung
Um wirklich im Land anzukommen, versuche ich auch neben der Arbeit mit Kambodschanern in Kontakt zu kommen. Dazu sind Events hilfreich, die ich über meine Arbeit oder Bekannte vermittelt bekomme. Ich versuche, alle Möglichkeiten von Events und Veranstaltungen wahrzunehmen. Jedes Mal lerne ich neue interessante Menschen kennen. Der weitaus größere Teil macht jedoch mein Hobby aus. Vor einigen Monaten habe ich angefangen, Bokator zu trainieren. Bokator ist eine tief verwurzelte, traditionelle Kampfkunst in Kambodscha und bedeutet übersetzt „den Tiger zerschmettern“. Kraftvolle Bewegungen werden mit Eleganz und disziplinierter Körperbeherrschung ausgeführt. Auch wenn ich durch meine Arbeit oder mangelnde Kraft manchmal nicht am Training teilnehmen kann, habe ich eine große Faszination entwickelt.
Die Atmosphäre in der Schule ist sehr familiär und jeder trainiert in seinem eigenen Tempo. All meinen Mitstreitenden, habe ich unvergesslich schöne Momente zu verdanken. Sowohl das körperliche Training als auch das soziale Miteinander machen mich sehr glücklich. Ich bewundere meine Lehrerin und die Fortgeschrittenen in meiner Gruppe, sie sind große Vorbilder für mich. Die Kampfkunst ist für mich ein wertvoller Ausgleich zum Alltag. Das Bestreben, mich dort zu verbessern, ist eine wichtige Leitmotivation.
Südöstliches Paradies
Kambodscha hat viel zu bieten. Neben einer reichen und faszinierenden Kultur, stößt man auf verschiedene wundervolle Landstriche. Von Tempelruinen, zu fein geschmückten Pagoden, riesigen Buddha-Statuen, bis hin zu mystischen Urwäldern, Bergen, Flüssen und weißen Sandstränden, kann man viel erkunden. Durch meine Arbeit und private Ausflüge, konnte ich Teile dieser Schönheit in verschiedenen Facetten bewundern.
Besonders beeindruckend sind traditionelle Feste und Feiertage, die meiste prachtvoll und zeremoniell begangen werden. Oft werden verstorbene Familienmitglieder, Buddha oder der König geehrt und es werden üppige Opfergaben vor Altären und Stupas platziert.
Nun, mein Leben hat sich ziemlich verändert und ich merke auch Veränderungen an mir selbst. Aber genau das war auch mein Ziel! Diese Erfahrung ist einzigartig und voller wertvoller Erkenntnisse. Eine großartige Chance, um die Welt, sich selbst und das Leben besser kennenzulernen.
Chum Reap Lia
(höfliche Verabschiedung in Khmer)